Deutlicher kann man die Kritik wohl kaum formulieren: „Heute wurde das Menschenrecht auf Asyl für einen Appel und ein Ei verdealt.“ Volker Beck ist grüner Innenpolitiker im Bundestag und empört sich über seinen Parteifreund Winfried Kretschmann. Der hatte als Ministerpräsident Baden-Württembergs mit der Union verhandelt und sich am Ende auf einen faulen Kompromiss eingelassen. Im Bundesrat stimmte er zusammen mit den schwarz-roten Ländern für die Verschärfung des Asylrechts. Anschließend wurde er dafür von seiner Partei mit einem Shitstorm bedacht. Doch hochrangige Grünen-Politiker akzeptieren den Alleingang Kretschmanns – teilweise mit abenteuerlichen Begründungen.
Das Gesetz erklärt Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien zu „sicheren Herkunftsstaaten“. Wer aus diesen Ländern kommt, hat künftig kaum noch Chancen, hierzulande Schutz zu finden. Kretschmann betont zwar gerne, dass man trotzdem Asyl bekommen könne. Das stimmt, aber dazu muss die Verfolgung belegt werden. Und wer flieht, hat andere Probleme, als Beweise für ein späteres Asylverfahren zu sammeln. Was hat Kretschmann im Gegenzug bekommen? Minimale Verbesserungen für in Deutschland lebende Flüchtlinge: mehr Reisefreiheit, leichterer Arbeitsmarktzugang, Geld statt Sachleistungen.
Zugeständnisse kosten nichts
Kretschmann sieht darin „substanzielle Verbesserungen“, für die Flüchtlingsorganisationen seit Jahren kämpften. Seltsam bloß, dass sich bisher niemand bei dem Grünen bedankt hat. Amnesty International spricht jetzt von einem „faulen Kompromiss“, Pro Asyl von einem „fatalen Deal“. Beide Organisationen haben aber auch schon vorher vor einem Ja im Bundesrat gewarnt.
Volker Beck trifft es mit dem Appel und dem Ei ganz gut: Die Zugeständnisse tun der Union nicht weh, sie kosten nichts. Sinnlose Diskriminierung wird zurückgefahren, aber sobald es um Geld geht, bleibt der Deal unkonkret. Über die finanzielle Unterstützung von Ländern und Kommunen soll lediglich „konstruktiv verhandelt“ werden. Ob die Flüchtlinge davon profitieren, ist unklar. Sicher ist hingegen, wer verliert: Tausende, die nicht nach Deutschland dürfen.
Ministerpräsident oder Parteisoldat?
Warum stimmte Kretschmann zu? „In solch schwierigen Situationen muss man auch Verantwortung übernehmen“, sagt er. Die grüne Fraktionschefin im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, verteidigt ihn. Sie sei zwar inhaltlich anderer Meinung, aber „Kretschmann ist in einer anderen Situation, er lebt in einer anderen Verantwortung“. Noch deutlicher wird der grüne Tübinger Oberbürgermeister und Ober-Realo Boris Palmer: „Kretschmann sieht sich zu Recht nicht als Parteisoldat, sondern als Ministerpräsident, der Verantwortung für das gesamte Land zu übernehmen hat.“
Trägt man als Ministerpräsident jetzt also die Verantwortung, alles mitzumachen? In anderen Ländern hatten die Grünen als kleiner Koalitionspartner mehr Rückgrat – selbst wenn sie wie in Hessen mit der CDU regieren.
War es nicht gerade das Versprechen der Grünen, dass sie keinen Unterschied machen zwischen Regierung und Opposition? Kritisieren sie nicht die Linkspartei dafür, dass sie angeblich so unrealistische Forderungen stellt, die später an der Macht nicht umzusetzen sind? Nun sagen Kretschmann, Göring-Eckardt und Palmer selbst: Wer an der Regierung ist, braucht sich an den vorherigen Versprechen nicht messen zu lassen.
