Straßenprotest in Zeiten der Sozialen Medien: Tierfreunde greifen zur Kreide und werben auf dem Asphalt für Youtube – und ein Video, das man dort unter dem Suchbegriff Milch ganz oben in der Trefferliste findet. Eine NDR-Doku befasst sich da mit den Gesundheitsgefahren und spielt Veganern in die Hände. Es geht gegen die Milch. Ihre Produktion kann nicht nur Tierausbeutung bedeuten, sondern Milch macht womöglich auch noch krank – Asthma, Diabetes, Hautkrankheiten.
Müssen wir deshalb alle auf Produkte vom Tier verzichten? Nein, diese Missionierungsstrategie der Veganer dürfte nicht aufgehen. Zwar ist die Idee grundsätzlich nicht schlecht, mit Gesundheitsvorteilen zu werben, statt Menschen ein schlechtes Gewissen zu machen. Dadurch kann man vielleicht auch jene erreichen, die sonst schreckliche Bilder aus der Massentierhaltung schnell wegklicken. Dennoch ist es nicht ratsam, die ethischen Aspekte des Veganismus zu vernachlässigen.
Die Fakten über Agrarfabriken sind klar
Die neue Straßenkampagne gegen Milch ist ganz ein Kind ihrer Zeit. Wir müssen ständig gesund leben, fit sein, unsere Biodaten checken, Leistung bringen. Schwingt der Veganismus sich nun zur Avantgarde der Selbstoptimierung auf? Das könnte langfristig mehr Menschen abschrecken als überzeugen. Wer in seinem Leben auch mal genießen will, wird zum Rebellen. Und trinkt vielleicht gerade deshalb weiter Milch.
Es gibt aber noch weitere Probleme der Veganerkampagne. Ob Milch gesund oder ungesund ist, darüber sind Wissenschaftler unterschiedlicher Meinung. Wem soll man da als Laie glauben? Die Fakten in der Tierhaltung sind dagegen klar. Dass Kühe in Agrarfabriken ein unwürdiges Dasein fristen, dürfte sich herumgesprochen haben. Und dass auch Biokühe getötet werden, sobald sie nicht mehr genug Milch liefern, ist für ethisch denkende Menschen ein stärkeres Argument als eine sehr diffuse Angst vor Krankheiten.
Die Straßenkampagne versucht eine argumentative Richtungsänderung. In der Öffentlichkeit wurde die Veganismusfrage bislang hauptsächlich unter ethischen Aspekten diskutiert. Und das ist richtig so. Sollte künftig die Gesundheit und damit ein im Kern egoistisches Argument im Mittelpunkt stehen, wäre es nicht verwunderlich, wenn viele denken: Ich lebe ja schon gesund, mit dem Veganismus brauche ich mich nicht auseinanderzusetzen. Das aber wäre fatal. Denn die Frage, wie wir mit Tieren umgehen wollen, geht uns alle an. Letztlich ist eine aufrichtige Diskussion über diese Frage auch die einzige Hoffnung auf Veränderung.
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