Ist das bisherige Soldatenbild überholt? Muss ein Bundeswehrangehöriger unbedingt deutsch sein oder geht es um europäische Werte? Das neue Weißbuch der Bundeswehr hat einige Diskussionen ausgelöst. In dem Dokument hat die Bundesregierung die mittelfristigen Leitlinien für die Sicherheitspolitik festgelegt, unter anderem sollen künftig auch EU-Ausländer in der deutschen Armee dienen. Während Konservative nun über die Bedeutung der Staatsangehörigkeit diskutieren, ist von den Linken in dieser Frage kaum etwas zu hören. Aber was bedeutet die Öffnung der Bundeswehr aus friedenspolitischer Sicht?
Eine generelle Kritik an dem Weißbuch ist relativ leicht: Deutsches Militär soll stärker in aller Welt mitmischen, die Bundeswehr dazu aufgerüstet werden, mehr Geld bekommen. So weit, so schlecht. Um zusätzliches Personal zu gewinnen, sollen bald auch EU-Ausländer rekrutiert werden. Hier wird die Bewertung schon schwieriger: Müssen Linke das gut finden, weil dann die Diskriminierung auf Grund der Nationalität – zumindest für EU-Bürger – wegfällt? Oder müssen Linke das schlecht finden, weil mehr Leute zu Soldaten werden, in Kriege ziehen, unschuldige Menschen töten? Ähnliche Fragen stellen sich, wenn die Armee um Lesben und Schwule wirbt (wie in Schweden) oder die Gleichberechtigung von Frauen fördern möchte (wie in Deutschland). Aus pazifistischer Perspektive ist das abzulehnen.
Die aktuelle Debatte trägt absurde Züge. Der Deutsche Bundeswehrverband, die größte Interessenvertretung der Soldaten, lehnt die Öffnung ab, „wegen des besonderen gegenseitigen Treueverhältnisses von Staat und Soldat“. Als ob die Nationalität etwas darüber aussagt, ob man sich seinem Arbeitgeber gegenüber loyal verhält oder nicht. Wer das glaubt, sollte sich mal einige Spionagethriller ansehen.
Ähnlich absurd ist aber auch die Gegenposition, die beispielsweise Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) vertritt. Sie möchte die Öffnung für EU-Ausländer. „Ich glaube, die Soldatinnen und Soldaten haben eine tiefe Überzeugung, wofür sie einstehen – es ist nicht die Scholle, sondern es sind die Werte.“ Sie möchte also die Ungleichbehandlung aufgrund der Nationalität bekämpfen – in einer Armee.
Weniger Personalmangel
Zur Erinnerung: In klassischen Kriegen werden Menschen getötet, bloß weil sie dem gegnerischen Staat angehören, weil sie die falsche Nationalität besitzen. Und die Bundeswehr vertritt die Interessen Deutschlands, auch die Wirtschaftsinteressen. Mit ethischen Werten hat das herzlich wenig zu tun. Mit der tiefen Überzeugung der Soldaten kann es ebenfalls nicht so weit her sein, wenn sie stets das tun, was andere (nämlich die Politiker) entscheiden.
Wenn die Bundeswehr zur Fremdenlegion wird, könnte das den Personalmangel abschwächen und die Militärwerbung in Deutschland etwas reduzieren. Das wiederum erleichtert die Verbreitung einer militärkritischen Grundhaltung in der Gesellschaft. Zumal es weniger Soldaten in der deutschen Bevölkerung gibt, die sich schon aus eigenem wirtschaftlichem Interesse für eine starke Bundeswehr einsetzen. Andererseits dürfte es mit einer Fremdenlegion leichter werden, die Akzeptanz für Auslandseinsätze zu beschaffen, wenn keine deutschen Bürger ihr Leben verlieren.
In der Debatte über die Wehrpflicht wurde ein etwas ähnliches Argument angeführt: Durch die Abschaffung gehe der Kontakt zum Bürger verloren, die Armee entgleite der Kontrolle, führe ein Eigenleben. Schon damals war diese Argumentation fragwürdig. Sie lässt sich aber auch nicht ohne weiteres auf die aktuelle Diskussion übertragen, schließlich gibt es einen deutlichen Unterschied: Die Freiwilligenarmee sorgte für Personalmangel, die Fremdenlegion hingegen soll ihn beheben.
Das ist der entscheidende Punkt: Die Regierungspläne unterlaufen die Bemühungen der Friedensbewegung, der Armee die potenziellen Rekruten streitig zu machen. Und wenn die Nachwuchsgewinnung läuft, kann die Regierung auch noch mehr Kriege im Ausland führen, was momentan ungünstig ist, weil es Bewerber abschreckt und den Personalmangel verschärft.
Die Öffnung der Bundeswehr hat noch einen anderen Hintergrund: Nicht alle Ausländer dürfen mitmachen, sondern nur EU-Bürger. Die geplante Reform ist also vielleicht auch ein Schritt in Richtung einer europäischen Armee.
