Das Kapital hat schon gewählt

Parteienfinanzierung Gegen eine mögliche Einflussnahme der Privatwirtschaft auf die Politik würde vor allem eines helfen: Ein Verbot von Unternehmensspenden
Ausgabe 32/2017
Gewählte Volksvertreterin und großzügiger Spender: Angela Merkel und Dieter Zetsche
Gewählte Volksvertreterin und großzügiger Spender: Angela Merkel und Dieter Zetsche

Foto: Robert Michael/AFP/Getty Images

Die Bürger werden am 24. September wählen, das Kapital hat bereits entschieden. Schwarz-Gelb soll die Geschicke des Landes lenken. Die Konservativen und Liberalen haben mit Abstand die meisten Großspenden aus der Wirtschaft erhalten. Seit Anfang des Jahres meldete die CDU mehr als 1,9 Millionen Euro, die FDP fast 1,6 Millionen Euro. Grüne und SPD bekamen jeweils 100.000 Euro, die Linke nimmt grundsätzlich keine Firmenspenden an.

Schon wird geraunt, wie groß unter Deutschlands Managern und Megareichen die Sehnsucht nach der FDP sein muss, nach vier Jahren außerparlamentarischer Opposition. Nur: Die große Empörung bleibt aus. Von Forderungen nach Konsequenzen ganz zu schweigen. Dabei gibt es eine einfache Lösung: Unternehmensspenden an Parteien gehören verboten – und zwar komplett.

Natürlich können mehr Transparenz oder eine Obergrenze für diese Finanzspritzen erste Schritte sein. Derzeit sind Zuwendungen in beliebiger Höhe erlaubt, sofort angezeigt werden müssen sie erst ab einer Höhe von 50.000 Euro. Die öffentliche Spenderliste für das laufende Jahr ist somit nur die Spitze des Eisbergs. Zu finden sind dort viele Privatpersonen (Investoren, Eigentümer, Erben), aber auch einige Unternehmen wie Daimler sowie der Verband der Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen. Weitere werden folgen.

Kein stichhaltiges Argument gegen ein Verbot

Ist Politik käuflich? Ein Zusammenhang zwischen Spende und politischer Begünstigung ist Spekulation. In den meisten Fällen dürfte der Grund schlicht die politische Überzeugung der privaten Geldgeber sein. Wer viel Geld besitzt, findet sich häufig in den Forderungen von Union oder FDP wieder – und kann viel beeinflussen. Für Privatspenden wären daher Obergrenzen angebracht.

Dann gibt es aber auch noch Konzerne und Verbände, die mehrere Parteien gleichzeitig beglücken. Doch wenn es offiziell darum geht, die Demokratie zu stärken, warum erhalten dann nicht alle Parteien gleich viel? Zudem stellt sich die Frage, ob einzelne Unternehmen tatsächlich so einen starken Einfluss haben, dass sich ihre Spende finanziell lohnt (so müssen sie das gegenüber ihren Aktionären begründen) – und falls ja, ob diese Konzerne dann nicht viel zu groß und mächtig sind?

Wahrscheinlich gibt es für Unternehmen einfachere Wege, politischen Einfluss zu nehmen: Lobbyisten bezahlen oder wichtigen Politikern einen Posten im Aufsichtsrat anbieten. Doch das ist kein stichhaltiges Argument gegen ein Verbot der Spenden. Zum einen sollte jeder Verdacht auf Käuflichkeit vermieden werden. Zum anderen haben die Geldflüsse vielleicht kaum Einfluss auf die konkrete Politik einer Partei, wohl aber auf das politische System: Wirtschaftsfreundliche Parteien kassieren ab, die anderen sind im Nachteil.

Was spricht gegen ein Verbot von Unternehmensspenden wie in Frankreich? Das Bundesverfassungsgericht hat die Zuwendungen 1992 zwar für zulässig erklärt. Doch wenn alle Parteien gemeinsam ein Verbot beschließen, welches Unternehmen traut sich, dagegen zu klagen? Das Risiko besteht eher darin, dass die Firmen komplett auf Sponsoring ausweichen. Sie mieten dann zum Beispiel einen teuren Stand auf dem Parteitag und können das als Betriebsausgabe steuerlich geltend machen. Die Geldflüsse sind vollkommen intransparent, wie der Verein LobbyControl kritisiert. Doch das ist kein Argument gegen ein Verbot der Spenden, sondern bloß ein Grund dafür, das Sponsoring ebenfalls zu verbieten.

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