Er war 18, hatte gerade im Ausland sein Abitur gemacht und wäre eigentlich Thronfolger gewesen: Doch Reza Pahlavi würde, das war 1979 klar, nicht Nachfolger seines Vaters werden. Denn Mohammad Reza Shah Pahlavi, der sich 1967 in Iran zum „König der Könige“ ernannt hatte, weilte da schon im Exil in Ägypten. Zu Hause tobte die Iranische Revolution. Das Volk war froh, den Schah im Januar 1979 rausgeschmissen zu haben. Die Dynastie war gestürzt. Und Reza Pahlavi, dessen Geburt 1960 in Teheran noch ein gesellschaftliches und mediales Großereignis gewesen war, hatte die Dynastie doch nun endlich einen Kronprinzen, leistete seinem Vater auf dessen Odyssee von Mexiko über die USA, die Bahamas und Panama nach Ägypten mitunter Gesellschaft. Ay
Ayatollah Khomeinis Namen hatte Reza Pahlavi, so sagte er einmal in einem Interview, erst „einige Monate vor der Revolution“ gehört.Khomeini, religiöser Führer aller Schiiten Irans, versuchte bald, seine Macht durch eine Abstimmung über die zukünftige Staatsform zu festigen: Die Wahlberechtigten mussten zwischen „Islamischer Republik“ und „Pahlavi-Dynastie“ entscheiden. So wählten 98 Prozent, die die langjährige Herrschaft der Monarchie satthatten, die einzige andere Option „Islamische Republik“ – vielfach ohne zu wissen, was das bedeuten würde.Der Schah erlag Ende Oktober 1980 in Kairo seinem Krebsleiden. Reza Pahlavi, ältestes von vier Kindern aus der dritten Ehe des Schahs, der mit Farah Diba, hätte damals vielleicht Regisseur werden wollen, wie er einmal sagte. Stattdessen musste er Politik machen – aus einer Position der Machtlosigkeit heraus. An seinem 20. Geburtstag wandte er sich von Kairo aus an das iranische Volk und schwor bei der Fahne Irans auf das heilige Buch Koran, dass er in der Erfüllung seiner Pflicht sein ganzes Leben lang die nationale Einheit und die Rechte der Bevölkerung des Landes verteidigen werde.In den USA – Schutzmacht des Schahs, die diesen dann hatte fallenlassen, absolvierte er eine Ausbildung als Kampfjet-Pilot. Eine Weile lang setzte der heute 61-Jährige seinen Kampf gegen die „Islamische Republik“ von Marokko aus fort. Doch weder in Iran noch auf internationaler Bühne nahm ihn jemand ernst. In der Region tobte der Erste Golfkrieg: Am 22. September 1980 hatte der irakische Diktator Saddam Hussein mit Unterstützung der USA Iran den Krieg erklärt. Pahlavi studierte per Fernstudium Politikwissenschaften an der University of Southern California, erlangte seinen Bachelor-Abschluss.Attentate auf Getreue oder auch nur Bedienstete seines Vaters hatte es schon in der Zeit um dessen Abdankung herum zahlreich gegeben. 1983 wurde Reza Pahlavis Vertrauter, General Gholam Ali Owaisi, ermordet. Das schwächte das politische Engagement des einstigen Kronprinzen weiter. 1984 verließ er Marokko, ging in die USA.Auch im Exil nach der Flucht des Schahs war seine Familie der Annehmlichkeiten exorbitanten Reichtums nicht entwöhnt. Heute noch unterhält Farah Diba ihren Sohn und dessen Schwester. Die beiden anderen Kinder haben Selbstmord begangen, Leila Pahlavi 2001 als 31-Jährige in London, Ali Reza Pahlavi 2011 mit 44 Jahren in Boston.In Iran läutete Ali Akbar Haschemi Rafsandschani nach Kriegsende 1988 einen Wiederaufbau ein, für den er im Exil lebende iranische Experten zur Rückkehr in ihre „Heimat“ zu bewegen versuchte. Viele Exil-Iraner nahmen die Einladung wahr. Reza Pahlavi blieb in Kalifornien, heiratete 1986 Yasmin Etemad Amini, die in San Francisco lebte, bekam drei Töchter. Dass er keine männlichen Nachfolger habe, störe ihn, im Gegensatz zu seinem Vater, nicht: „Ich glaube nicht, dass dieses Thema in Zukunft in Iran aufgeworfen werden wird, wenn wir eine vollständige Gleichstellung von Männern und Frauen wollen. Daher fühle ich mich nicht verpflichtet, einen Sohn zu haben, damit es Kontinuität gibt.“Auch in der Ära Mohammad Khatamis, des fünften Staatspräsidenten Irans (1997 – 2005) und Schöpfer der weltweit gerühmten Idee „Dialog der Zivilisationen“, blieb es ruhig um Reza Pahlavi. Er beschäftigte sich mit dem Lesen – hauptsächlich Sachbücher, kaum Gedichte oder Romane –, veröffentlichte in einem Buch, das er 2002 auf Englisch unter dem Titel Nasim Degarguni – die Brise der Veränderung herausbrachte, seine Ansichten über die Unterstützung von Bewegungen für „zivile Unruhen und gewaltfreie Aufstände. Drei weitere Bücher folgten: Covenant with People, Freedom for My Countrymen und Time of Choice.Erst als Mahmud Ahmadineschad Präsident wurde (2005 – 2013) und plante, Israel zu vernichten, wurden Reza Pahlavis politische Ansichten und Aktivitäten von einem breiteren Publikum wahrgenommen. Die Anzahl seiner Anhänger nahm zu.Der Trend setzt sich bis heute noch fort. Pahlavi unterstützt die Massenproteste, die seit dem Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini am 16. September im Gewahrsam der berüchtigten iranischen Sittenpolizei anhalten. Er benennt sie als „Revolution der Frauen“ und fordert die Welt auf, den Druck auf die Mullahs zu erhöhen. Reza Pahlavis Meinung nach soll das zukünftige politische System im Iran säkular und demokratisch sein: „Es ist höchste Zeit, basta, wie die Spanier sagen würden – wir haben genug.“Placeholder infobox-1