Dafür gibt es in der Bevölkerung keine Mehrheit." Wie immer freundlich, aber etwas knapp antwortet Volker Beck auf die Frage, warum das Gesetz für die Lebenspartnerschaft, kurz "Homo-Ehe", das gemeinsame Adoptions- und Sorgerecht ausklammere. Der offen schwule Rechtsexperte der Grünen hat viel getan für die schwullesbische Sache. Wenn also einer wie Beck, dem wohl nichts mehr am Herzen liegen dürfte, als auch vor dem Gesetz den Normalzustand für Schwule und Lesben zu erreichen, sich so bedeckt hält, könnte das strategische Gründe haben. Ganz nach dem Motto "Erst einmal die eingetragene Partnerschaft in trockene Tücher wickeln und dann weiterschauen."
In unserer Gesellschaft gehören gleichgeschlechtliche Paare mit Kindern noch nicht zum gewohnten Straßenbild. Ihre aktuelle Zahl lässt sich nicht einmal annährend bestimmen. Der Mikrozensus "Leben und Arbeiten in Deutschland" erfasst seit 1996 auch Familien von gleichgeschlechtlichen Partnern. Dort ist für das Jahr 2001 von einem Zählwert von etwa 50.000 Paaren die Rede, aus dem die Forscher den etwa dreifachen Schätzwert, also 150.000 Paare, ableiten. Mit ganz anderen Dimensionen wartet da die Berliner Senatsverwaltung für Jugend, Schule und Sport auf. Nach deren Schätzungen gäbe es bundesweit rund eine Million homosexuelle Eltern. So ist es denn wohl auch realistisch, dass laut einer Pressemitteilung des Fachbereichs für gleichgeschlechtliche Lebensweisen des Berliner Senats vom Dezember des vergangenen Jahres 20.000 Kinder allein in Berlin bei homosexuellen Eltern leben sollen.
Dem "Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften" fehlt neben dem Adoptionsrecht auch der rechtliche Rahmen für die gemeinsame Erziehung. "Gemeinsam" hier nicht im biologischen, sondern im rein sozialen Sinn verstanden. Im Klartext heißt das, dass es in dem aktuellen, ersten Teil des Lebenspartnerschaftsgesetzes kein gemeinsames Sorgerecht gibt. Das trifft besonders die Co-Mütter und Co-Väter. Ihnen fehlt jede rechtliche Möglichkeit. Auch nach Eintragung der Partnerschaft dürfen Paare keine gemeinsamen Adoptionsanträge stellen, sondern noch immer nur als Einzelpersonen. Von zentraler Bedeutung aber ist, dass Co-Mütter und Co-Väter keine Möglichkeit besitzen, die Kinder ihrer Partner zu adoptieren. Alles, was ihnen hierzu neuerdings per Partnerschaftsgesetz eingeräumt wird, ist ein neues, so genanntes "Kleines Sorgerecht", das sie "im Einvernehmen mit dem sorgeberechtigten Elternteil" mitentscheiden lässt. Das alleinige Sorgerecht liegt hingegen nach wie vor bei dem leiblichen Elternteil.
Neben den rechtlichen Nachteilen spüren die Paare vor allem die materiellen Auswirkungen. Hat beispielsweise die Co-Mutter oder der Co-Vater die Erziehung des Kindes über Jahre hinweg übernommen, gibt es zwar Erziehungsgeld und einige wenige Vorteile beim Arbeitslosengeld. Die viel wichtigeren Rentenanwartschaftszeiten bleiben Co-Eltern jedoch ebenso verwehrt wie die Hinterbliebenenrente oder jegliche steuerliche Anerkennung. Auch Unterhaltsfragen sind nicht geregelt und die Erbschaft ebenso wenig. Schlimmer noch: Verstirbt der leibliche Elternteil, bleiben Co-Mutter und -Vater keinerlei Rechte gegenüber dem Kind. Einem Hin und Her zwischen verbliebenem, oft heterosexuellem, leiblichem Elternteil, den Verwandten, dem Jugendamt, psychologischen Gutachtern, Gerichten und dem hinterbliebenen Partner will die deutsche Justiz zwar ausschließen, aber interfamiliäre Spannungen scheinen programmiert.
So bleibt das Partnerschaftsgesetz unbefriedigend und lässt die Homo-Ehe wie eine Ehe zweiter Klasse erscheinen. Dabei genügte es doch, wenn der deutsche Gesetzgeber seinen Blick nach Norwegen, Dänemark und vor allem nach Schweden richten würde. Schweden hat mit großer Mehrheit Anfang Juni beschlossen, gleichgeschlechtlichen Paaren ab 1. August 2002 die gemeinsame, die Auslands- und die Stiefkindadoption zu gestatten. Norwegen hat ein neues Adoptionsrecht für Lesben und Schwule zum 1. 1. 2002 eingeführt, wonach Lesben und Schwule die Kinder ihres Partners adoptieren können. Die so genannte Stiefkindadoption gibt es in Dänemark sogar schon zwei Jahre länger. Hier kann die Eintragung einer Partnerschaft bereits seit 1990 vollzogen werden. Die Zahl der Kinder in Familien mit gleichgeschlechtlichen Eltern ist hier seitdem sprunghaft gestiegen, was sowohl auf die soziale und materielle Sicherheit zurückzuführen ist, als auch auf die neue gesellschaftliche Anerkennung.
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