Zu ihrem Coming-out als Regisseurin sagt die 81-jährige Eleanor Coppola: „Ich bin diese Hausfrau, die plötzlich beschlossen hat, ein Drehbuch zu schreiben und Regie zu führen.“ Ganz zutreffend ist das mit dem Hausfrauendasein natürlich nicht. Schon 1976 war Eleanor Coppola mit ihrer 16mm-Kamera auf den Philippinen im Einsatz, wo sie die sehr irren, 16 Monate andauernden Dreharbeiten von Apocalypse Now dokumentierte. Auch wenn sie eh dort war, weil sie ihren Mann Francis Ford überallhin begleitet, damals noch mit den Kindern Gian-Carlo, Roman und Sofia im Schlepptau.
Das Material war aber richtig gut, 1991 entstand daraus Hearts of Darkness: A Filmmaker’s Apocalypse (zusammen mit George Hickenlooper und Fax Bahr) – ein wiederum sehr irrer Doku
ein wiederum sehr irrer Dokumentarfilm, auf den sich später auch zahlreiche Film-im-Film-Komödien bezogen (wie etwa Tropic Thunder). Seit dem Irrsinn auf den Philippinen ist Eleanor Coppola so etwas wie die Haus-Cinematografin/-videografin/-autorin aller filmischen Aktivitäten um die Coppola-Großfamilie herum. Zu sieben Filmen ihrer Familie entstanden Making-of-Dokumentationen, zudem schrieb sie die Bücher Notes on the Making of Apocalypse Now (1979) und Notes on a Life (2008).Auch der Stoff zu Eleanor Coppolas erstem Spielfilm kommt aus ihrem eigenen Leben – und dass sie dieses auch als eine Art Künstlerbegleitservice versteht (oder bisher verstanden hat), spielt dabei eine wesentliche Rolle. Nun gehört aber die Geschichte von Paris kann warten zu jener Sorte von Geschichten, die, wenn sie selbst erlebt wurden, gewiss kurios und erfrischend sind, beim Erzählen aber schon merklich erschlaffen und für den Transfer ins filmische Medium dann einiges an Übersetzungsleistung erfordern, damit von der Qualität des eigentlichen Erlebnisses noch etwas übrig bleibt. Die Geschichte geht in etwa so: 2009 begleitete Eleanor Coppola ihren Mann zum Filmfestival nach Cannes, konnte dann aber wegen heftiger Ohrenschmerzen nicht mit ihm weiterfliegen. Ein französischer Geschäftspartner ihres Mannes bot an, sie mit dem Auto nach Paris zu fahren, und was als siebenstündige Fahrt geplant war, „artete“ schließlich in einen dreitägigen Trip durch Südfrankreich aus.Anne (Diane Lane) also ist mit ihrem Mann Michael, einem vielbeschäftigten Hollywood-Produzenten (Alec Baldwin), in Cannes. Michael ist ein Typ, der mal eben 100 Kamele für einen Dreh in Marokko klarmachen kann, aber nicht in der Lage ist, einen Koffer selbstständig zu packen oder seine Socken zu sortieren. Programmatisch beginnt der Film mit einer Rückenansicht von Anne, während Michael im Off aufgeregt herumtelefoniert. Coppola hat für die Rollenverteilung des Paars durchaus einen klaren Blick – einmal schneidet ein Fotograf die Frau einfach aus dem Bild – , mehr als ein gutmütiges Seufzen vermag diese Asymmetrie bei ihr dann aber auch nicht auszulösen.Mit dem Auftritt des Franzosen Jacques (Arnaud Viard) und seinem etwas rumpeligen Peugeot entwickelt sich Paris kann warten zu einer Mischung aus romantischem Road Trip und einer Komödie über kulturelle Differenzen – und natürlich ließe sich der Film durch seine seriellen Essensszenen auch prima im Kulinarischen Kino programmieren. Jacques, der wie alle gut betuchten Franzosen einen totalen Gourmet-Knall hat, hält hier mal am Erdbeerstand, pflückt dort mal ein Büschel Wasserkresse, doziert über Favabohnen und führt Anne in ein Spitzenrestaurant nach dem anderen. Zwischendurch zeigt er „Brûlée“ – der Name ist schnell gefunden – auch ein paar kulturelle Sehenswürdigkeiten wie ein römisches Aquädukt, ein Textilmuseum und das Institut Lumière in Lyon.Clash und WirbelAnne dokumentiert alles mit ihrer Leica-Kamera: Bayonne-Schinken mit Melone, halbe Croissants, Pflastersteine, Stoffmuster, Weingläser, Schokoladentörtchen – selten geht der Blick der Fotografin über den Tellerrand hinaus. So etwas wie Außenwelt existiert im Film aber ohnehin nicht, sieht man von Kellnern, Köchen und Hotelangestellten ab. Sehr arglos erzählt Coppola aus der Perspektive einer ökonomisch gesättigten Klasse, die unter sich bleibt.Paris kann warten ist ein recht trutschiger, aber nicht wirklich schlimmer Film – gerade im Vergleich zu den typischen französischen Culture-Clash-Komödien. Eleanor Coppola fährt zwar sämtliche Frankreich-Klischees auf (Savoir-vivre von A bis Z), doch Annes/Coppolas Haltung ist dabei komplett unaufgeregt. Ein bisschen gecharmt, ein bisschen ironisch, ein bisschen augenrollend, aber nicht allzu sehr. Der Clash bleibt aus, zumal der Film um Annes amerikanische Tugenden – einmal meistert sie pragmatisch eine Autopanne – keinen Wirbel macht.Der Film hat statt Clash und Wirbel aber keine alternative Idee anzubieten und so plätschert die Erzählung von einem Spitzenwein zum nächsten Käseteller. Zwischen den Gängen kommen sich die Reisenden emotional näher, auch findet Anne über Jacques’ Interesse für ihre fotografische Arbeit ein bisschen mehr zu sich selbst. Und es wird sogar mal kurz traurig. Auch das: nicht allzu sehr. Dass Coppola aus dem Südfrankreich-Trip keine Selbstfindungsgeschichte macht und Anne auf dem Beifahrersitz allmählich eine ziemlich gute Zeit hat, geht schon in Ordnung.Im echten Leben aber muss sich das alles interessanter zugetragen haben. Denn immerhin hat Eleanor Coppola ja dann diesen Film gemacht.Placeholder infobox-1