"Bridging Cultures, Meeting Minds" lautete das Mott der vierten Dubai International Film Festival (DIFF), und dementsprechend wurden insgesamt 115 Filme aus mehr als 40 Ländern der Welt gezeigt. Zehn Tage lang defilierten Stars und Sternchen aus Hollywood (George Clooney, Sharon Stone), Bollywood, der arabischen Welt und aus Asien auf dem 40 Meter langen roten Teppich. Für ihre cineastischen Verdienste ehrte das Festival den ägyptischen Regisseur Youssef Chahine, den amerikanische Schauspielern Danny Glover und den südkoreanischen Filmemacher Im Kwon-Taek. Mit vielfältigem Programm zeigte das DIFF, was ein Filmfestival zur Förderung der kosmopolitischen Filmkunst und des multikulturellen Interessenaustauschs leisten kann. Denn das noch junge Ereignis, mit dem die Scheichs noch mehr Aufmerksamkeit auf das aufstrebende Golfemirat lenken wollen, spiegelt den Charakter der zu rund 80 Prozent aus Ausländern bestehenden Bevölkerung Dubais und die "provisorische" Weltoffenheit dieser Stadt der Superlative wider. Dass die humanen und demokratischen Aspekte der Boomcity mit ihrer auffälligen Architektur nur in der Zeit des Festivals gepflegt werden, ist kein Geheimnis. Zensur, unmenschliche Gesetze und Bestimmungen für ausländische Arbeiter sind offensichtlich in der Verfassung der islamisch-konservativen Golfstaaten verankert.
Deshalb waren die Kinosäle, in denen etwa die unzensierten Spielfilme und Wettbewerbsbeiträge gezeigt wurden, besonders voll. Man wusste, dass es sich um die einzige Möglichkeit handelte, diese in Dubai sehen zu können. "Sittenwidrige" Filme wurden noch im Katalog rot markiert: "Contains: Brief Sexuallity and strong Language or strong sexual Scenes."
Dass zwei von dieser Filmen den Muhr genannten Preis, eine Pferdeplastik in Gold beziehnungsweise Bronze gewonnen haben, beweist die Souveränität und den ästhetischen Blick der Jury. Ausgezeichnet wurden der libanesisch-französische Film Under the Bombs des 43-jährigen Regisseurs Philippe Aractingi und der Beitrag des franco-tunesischen Regisseurs Abdellatif Kechiche La Graine et le Mulet, der bereits in Venedig prämiert worden war (Freitag 37/07).
Der Muhr-Preis in Silber wurde dem berühmten tunesischen Regisseur Nouri Bouzid zuerkannt, Der erzählt in Making Of meisterhaft die Geschichte eines Filmemachers, eines Schauspielers und eines Tänzers, die unter der Herrschaft der amerikanischen Truppen im Irak zwischen ihrem Privatleben sowie ihrem Glauben und Träumen hin- und hergerissen sind. Die dichte Atmosphäre des Films vermittelt die angespannte Stimmung dieser Zeit als Folge der Anschläge vom 11. September genau.
Die Sektion Sektor "Arabian Nights" beschäftigte sich ebenfalls mit den Auswirkungen der terroristischen Angriffe auf die Zwillingstürme in New York. Die zehn gezeigten Filme stellten dem Zerrbild, das das westliche Kino häufig zeichnet, eine andere, reflektierte und distanzierte Vorstellung von im Westen lebenden Arabern und Muslimen gegenüber. Diese Beiträge, von arabischen und westlichen Filmemachern realisiert, stellten mit radikalen Bildern und deutlichen Sprache die These vom Clash of Civilizations in Frage. Das führt etwa der Film Michou D´Auber des französischen Regisseurs Thomas Gilou vor. Die tragikomische Geschichte mit Gérard Depardieu und Nathalie Baye handelt von der Freundschaft des 11-jährigen algerischen Jungen Messaoud mit einem französischen Soldaten-Bauern, der wegen seiner Tapferkeit im Algerien-Krieg Anfang der sechziger Jahre mit mehreren Orden ausgezeichnet worden ist. Die Probleme fangen erst an, als dessen Frau ohne sein Wissen Messaoud adoptiert.
Die Freundschaft zwischen einem Fischer aus Sizilien und einem aus Tunesien ist das Thema des Debütfilmes Io, l´altro (Ich, der andere) des tunesischen Regisseurs Mohsen Melliti, der seit 1991 im italienischen Exil lebt. Mit dem Bombenanschlag von Madrid am 11. März 2004 verwandelt sich die Freundschaft in tödliche Feindschaft.
Das Filmfestival von Dubai will sich nicht nur als Schaufenster für das arabische Kino profilieren, der Förderung der Filmindustrie in dieser Welt dienen und das Kino aus Afrika und Asien unterstützen - es will sich auch als engagiertes Filmfestival etablieren. Zu den Bemühungen der Veranstalter gehörte in diesem Jahr, Spendengala inklusive, die Unterstützung eines Projekts zur Bekämpfung von Aids in Indien. Über ein Jahr war die Filmemacherin Mira Nair mit ihrem Film Aids Jaag beschäftigt, was so viel wie "Aufwachen" bedeutet. Das Dubai International Filmfestival hat also nicht nur das finanzielle Potential, zum "Cannes der Wüste" zu werden - wenn es Pflege und Entwicklung einer Kinokultur nicht auf die Festivalzeit begrenzt.
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