Deutschland ist in Aufruhr: Ein Grünen-Abgeordneter hat Drogen genommen. Skandal! Als ob es momentan keine drängenderen Probleme gäbe, über die es sich zu diskutieren lohnt. Volker Beck ist auch gleich von seinen Ämtern in der Bundestagsfraktion zurückgetreten, selbst Parteifreunde sprechen von „schwerem Fehlverhalten“. Die Vorgänge zeigen den Wahnsinn einer öffentlichen Erregung, die von einem konservativen Politikverständnis geprägt ist.
Was hat sich Volker Beck zu Schulden kommen lassen? Bei ihm wurden Drogen gefunden, angeblich Crystal Meth. Der Besitz verstößt gegen das Gesetz, ist aber kein vernünftiger Grund für einen Rücktritt. Das wahre Problem von Volker Beck sind die Angriffe, die jetzt von anderen Parteien kommen und kommen werden – sowie die Vorurteile einiger Wähler, die glauben, dass drogenkonsumierende Abgeordnete keine gute Politik machen könnten. Becks Entscheidung ist also verständlich. Er möchte Schaden von der Partei abwenden. Trotzdem ist es ein Trauerspiel.
Politiker als Heilige
Die Kritik an Beck ist nämlich völlig unbegründet. Er hat sich immer für eine liberale Drogenpolitik eingesetzt. Er hat – soweit bekannt – nie eine Person aufgrund ihres Drogenkonsums moralisch verurteilt. Er misst also nicht mit doppelten Standards. Es ist auch nicht so, dass er die Risiken von Crystal Meth verharmlost hätte und sich jetzt selbst mit dem Konsum rühmt. Kurz: Politisch und moralisch ist ihm nichts vorzuwerfen. Empören kann sich nur, wer Drogenkonsum verteufelt – oder wer sich Politiker als Heilige wünscht, die stets gesetzestreu sind und ihr Leben perfekt im Griff haben. Dahinter verbirgt sich ein merkwürdiger, konservativer Autoritätsglaube, der übrigens auch einer Demokratie nicht guttut.
Solange der Drogenkonsum die politische Arbeit nicht beeinträchtigt, ist das die Privatsache von Volker Beck. Natürlich macht sich ein Abgeordneter durch Drogenkonsum erpressbar und das ist ein Problem. Der Griff zum Stoff ist deswegen gerade für Entscheidungsträger unklug. Allerdings liegt das Problem auch darin, dass der Drogenbesitz kriminalisiert wird und das Bekanntwerden einen öffentlichen Aufschrei verursacht, der offenbar zum Niederlegen politischer Ämter zwingt.
Wer etwas gegen die Gefahren von Crystal Meth unternehmen will, soll aufklären, Hilfsangebote schaffen – und die Konsumenten bemitleiden statt zu kriminalisieren. Und wer Beck kritisieren will, soll sich seine politischen Positionen vornehmen und mit Argumenten kommen. Und nicht mit einer Moralkeule, die sich bei näherer Betrachtung in Luft auflöst.
Hinweis: Die Sätze zur Erpressbarkeit wurden nachträglich eingefügt.
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