Mehr Transparenz geht immer, zumindest im Netz. Die Internetseite Wikileaks – bekannt für die Veröffentlichung offizieller Geheimdokumente – wird nun selbst zur Zielscheibe. Die Macher des US-Website gawker.com wollen die Geheimnisse von Wikileaks lüften und fahnden nun unter www.wikileakileaks.org nach Hinweisen. Das neue Projekt könnte im schlimmsten Fall zum Todesurteil für Wikileaks werden, bislang ist es aber vor allem eines: albern.
Da wird gesucht nach Bildern und Videos von Wikileaks-Gründer Julian Assange, nach Erfahrungsberichten von Treffen mit ihm und nach Polizeiberichten über die Vorwürfe, Assange habe eine Frau sexuell belästigt. Mit Aufklärung hat das nicht viel zu tun, es geht um dreckige Geschichten über eine Privatperson. Aber mit dem Schnüffeln in anderer Leute Privatleben hat gawker.com schließlich Erfahrung.
Dabei ist die Idee gar nicht verkehrt, etwas Licht in die Dunkelheit von Wikileaks zu bringen. Über die Struktur der Geheimnisverräter ist kaum etwas bekannt. Wer arbeitet mit? Wo kommt das Geld her? Und vor allem: Wer entscheidet nach welchen Kriterien, wann ein Dokument als relevant gilt und somit veröffentlicht wird? Problematisch ist auch die Abschätzung möglicher Folgen einer Veröffentlichung von Dokumenten: Als Wikileaks Unterlagen aus dem Afghanistankrieg ins Netz stellte, warf die US-Regierung der Plattform vor, damit die US-Soldaten in Gefahr zu bringen.
So offen wie Nordkorea
Bisher ist noch kein Fall bekannt geworden, in dem Wikileaks Informationen zurückgehalten hat – außer über sich selbst. Bei gawker.com spottet man deshalb über den uneingelösten Anspruch von Wikileaks: „We open governments.“ Wikileaks selber sei so offen wie Nordkorea. Dabei wird aber leider schnell die Situation von Wikileaks verkannt: Wer Geheiminformationen weitergibt, muss damit rechnen, sich strafbar zu machen. Und ohne absoluten Informantenschutz wird Wikileaks keine weitere Veröffentlichung gelingen – weil sich niemand traut, der Plattform brisante Informationen zuzustecken. Deswegen ist Wikileakileaks auch so gefährlich. Gesucht werden nämlich ebenfalls Informationen über kommende Veröffentlichungen sowie interne Emails, Pläne und Dokumente aller Art.
Solche Unterlagen können für die Öffentlichkeit interessant sein, sie könnten Wikileaks aber auch zerstören – je nachdem, was genau drinsteht. Wahrscheinlich wird das den Machern von Wikileakileaks aber erst dann bewusst, wenn sie tatsächlich solche Interna zugeschickt bekommen. Wenn. Bisher finden sich auf der Seite erst zehn Geheimnisse, die in Wirklichkeit überhaupt nicht geheim sind. Es sind Links zu öffentlich einsehbaren Online-Artikeln, davon alleine vier auf gawker.com.
Ist es Naivität?
Vielleicht ist das alles auch nur ein Werbetrick, um die eigene Website bekannter zu machen? Die neue Website zu einem reinen Anti-Wikileaks zu erklären, wäre jedenfalls zu kurz gegriffen. In einer Erklärung schreiben die Macher, Wikileaks habe in vielerlei Hinsicht die übertriebene Geheimnistuerei von Regierungen einer notwendigen Kontrolle unterworfen. Letzlich bleiben zwei halbwegs plausible Erklärungen, warum die selbsternannte Transparenz-Polizei von gawker.com die Wikileaks-Plattform gefährdet: Entweder ist es Naivität oder die unstillbare Gier nach Informationen über das Privatleben von Gründer Assange.
Kommentare 4
Albern! Natürlich muß der Aufklärer³ auch Geld haben, um zu erforschen woher der Aufklärer² seine Informationen hat. Wahrscheinlich von baileys.com. Und der Autor hat auch schon daran geschnüffelt.
Albern²! Natürlich kann ich von James oder Jenny 512 Fotos schießen und ich finde garantiert ein richtiges Blödfoto für eine Titelseite.
Und wer mit Nordkorea argumentiert, der ist nicht weit weg von der Argumentationslinie, Obama hätte was mit Sozialismus zu tun.
Das heisst natürlich nicht, dass Wikileaks ein Wahrheitsspender ist...
wenn Wikileaks KEIN Scherz ist... ist so ähnlich als würde ich suggestiv fragen ob die Schweiz ein Scherz ist um dann doch besser von der Freiburger Mädchenfeuerwehr befreit zu werden. Das so ein Ding wie Wikileaks nützlich ist, auch wenn's manchmal weh tut dürfte sich mittlerweile herrum gesprochen haben. Würde jede NGO so genau untersucht gäb es keine mehr und von lohnabhängigen Schreibern auf Parteilisten ganz zu schweigen.
Aber doch nicht Wikileaks wird hier in Frage gestellt, sondern Wikileakileaks.
Toll! So was ist dem Freitag und dem Mainstream einen Artikel wert, statt einmal systematisch und detailliert über die Probleme von Whistleblowern in Deutschland zu berichten. Aber die sind halt wohl nicht so hype und schick wie alles rund und ums Eck von Wikileaks.