Das romantische Bild der Internetattacke sieht so aus: Computerexperten hacken Webseiten und Geheimdaten eines Konzerns oder eines Staates – und das ganz uneigennützig. Doch nun ist offenbar die Webseite der Menschenrechtsorganisation Survival International zum Ziel eines solchen Angriffs geworden. Nach Angaben der Organisation wurde der Server mit Anfragen von tausenden Computern bombardiert und ist wegen Überlastung zusammengebrochen. Erst nach 15 Stunden war die Seite wieder erreichbar.
Warum wird eine Nichtregierungsorganisation, eine "Bewegung für indigene Völker", Opfer einer derartigen Attacke? Der Grund ist vielleicht, dass sie ein wenige Sekunden langes Foltervideo auf ihre Seite gestellt hatte. Dieses zeigt, wie indonesische Militärs zwei gefesselte Papua misshandeln. Fünf andere Webseiten (am Ende dieser Meldung) hatten die Bilder ebenfalls veröffentlicht, auch sie wurden angegriffen. Allerdings hätte auch Botswana ein Motiv: Vor einem Monat hatte Survival Touristen aufgerufen, das Land zu boykottieren, weil die Regierung Buschleute vertreibe.
Wer steckt dahinter?
"Ein paar Computerfreaks" seien nicht in der Lage, solch einen "aufwendigen und hoch entwickelten Cyberterror-Angriff" durchzuführen, glaubt die Menschenrechtsorganisation. Und vermutet, dass Behörden aus Botswana, Indonesien oder deren Verbündete dahinter stecken. Indonesien wies den Vorwurf zurück, bestätigte aber, dass auf dem Video indonesische Soldaten zu sehen seien, und kündigte Ermittlungen an.
Sicher ist nur: Man kann lediglich spekulieren. "Es ist so gut wie unmöglich, dass wir jemals herausfinden werden, wer dahintersteckt", sagt der Technik-Experte von Survival. Denn die Anfragen, die die Seite vorübergehend lahm legten, kamen von Computern, die selbst Teil der Attacke sind – auf ihnen läuft verdeckt ein schädliches Programm. Wer es programmiert und in die Welt gesetzt hat, lässt sich kaum verfolgen.
Survival erklärt die Attacke etwas pathetisch zum "Angriff gegen jene, die sich gegen die Vorherrschaft von Geld und Regierungen über Menschenrechte wehren". Andererseits bleibt festzuhalten, dass der Angriff, falls er tatsächlich in Botswana oder Indonesien geplant wurde, mächtig in die Hose gegangen sein dürfte. Denn ein Video lässt sich nicht mal eben aus dem Netz löschen und der Tourismus-Boykottaufruf wird 15 Offline-Stunden verkraften. Die Menschenrechte erlangen so für kurze Zeit wieder etwas mehr öffentliche Aufmerksamkeit. Traurig nur, dass dafür erst eine Webseite zusammenbrechen muss.
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