Das Private sollte politisch sein

Fluchthilfe Gegen Diether Dehm wird ermittelt, weil er einen Flüchtling nach Deutschland brachte. Leider nimmt sich der Linkspolitiker einen CSU-Anwalt und vertut damit eine Chance
Ausgabe 39/2016
Verspielt eine Chance: Diether Dehm
Verspielt eine Chance: Diether Dehm

BIld: Markus Heine/imago

Es gilt als moralisches Vorbild, wer DDR-Bürgern bei ihrer Flucht in den Westen geholfen hat. Wer aber heute Familien zusammenführt, unerlaubt über europäische Grenzen hinweg, muss mit einer Strafe rechnen, bis hin zu Gefängnis. Jetzt wird gegen Diether Dehm ermittelt, der für die Linkspartei im Bundestag sitzt und Schatzmeister der europäischen Linken ist. Er hat einen jungen afrikanischen Flüchtling von Italien nach Deutschland gebracht, wo inzwischen dessen Vater lebt.

Ist das kriminelles Handeln? Die Staatsanwaltschaft findet schon. Der Vorwurf: Beihilfe zur illegalen Einreise. Nun wurde der Bundestagspräsident informiert und die Ermittlungen starten. Vor einer möglichen Anklage müsste der Bundestag allerdings die Immunität des Abgeordneten aufheben.

Kein politischer Prozess

Eigentlich liegt es im Interesse Dehms, einen Prozess zu führen und die Öffentlichkeit auf die unerträgliche Gesetzeslage aufmerksam zu machen. Aber Dehm vertut seine Chance. Stattdessen teilt er mit, dass er mit sich „im Reinen“ sei, alles Weitere regele sein Anwalt. Und der ist absurderweise Peter Gauweiler, überzeugter CSU-Politiker, früher sogar Parteivize.

Dehm bezeichnet ihn als „guten Freund und Blutsbruder“. Das mag vielleicht manche Linke empören, der eigentliche Aufreger ist aber ein anderer: Gauweiler wird, wenn es so weit kommt, vor Gericht womöglich über ein paar Paragrafen streiten, sicher aber nicht über die schreiende Ungerechtigkeit in der heutigen Migrationspolitik. Ein politischer, linker, kämpferischer Prozess dürfte mit einem CSU-Anwalt wohl ausgeschlossen sein. Und das, obwohl die Voraussetzungen besser nicht sein könnten.

Dehm ist Abgeordneter, bekommt mehr Aufmerksamkeit als eine unbekannte Privatperson. Seine Aktion steht auch im Einklang mit dem Programm der Linkspartei, in dem es heißt: „Wir fordern offene Grenzen für alle Menschen.“ Zudem hat Dehm seine Tat „gestanden“ und es ist offensichtlich, dass er aus ehrbaren Motiven gehandelt hat. Wobei selbst die bezahlte Fluchthilfe objektiv ein Akt der Humanität ist, aber das ist nicht so leicht zu vermitteln.

Es ist schade, wenn Dehm bei individueller Hilfe stehen bleibt und die Kriminalisierung nicht skandalisiert. Dabei müsste er als Abgeordneter, zumal in der Opposition, eigentlich wissen, wie wichtig Öffentlichkeit und politischer Druck sein können.

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