Der lange Weg zum fairen Kleidungsstück

Textilkette Vom Feld bis zum Bügel sind viele Produktionsschritte notwendig. Faire Baumwollpreise, gerechte Löhne und gute Arbeitsbedingungen sollte es an jeder Stelle geben

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Als vor über zwei Jahren die Textilfabrik in Rana Plaza in Bangladesch einstürzte und Hunderte Menschen starben, war das Entsetzen groß. Doch trotz weltweiter Betroffenheit hat sich für die Näherinnen und Näher in der Textilbranche, aber auch für die Kleinbauern auf den Baumwollfeldern die Lage kaum verändert. Nur ein Bruchteil der Beschäftigten ist Teil eines fairen Handelssystems, das ihre Arbeits- und Lebensbedingungen verbessert.

Bereits 2005 hat Fairtrade einen Standard für den Anbau von Baumwolle entwickelt. Er bildet die Spielregeln für den fairen Handel mit diesem Rohstoff. Das Regelwerk konzentriert sich auf die Menschen ganz am Anfang der Produktionskette: die Bäuerinnen und Bauern, die die Baumwolle anbauen und ernten. Sie verdienen meist nicht einmal genug, um ihre eigenen Produktionskosten zu decken. In den vergangenen Jahrzehnten sind die Preise für Baumwolle um insgesamt 45 Prozent gesunken. Die Konkurrenz am Markt ist groß. Kleinbauern in den Entwicklungsländern müssen mit Großfarmen in den USA konkurrieren. Schon leicht höhere Preise für die Baumwolle können die Lebensbedingungen der Kleinbauern in den Entwicklungsländern deutlich verbessern.

Der Fairtrade-Standard schreibt stabile Mindestpreise vor, die die Bauern in Zeiten niedriger Marktpreise absichern. Er richtet sich nach den verschiedenen Baumwoll-Qualitäten und Anbauregionen. Wenn der lokale Marktpreis über dem Fairtrade-Mindestpreis liegt, muss der höhere Preis bezahlt werden. Zudem wird ein höherer Fairtrade-Mindestpreis für Bio-Baumwolle bezahlt als für konventionell angebaute Baumwolle. Zusätzlich zum Fairtrade-Mindestpreis muss der Käufer eine Prämie von fünf Eurocent pro Kilo Fairtrade-Baumwolle bezahlen. Die Prämien investieren die Produzenten in ihre Gemeinschaft. Finanziert werden etwa Bildungsprojekte, medizinische Versorgung oder auch die Umstellung auf biologischen Anbau oder andere Maßnahmen, um die Produktivität zu steigern. Wenn nötig, erhalten die Produzenten eine Vorfinanzierung der Ernte von 60 Prozent des Vertragspreises. Der Standard macht zudem Vorgaben für die weitere Verarbeitung des Rohstoffs.

Um den Absatz der Fairtrade-Baumwolle zu steigern und den Bauern die Möglichkeit zu bieten, größere Anteile ihrer Ernte unter Fairtrade-Bedingungen zu verkaufen, wurde ein Baumwoll-Programm entwickelt. Mit dem Angebot wird es auch für Firmen leichter, mehr Fairtrade-Baumwolle einzukaufen. Teilnehmende Unternehmen verpflichten sich, mindestens fünf Prozent ihrer insgesamt benötigten Baumwolle in Fairtrade-Qualität einzukaufen und diese Menge schrittweise zu steigern. Sie können die Fairtrade-Baumwolle mit anderer Baumwolle oder anderen Fasern mischen. Auf diese Weise können sie die von ihnen bezogene Baumwollmenge deutlich erhöhen. Die Partner im Programm verpflichten sich dabei, die Fairtrade-Standards einzuhalten und detaillierte Informationen über die Baumwoll-Lieferkette zur Verfügung zu stellen. Jedes Jahr finden Gespräche über den Stand der Wachstumsziele mit der Fairtrade-Organisation vor Ort – in Deutschland TransFair e. V. – statt. Erst wenn genau geprüft wurde, ob alle Vorgaben eingehalten sind, darf auch die Partnerschaft mit Fairtrade öffentlich gemacht werden. Von dem Programm profitieren auf diese Weise sowohl die Unternehmen als auch die Kleinbauern. Und das langfristig und nachhaltig. Heute arbeitet Fairtrade mit rund 66.000 Baumwollproduzenten zusammen, vor allem in Westafrika oder Indien. Die Absätze nachhaltiger Baumwolle sollen in den kommenden Jahren deutlich steigen. Das ist ein kleiner Hoffnungsschimmer, dass Millionen Kleinbauern weltweit künftig Teil des Fairtrade-Systems werden können.

Ein fertiges Kleidungsstück ist die Summe vieler einzelner Schritte. Baumwolle wird gesponnen, verwebt und gefärbt. Die Stoffe werden zugeschnitten und schließlich zu T-Shirts, Hosen oder Hemden vernäht. Damit die gesamte Produktions- und Lieferkette vom Baumwollfeld bis zum Kleidungsstück im Verkaufsregal abgedeckt wird und alle Beschäftigen der Produktionskette vom gerechteren Handel profitieren, arbeitet Fairtrade International zurzeit an einem neuen Textilstandard, der etwa den Tausenden Näherinnen und Nähern in der Branche zu existenzsichernden Löhnen verhelfen soll (siehe Interview nächste Seite).

Dieser Beitrag ist Teil des Freitag-Extra in Zusammenarbeit mit TransFair e.V.

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