Qualität statt Quote. Schon aus Eigeninteresse dürfte Stefan Hermes diese Position vertreten. Er ist Dokumentarfilmer und sammelt im Internet Unterschriften für ein Ende der Einschaltquotenerhebung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Auf der Seite wegmitderquote.de haben in den ersten Tagen 400 Personen den Appell unterzeichnet. Ginge es nach der Quote, wäre das ein überschaubarer Erfolg. Aber Hermes will die Unterschriften auf jeden Fall an den deutschen Bundestag übergeben. Eigentlich wären jedoch ARD und ZDF die richtigen Adressaten.
„Sender und Redaktionen sollten sich wieder über Inhalte, nicht über die Marktanteile ihres Programms definieren können“, schreibt Hermes in seinem Aufruf. Dafür muss freilich die Einschaltquote nicht abgeschafft werden, wohl aber die Werbung.
Im Moment regiert im Fernsehen eine unheilvolle Allianz von Quote und Werbeeinnahmen. Je mehr Leute zugucken, desto teurer lassen sich die TV-Spots verkaufen, desto besser die Kassenlage der Sender. Zugleich scheint ein beliebtes Programm mit hoher Quote die beste Maßnahme zu sein, um die Akzeptanz der Fernsehgebühren und die Zahlungsmoral der Bürger zu befördern.
Schlechter Abklatsch des Privatfernsehens
Das ist ein Irrglaube, denn das ständige Schielen auf die Quote lässt die öffentlich-rechtlichen Sender zu einem teuren, aber schlechten Abklatsch des Privatfernsehens werden. In der Wirtschaftssprache würde man sagen: Der Markenkern geht verloren und damit der Wettbewerbsvorteil. Wer will Gebühren zahlen, wenn die gleichen Sendungen bei RTL oder Sat.1 zu sehen sind, und zwar scheinbar kostenlos? (Die Zuschauer zahlen letztlich über teurere Produkte, zu denen sie durch die Werbung verführt werden; aber das ist den meisten nicht bewusst.)
Trotzdem machen ARD und ZDF weiter wie bisher – alle Verantwortlichen halten an dem Zwitter „öffentlich-rechtlicher Sender“ fest: Es sollen sowohl die Zuschauer als auch die Werbeindustrie zahlen. Niemand traut sich, das infrage zu stellen. Schließlich würden Einnahmen wegbrechen – egal, ob man Werbung verbietet oder die Gebührenfinanzierung aufgibt.
Die Zwitterhaftigkeit haben auch viele Linke nicht verstanden, die aus politischer Überzeugung keine Gebühren zahlen. Ihr Argument: Warum sollen wir für teure Fußballübertragungen und Unterhaltungsshows unser Geld hergeben? Abgesehen davon, dass diese Haltung ziemlich elitär ist, verkennt sie, dass ohne Gebührengelder das Fernsehen noch schlimmer würde.
Die Sender orientierten sich ohne Gebühren nur noch an den Wünschen der Werbeindustrie. Das Programm dürfte die Konsumlaune nicht drücken, kapitalismuskritische Beiträge hätten ohnehin keine Chance.
Quote als Information ganz interessant
Aber ist es nicht unfair, dass alle Haushalte eine Gebühr zahlen müssen, ob sie wollen oder nicht? Die Gleichmacherei ist in einer Hinsicht problematisch: Alle zahlen gleich viel, unabhängig vom Einkommen (es gibt lediglich Ausnahmen für Geringverdiener). Ansonsten ist das Zahlsystem jedoch sinnvoll. Erstens ist eine allgemeine Zahlpflicht nichts Neues. Steuern zahle ich auch für Straßen, die ich nicht befahre. Zweitens wäre eine individuelle Erfassung viel zu aufwendig. Eingeführt wurde die Gebühr, als nur wenige Leute einen Fernseher hatten.
Und die Einschaltquote? Die sollte man weiter erfassen, wenn die Werbung erfolgreich abgeschafft worden ist. Als Information über Popularität ist die Quote ganz interessant; sie dürfte nur nicht zur alleinigen Entscheidungsgröße über Programme werden. Quote ja, Werbung nein. Wenn die Unterschriftensammlung eine solche Diskussion beförderte, dann hätte sie etwas gebracht.
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