Die Krux mit dem Datum

Volksentscheid In Berlin dürfen die Bürger über das Tempelhofer Feld abstimmen. Aber wann? Die Regierung nutzt ihre Macht bei der Wahl des Termins. Das sollte per Gesetz verboten werden

Jetzt beginnt das große Bangen. In Berlin war mal wieder ein Volksbegehren erfolgreich, diesmal gegen die Bebauung des ehemaligen Tempelhofer Flughafenareals mitten in der Stadt. Doch nun ist die Initiative für eine Grünfläche auf das Wohlwollen des rot-schwarzen Senats angewiesen, der sich bereits für die Baupläne ausgesprochen hat. Es geht um das Datum des Volksentscheids. Wenn die Bürger im Mai am Tag der Europawahl über die Zukunft des Tempelhofer Felds entscheiden könnten, dann wäre die Beteiligung mit Sicherheit hoch – und die Chancen stünden gut, dass das erforderliche Quorum erreicht wird.

Der Senat kann also das Wahlergebnis erheblich beeinflussen. Und er nutzt diese Macht, das hat man beim Volksentscheid zur Stromversorgung gesehen: Abgestimmt wurde erst im November 2013, obwohl es billiger gewesen wäre, die Bürger im September am Tag der Bundestagswahl entscheiden zu lassen. Am Ende fehlte dem Volksentscheid zum Erfolg nur die Stimmen von einem Prozent der Wahlberechtigten.

„Praktische Kriterien“

Aber was gibt der Regierung dieses Recht, nach eigenem Gusto über die Erfolgschancen eines zur Abstimmung stehenden Bürgervorschlags zu entscheiden? Das ist doch wohl eine Sache des Volkes. Sinnvoll wäre es daher, im Gesetz vorzuschreiben, dass Wahltermine zwingend zusammengelegt werden müssen, wenn sich die Möglichkeit bietet. Das schont den Geldbeutel des Landes und stärkt die direkte Demokratie.

Der Berliner Senat will nun nach „praktischen Kriterien“ über den Termin entscheiden. Aber das ist kein Grund, ihm diese Macht zu überlassen. Auch die „praktischen Kriterien“ lassen sich im Gesetz verankern. So soll etwa ein Feiertag ausgeschlossen werden. Bislang ist das rechtlich möglich, aber dies lässt sich leicht ändern. Zudem soll es nach dem Willen des Senats genügend Zeit für die Diskussion geben. Im Gesetz steht, dass die Abstimmungsunterlagen mindestens 44 Tage vor dem Termin veröffentlicht werden müssen. Es gibt also faktisch eine Mindestfrist, die sich natürlich bequem ändern lässt. Der späteste Termin einer Abstimmung ist ebenfalls schon im Gesetz festgelegt: in der Regel vier Monate nach Feststellung eines erfolgreichen Volksbegehrens.

Wenn das Gesetz geändert wird, sollte auch gleich das Quorum für den Volksentscheid abgeschafft werden. Wenn schon vorher genügend Menschen unterschrieben haben, ist das öffentliche Interesse an einer bestimmten Frage doch hinlänglich belegt. Und ohne Quorum beim Volksentscheid legt der Senat vielleicht ganz von selbst die Wahltermine zusammen – aus Kostengründen.



AUSGABE

Dieser Artikel erschien in Ausgabe 5/14 vom 30.01.2014

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