Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in ihrer Neujahrsansprache ungewohnt deutliche Worte gegen die antimuslimische Pegida-Bewegung gefunden. „Folgen Sie denen nicht“, warnte die CDU-Vorsitzende. Die Schwesterpartei CSU scheint hingegen eine andere Strategie gegen Pegida zu verfolgen: Bekämpfung durch Annäherung. Doch das kann nicht klappen. Die Demos lassen sich so womöglich irgendwann stoppen, die ausländerfeindliche Stimmung, die ihr Nährboden ist, nicht.
Auf ihrer Klausurtagung in dieser Woche wollen die CSU-Bundestagsabgeordneten ein Positionspapier zur Einwanderungspolitik beschließen. Die Asylverfahren sollen beschleunigt werden, um Ausländer schneller abschieben zu können, wird im Entwurf gefordert. Außerdem wird der Winterabschiebestopp der Regierungen in Thüringen und Schleswig-Holstein kritisiert. Damit redet die CSU der Pegida-Bewegung das Wort.
„Aufnahmebereitschaft der Bevölkerung“?
Ein Widerspruch zu Merkels Warnung ist das allerdings nicht. Vielmehr ergänzen sich die Strategien: den Bürgern von den Demonstrationen abraten und den Pegida-Organisatoren durch eine rechtspopulistische Politik das Wasser abgraben. Wobei die CSU-Vorschläge zur Asylpolitik sicherlich nicht rein taktisch motiviert sind. Da steckt auch Überzeugung drin.
Einige der Aussagen von CSU und Pegida unterscheiden sich kaum, wie ein entlarvendes Online-Quiz zeigt. Dadurch wird die Bewegung gefährlich. Die Union kann die ausländerfeindlichen Parolen aufnehmen und sie in Gesetzen verankern. Je mehr Zulauf Pegida hat, umso größer wird die Versuchung werden.
Schon heute ist die deutsche Abschottungspolitik dafür mitverantwortlich, dass an der EU-Außengrenze so viele Flüchtlinge sterben müssen. Und es kann noch schlimmer werden. Innenminister Thomas de Maizière sagt ganz offen, dass er die „Sorgen“ der Pegida-Demonstranten ernst nehmen will. Und bei der Verschärfung des Asylrechts argumentiert er regelmäßig mit der „Aufnahmebereitschaft der Bevölkerung“, die nur dann weiter bestehen könne, wenn nicht zu viele Flüchtlinge kommen. Die jüngere deutsche Geschichte zeigt ebenfalls, dass ausländerfeindliche Bewegungen Einfluss auf die Regierungspolitik haben können. Nachdem sich Anfang der 90er Jahre die Angriffe auf Flüchtlingsheime häuften, wurde das Grundrecht auf Asyl bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt.
Je mehr Ausländer, desto weniger Vorurteile
Eine kluge Reaktion ist das nicht. Viele Politiker denken, man dürfe die Bevölkerung mit der Einwanderung nicht überfordern. Diese Sichtweise ist nicht nur problematisch, weil Migranten ausschließlich als Belastung wahrgenommen werden. Sie basiert auch auf falschen Annahmen.
Rassistische Vorurteile entstehen nämlich nicht durch zu viele Ausländer, sondern durch zu wenige. Nur so lässt sich erklären, weshalb Tausende in Dresden gegen den Islam auf die Straße gehen – wenn 0,1 Prozent der Sachsen Muslime sind. Es ist zudem statistisch nachgewiesen, dass in Landkreisen mit hohem Ausländeranteil die Akzeptanz höher ist. Das könnte zwar auch daran liegen, dass Ausländer oft in größeren Städten leben, wo die Leute offener sind. Vieles spricht jedoch dafür, dass ein höherer Ausländeranteil auch deren Akzeptanz in der Bevölkerung verstärkt. Wer Migranten kennenlernt, baut Vorurteile ab. Ressentiments können nicht mehr so gut gedeihen, wenn es nicht mehr gegen kleine Minderheiten geht.
Wer Pegida bekämpfen will, muss also die Einwanderung erleichtern. Das ist nicht nur eine Frage der Humanität. Sondern auch der Vernunft.
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