„Viele wollten Schwarz-Gelb abwählen“

Piratenpartei Die Vorsitzende der NRW-Piraten, Birgit Rydlewski, über das enttäuschende Wahlergebnis, die Nähe zu Rot-Grün und populistische Forderungen

Der Freitag: Bei der letzten Bundestagswahl hat die Piratenpartei in Nordrhein-Westfalen noch 1,7 Prozent der Stimmen geholt, bei der Landtagswahl waren es jetzt nur 1,5 Prozent. Sinkt das Piratenschiff?

Birgit Rydlewski: Davon gehe ich nicht aus. Es ist klar, dass wir nicht total begeistert sind. Viele Helfer haben viel Freizeit in den Wahlkampf gesteckt. Die sind natürlich enttäuscht, das kann ich gut verstehen.

Wenn die Niederlage bloß ein Ausrutscher war: Wie kam es dazu?

Wie das schlechte Ergebnis zustande gekommen ist, haben wir noch nicht im Detail analysiert. Ich glaube aber, dass viele die bestehende Regierung abwählen wollte. Potenzielle Piratenwähler sind daher zu den Grünen abgewandert, weil dort klar war, dass sie mit ziemlicher Sicherheit in den Landtag kommen.

Gegen Schwarz-Gelb, für Rot-Rot-Grün – oft wird nur noch in Koalitionen gedacht. Die Piratenpartei hat darin keinen Platz. Ein Problem?

Es gibt tatsächlich noch kein Beispiel, wo wir in einer Koalition vertreten waren.

Wo würden Sie die Piraten denn im Parteienspektrum einordnen?

Mit unserem Programm sind wir SPD und Grünen am nächsten – insbesondere mit der Idee einer Schule für alle sind wir sehr nah dran. Eine Zusammenarbeit mit rechten Parteien wie ProNRW kann ich mir hingegen überhaupt nicht vorstellen.

Bislang war die SPD mit ihrer Unterstützung für die Internetsperren eher Gegner als Bündnispartner. Warum jetzt der Umschwung?

Im Idealfall würde ich mir eine themenbezogene Zusammenarbeit wünschen. Im Münsteraner Stadtrat zum Beispiel gibt es keine klare Mehrheiten, so dass einzelne Themen auch gesondert verhandelt und diskutiert werden.

Wie wollen Sie sich von anderen Parteien abgrenzen?

Ich kann mir vorstellen, dass wir die neue Bürgerrechtspartei werden. Die FDP ist das ja nicht mehr.

Bislang sind Sie vor allem eine Internetpartei. Andere Themen kommen kaum vor.

Unser Wahlprogramm war ja schon sehr deutlich erweitert. Da geht es auch um Bildung, Wirtschaft und Soziales. Aber natürlich haben wir spezielle Bereiche, da sind wir ganz weit vorn. Bei Bürgerrechten, bei Mitbestimmung oder in Fragen der Transparenz.

Unter den 18 bis 29-Jährigen hat die Piratenpartei etwa viermal so viele Stimmen erhalten wie im Durchschnitt. Warum klappt es bei den Älteren nicht?

Dass wir bei Jungwählern so beliebt sind, ergibt sich aus der Tatsache, dass wir vor allem im Internet präsent sind. Aber wir wollen gucken, was wir machen können, um auch bei Älteren anzukommen.

Und was wäre das?

Gerade im Offline-Bereich müssen wir mehr tun. Auf der Straße wollen wir noch mehr Wähler ansprechen, die wir noch nicht erreicht haben. Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, dass wir Workshops zu Medienkompetenz anbieten oder Angebote wie „Internet für Senioren“.

An den Inhalten liegt es nicht?

Die Politik möchte ich nicht daran ausrichten, was den Wählern gefallen könnte. Das wäre Populismus. Wir wollen das fordern, was wir auch vertreten können.

Am Wochenende ist der Bundesparteitag in Bingen. Was wird dort besprochen?

Zum einen wird ein neuer Bundesvorstand gewählt. Zum anderen wird auch eine Programmerweiterung diskutiert. Es gibt so viele Anträge, die reichen für eine ganze Woche.

In welche Richtung soll das Programm denn erweitert werden?

Die Anträge sind breit gefächert. Die Themen gehen über Bildung, Umwelt, Verbraucherschutz bis hin zu Säkularisierung des Staates und die Anerkennung unterschiedlicher Formen von Lebensgemeinschaften. Was davon letztlich angenommen wird, entscheidet der Bundesparteitag.

Im nächsten Jahr stehen auch Wahlen zum Abgeordnetenhaus in Berlin an. Welche Ziele haben Sie dort?

In Berlin halte ich das Fünf-Prozent-Ziel für durchaus machbar. Schließlich ist Berlin kein Flächenland wie NRW.

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