Kommentare 8
wirklich schade,
daß sie ihre grundsätzliche militär-, polizei-,grenzen-kritische
grundhaltung so bedroht sehen,
daß sie das diskriminierende wort von der fremden-legion wählen, statt einer multi-kulti-wehr.
hätte mich bei ihnen auch gewundert.!
wirklich schade,
daß sie ihre grundsätzliche militär-, polizei-,grenzen-kritische
grundhaltung so bedroht sehen,
daß sie das diskriminierende wort von der fremden-legion wählen, statt einer multi-kulti-wehr.
hätte mich bei ihnen auch gewundert.!
Mehr Truppen für noch mehr Kriege, Mehr Kriege für noch mehr globale Ausbeutung, das sind sicherlich sehr naheliegende Motive. Aber eine Armee aus lauter Fremden, Söldnern mithin, ist vor allem für den Einsatz im Inland geradezu ideal. Ob nun im römischen oder britischen Imperium, Soldaten aus weit entfernten Provinzen waren und sind eine effektive Waffe gegen die unbotmäßige lokale Bevölkerung. Der Thraker konnte in Lusitanien, der Germane in Syrien, der Bengale im Punjab und der Kashmiri im Madras viel mehr Furcht vor der staatlichen Autorität verbreiten, als dies ein einheimischer Polizist/Soldat je gekonnt hätte. Der Bulgare oder der Litauer werden, wenn ihnen in Deutschland der Schießbefehl erteilt wird ebenso denken: “Das sind NICHT MEINE Leute, also Feuer frei und Knüppel lang“
Wer Bundewehreinsätze im Innern befürwortet und dafür eine Armee aus Fremden anwirbt, der versteht sich als Kolonialverwaltung bzw. Vertreter einer Besatzungsmacht und nicht als Teil einer vom Volk gewählten und diesem Rechenschaft schuldenden Exekutive.
Die Wortwohl hat einfach damit zu tun, dass der Begriff "Fremdenlegion" etwas gebräuchlicher ist als "Multi-Kulti-Wehr". Und "Wehr" ist ja auch schon wertend, es kommt von Abwehr – als ob die Bundeswehr nur zur Landesverteidigung eingesetzt würde.
Für irgendetwas müssen die domestizierten Eu-Eingebürgerten doch da sein. Wir bekommen das zurück was wir angerichtet haben mit unserem Wohlstandsbauchdenken. SICHERHEIT, die bekommen wir jetzt, haben wir doch immer gewollt.
"als ob die Bundeswehr nur zur Landesverteidigung eingesetzt würde?"
Nein, das hat doch schon die DDR gezeigt, unsere Hybris als Wessi zeigt nun; der Hochmut der nicht dazulernt und genau hinschaut, kommt vor dem Fall!
Aber ein dressiertes Volk, geistig dressiert lernt auch nicht mehr dazu, es ist zu beschränkt.
Man kann die Existenz von Armeen grundsätzlich ablehnen und ihre Abschaffung verlangen. Eine deratige Maßnahme setzt allerdings voraus, dass alle Armeen der Menschheit gleichzeitig aufhören zu existieren, Privat- und Rebellenarmeen sowie Paramilitärs inklusive, andernfalls wäre der Verzicht auf den eigenen Schutz in der Hoffnung auf das Gute im Menschen nichts weiter als schiere Ignoranz.
Gehen wir besser davon aus, dass diese allumfassende Auflösung des Militärs nicht so ganz schnell Realität wird. Dann stellt sich die Frage, die Sie hier aufgeworfen haben, nur noch auf einer rein sachlichen Ebene, und mit der Gegenfrage Warum nicht? einfach zu beantworten.
Veraltet wäre dann bestenfalls noch die Auffassung, es handele sich um eine deutsche Armee. Die deutsche Armee würde vielmehr Teil einer europäischen Armee werden, jedenfalls wenn Reste der Utopie des vereinigten Europas wirkmächtig bleiben. Alternativ kann man natürlich auch in der Schizophrenie verharren, einerseits europäischen Internationalismus zu verlangen und andererseits nationalstaatliche Eigenarten aufrecht zu erhalten. Wohl bekomm's.
Herr Werdermann, Hut ab, absolutes Spitzenthema.
Möge das Ding von hier aus in das plagende Bewusstsein der Welt gelangen.
Und "mach' kaputt was Dich kaputt machen will".
Ob multi-kulti oder Versklavung der geflüchteten Söhne undTöchter okkupierter Staaten Ausbeutung bleibt Ausbeutung, Krieg bleibt Krieg mit oder gegen das Volk.
Mullti-Kulti bedeutet ein miteinander OHNE KRIEG, nicht Ausbeutung und BERAUBEN sondern MITEINANDER in FRIEDEN Leben gestalten.
Zu viele Fremdwörter, tut mir leid, aber es gibt ja noch den Teutschen Duden, ich hoffe der liefert die RICHTIGE Übersetzuung trotz ....?
"Was heißt das friedenspolitisch?" Paradoxon!