Von vielen die fuhren um Möbel zu kaufen

Konjunkturstau Heute eröffnet das Möbelriesengeschäft Höffner an der A73. Autos stehen vor der eigens gebauten Möbelhaus-Autobahnausfahrt kilometerlang auf dem Wartezimmerstandstreifen.

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Wenn man von Nürnberg nach Bamberg fährt, nutzt man dafür die etwas lahme A73, die von Nürnberg bis Forchheim (knapp 40 km) auf 100 km/h beschränkt ist und jeden Morgen und jeden Spätnachmittag im Berufsverkehr für den sogenannten "zähfließenden Verkehr mit Stauungen" in und um Erlangen sorgt. Viele Jahre lang wurden straßenbauliche Stauverringerungsmaßnahmen gemächlich umgesetzt, deren Baustellen stets die Staus noch verschlimmerten und deren Endresultat offenbar rein gar nichts bewirkt hat. Auch dieses Jahr gab es wieder eine große, lange Baustelle zwischen Fürth und Eltersdorf. Diesmal wurde eine neue Ausfahrt gebaut, eine Ausfahrt ins Nichts, denn an dieser Stelle ist kein Ort weit und breit, die Ausfahrt Eltersdorf versorgt das Dorf am Horizont.

Viele Wochen lang haben wir spekuliert, was dort wohl hingebaut würde um eine neue Ausfahrt nötig zu machen. Kandidat eins auf unserer Rateliste war: Eine Autobahnraststätte. Um Nürnberg und Fürth herum gibt es kaum welche. Ein paar Wochen vor Weihnachten dann steht an der Stelle ein riesiges Gebäude und noch ein riesiges Lagergebäude. Keine Raststätte also. Erst wenige Tage vor Weihnachten dann leuchtet uns der riesenhafte Schriftzug "Der größte HÖFFNER der Welt" entgegen, Hape Kerkeling grinst mit blonder Perücke vom gigantischen Werbebanner.

Ein Möbelkaufhaus also. Noch eins. Nachdem erst vor etwa 10 Jahren ein ebenso monströser XXXLutz im Nürnberger Süden aufgemacht hatte, als Konkurrenz zu den beiden Mömax-Filialen und der IKEA in Fürth, nun also noch so ein Ding. Die Leute müssen ja immensen Möbelbedarf haben.

Heute bestätigt sich dieser Eindruck. Es ist der erste verkaufsoffene Tag seit den Feiertagen - welch Darben, welch Entbehrung! - und es ist der Eröffnungstag des Möbelhauses Höffner an der A73. Aus Richtung Bamberg kommend sehe ich eine kleine Schlange Autos auf dem Seitenstreifen und begreife erst nicht was das soll, dann sehe ich den riesigen Höffner-Kasten und denke mir ein kleines Aha, wundere mich darüber dass die Autos sich das Warten auf dem Seitenstreifen antun bloß wegen einer läppischen Möbelhauseröffnung. Ich war naiv. Auf der Gegenfahrbahn, also aus Richtung Nürnberg/Fürth, staut sich der Verkehr über 5 Kilometer komplett, nur wegen der Höffner-Ausfahrt. Bis zur Ausfahrt Fürth-Poppenreuth (dort wo es zur IKEA geht) stehen die Autos an. Und ich meine wirklich: stehen. Erst (direkt an der Ausfahrt Höffner) in der Ausfahrt und dahinter auf dem Standstreifen, dann immer mehr auch auf der rechten Fahrspur, weil Leute versuchen sich in die Schlange auf dem Standstreifen reinzudrängeln. Und irgendwann dann, auf Höhe Fürth-Ronhof, sogar auf der Überholspur, weil von dort aus Leute versuchen sich auf die rechte Spur zu drängeln um dann irgendwann auf den Standstreifen zu kommen um nach weiteren 4 km Stau irgendwann (in gefühlten Stunden) sich auf den Höffner-Parkplatz zu quälen auf dem sie vermutlich weitere quälende Minuten den einen Parkplatz suchen werden der noch frei ist. Um dann in das Gebäude zu gehen, im Gänsemarsch, das so überlaufen ist mit Menschen, dass man die Möbel kaum mehr sehen kann.

Und doch: Die Menschen tun es. Sie haben den Auftrag erhalten, produktive Konsumenten zu sein. Sie haben Schnäppchen versprochen bekommen, sie haben an Weihnachten Geld geschenkt bekommen, sie haben schon zweieinhalb Tage lang keines mehr ausgegeben, sie müssen da hin! Es ist ein Event! Und es gibt Schnäppchen! Und Möbel sind auch schön! Und wenn da alle hingehen, dann wollen wir doch auch hin! Und vielleicht gibts ja ein Glas Sekt für alle! Und wir können es uns doch leisten, weil irgendein Wirtschaftsverband hat doch gestern in den Nachrichten gesagt, dass Aufschwung ist!

Höffner, der Riesenkasten, der abends so schön auf die Autobahn leuchtet, der mit seiner eigenen Ausfahrt, ist der Rattenfänger von Nürnberg.

Frohes Jahresende euch allen ...

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Geschrieben von

Ernstchen

Wortbürger. Musikmann. Mitmensch.

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