Die ARD und das „Rummäkeln“ am WWF

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Das Erste hat eine Dokumentation über die dunklen Seiten der Naturschutzorganisation gesendet. Inzwischen hat der WWF ausführlich widersprochen. Doch dass die Umweltstiftung im Film so schlecht wegkommt, liegt aber vor allem an den peinlichen Interviews

Kritik an den Großen gibt es immer. Nicht nur an mächtigen Partien, Gewerkschaften oder Weltkonzernen. Auch an Umweltorganisationen. Nun hat es auch den WWF erwischt. Quasi als Geburtstagsgeschenk zum 50. Jubiläum hat die ARD die Dokumentation „Der Pakt mit dem Panda“ gesendet. In ihr werden die Machenschaften der Naturschutzorganisation kritisch unter die Lupe genommen.

Schon im Vorfeld hatte das für Aufsehen gesorgt. Der WWF hat bei der ARD erwirkt, dass die Programmankündigung geändert wurde, wie bis heute auf der entsprechenden Seite nachzulesen ist. Und auch nach der Ausstrahlung hat es nur einen Tag gedauert, bis die Umweltorganisation ausführlich auf die Vorwürfe eingeht: Ganze 23 (!) „TV-Vowürfe“ will der WWF ausgemacht haben und setzt die eigene Sicht auf die Dinge dagegen.






Für verunsicherte Spender mag das beruhigend wirken, doch der Film ist gelaufen. Und auch wenn die dargestellten Sachverhalte den WWF nicht im besten Licht stehen lassen: Peinlich wirken vor allem die Interviews der WWF-Mitarbeiter. Zum Beispiel von Dörte Bieler.

Sicherer Tod. Immer noch besser als... der sehr sichere Tod.

In der ARD-Dokumentation heißt es, dass die Umweltorganisation unterstütze, dass in Indonesien eine Palmöl-Plantage angelegt worden sei. Auf einem Gebiet, wo vorher Urwald war (der WWF schreibt, die Plantage entspreche nicht den eigenen Nachhaltigkeitskriterien). Immerhin: 80 Hektar Wald bleiben erhalten. 80 von 14.500 Hektar, das sind 0,5 Prozent. Der Dokumentarfilmer Wilfried Huismann konfrontiert damit Dörte Bieler (Interview ansehen hier). Sie arbeitet für den WWF und verhandelt gerade auf einer Konferenz in Genf mit Wirtschaftsvertretern – der WWF ist dort übrigens die einzige Umweltorganisation.

„Ist das ein Erfolg, wenn 99,5 Prozent vernichtet werden?“

„Es ist zumindest ein Anfang. Wenn der WWF nicht in diesem Projekt mitgearbeitet hätte, bin ich mir sicher, dass die Firma den ganzen Regenwald zu Plantagen umgewandelt hätte.“

Ein kleiner Erfolg, aber immerhin. Oder?

„80 Hektar, das ist der sichere Tod dieser Orang-Utans.“

Aber sicher ist nicht sicher. Schließlich gibt es noch eine Steigerung: sehr sicher.

„Also der sehr sichere Tod wäre ja, wenn diese 80 Hektar jetzt gar nicht mehr da wären. Dann wären sie jetzt schon tot.“

Ein paar Jahre dürfen sie noch leben. Bevor sie ausgerottet werden.

Nun wird es allgemeiner. Industrienähe und Umweltschutz, wie passt das zusammen?

„Besteht nicht die Gefahr, dass man da in eine Falle läuft als Naturschutzorganisation? Dass man nur benutzt wird, um die ganze Art und Weise dieser Produktion grünzuwaschen?“

„Also der WWF hat einen sehr starken Code of Conduct, in dem genau dieses verhindert werden soll. Und wenn mit Firmen Kooperationen geschlossen werden, dann steht jedes Mal im Vertrag: Wenn Gelder fließen, verpflichtet das zu gar nichts.“

Dass der Einfluss der Industrie im Vertrag festgehalten wird, dürfte wohl auch niemand geglaubt haben.

Geld? „Zum Beispiel, um hierhin zu fliegen.“

Dörte Bieler führt aus: „Beide Seiten nehmen freiwillig daran teil und beide Seiten können auch wieder aufhören, wenn es ihnen nicht mehr gefällt.“

„Und das reicht Ihnen?“

„Wir leben nun mal in einer Welt, mit Weltwirtschaft, wo Geld ein normales Mittel ist. Ich weiß nicht, warum Sie das jetzt so negativ darstellen, dass Dinge auch mal was kosten.“

In ihrer Stimme schwingt etwas Vorwurfsvolles mit. Was hat der Dokumentarfilmer Huismann nur falsch gemacht? Hat er kritisiert, dass Dinge etwas kosten?

Bieler redet weiter: „Also zum Beispiel hierhin zu fliegen, um hier was vorzutragen, hat auch was gekostet.“

Das war jetzt aber kein gutes Beispiel für eine glaubwürdige Umweltschützerin. Daher schiebt sie noch schnell hinterher:

„Aber um unsere Message hier rüberzubringen, muss ich dann doch persönlich hier sein.“

Huismann verweist auf andere Umweltorganisationen, die Großspenden ablehnen. „Weil sie sagen: Die Gefahr ist doch sehr groß, dass das zu Abhängigkeiten führt, wenn man zu eng mit der Industrie den Schulterschluss macht.“

„Ja, andere NGOs haben dann vielleicht auch nicht den Impact.“

„Gut, was ist Ihr Impact, was sind die Erfolge?“

„Ich finde es einerseits angenehm, auch als NGO nicht nur belächelt zu werden, sondern als kompetenter Gesprächspartner akzeptiert zu werden.“

Die persönliche Anerkennung – sie hat schon so manchen beinharten Konkurrenten windelweich werden lassen.

„Wir arbeiten science-based. Wir machen immer erst eine Studie, bevor wir eine Meinung äußern und versuchen nicht auf Emotionalität zu setzen.Und mit diesen wissenschaftlich basierten Aussagen haben wir auch schon einiges bewegen können.“

Gibt es dafür Beispiele?

Bieler wartet fünf Sekunden, denkt nach.

„Ich glaube nicht, dass ich eins finden kann, an dem Sie nicht rummäkeln werden.“

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