Die Realos haben mehr Mut
Leider ist dieses Argument mehr als eine schlechte Ausrede. Viele Politiker denken tatsächlich, sie müssten als Ministerpräsident anders handeln als zuvor. Wer die Mehrheitsgesellschaft hinter sich weiß, traut sich ohnehin eher, gegen die Parteilinie zu verstoßen. Bei den Grünen haben daher die Realos auch immer mehr Mut als die Linken.
Und Winfried Kretschmann sieht seine Zukunft sowieso in Baden-Württemberg, dort muss er demnächst womöglich mit der CDU zusammenarbeiten. Auch wenn er das selbst nicht als ausschlaggebend für sein Ja wahrgenommen hat: Wäre er auf SPD und Linke angewiesen, hätte er sich sicher anders entschieden.
Kommentare 19
Sicher ist hingegen, wer nicht noch zusätzlich belastet wird: die einheimische Bevölkerung.
Hier mal ein Beispel von sehr vielen, ein harmloses noch dazu, weil es nicht um den Oranienplatz, die Gerhard-Hauptman-Schule oder um andere Menschen angreifende Muslime geht.
Manche sind wirklich völlig verwildert. Szenen aus seiner Schule.
Bezeichnend, dass der erste und zur Zeit einzige Kommentar nur die "Belastung" der "einheimischen Bevölkerung" durch Flüchtlinge hervorhebt.
Aber er repräsentiert die Mehrheitsgesellschaft, die Kretschmann, laut Werdermann, hinter sich weiß.
"Wer die Mehrheitsgesellschaft hinter sich weiß, traut sich ohnehin eher, gegen die Parteilinie zu verstoßen. Bei den Grünen haben daher die Realos auch immer mehr Mut als die Linken."
Bestechende Logik: Wer die Mehrheitsmeinung hinter sich weiß, beweist Mut?
Vielleicht sollte die Mehrheitsgesellschaft mal darüber nachdenken, dass es auf Dauer nicht folgenlos bleiben kann, wenn Deutschland der Welt drittgrößter Waffenexporteur ist. Dass diese Waffen entgegen allen Beteuerungen in Krisengebieten eingesetzt werden, denn außerhalb von Krisengebieten benötigt man keine Waffen. Oder sollten die Milliarden die dafür alljährlich bezahlt werden nur zu Dekorationszwecken verpulvert werden?
Wo Waffen eingesetzt werden, gibt es zwangsläufig Tote, Verletzte, Zerstörung - und Flüchtlinge. Die Kinder unter ihnen haben im Krieg und auf der Flucht mehr Elend und Grauen erfahren als die gelangweilten Bier & Chips-TV-Konsumenten in ordentlichen deutschen Wohnstuben sich ausmalen können.
Dass aber die Belastung der einheimischen Bevölkerung durch diese traumatisierten Menschen das größte Problem sei, zeigt, wie verquer die Mehrheitsgesellschaft "denkt".
Und der "Mut" des Realo Kretschmann ist die reale Feigheit vor der Mehrheitsgesellschaft, die in der Friedhofsruhe ihres Gewissens nicht gestört werden will.
wenn man sich die zahlen der anerkennung von menschen aus balkanstaaten als flüchtling in deutschland anguckt, sieht man, dass es unter den ca 25 000 Anträgen nur unter 100 halbwegs positive Antworten von BAMF gab. das liegt sicher auch größtenteils an der resoluten und rechtswidrigen praxis der bearbeitung. von daher sehe ich von der wirkungskraft der neuen regeln keine große neue gefahr her. die menschen werden weiter kommen und vor allem im winter um ein warmes zimmer kämpfen. zudem sind die meißten gut vernetzt und wissen, was auf sie zukommt oder kommen nicht zum ersten mal.
fakt ist jedoch, dass die bundesländer sich nicht hinreichend auf die seit langem prognostizierten steigenden flüchtlingszahlen vorbereitet haben (u.a. Zirndorf).
insofern sehe ich die verhandelten regelungen zur gelockerten residenzpflicht und dem anrecht auf barleistungen als weitaus wertvoller für den alltag des großteils der asylbewerber. ich denke jedoch, dass man durchaus mehr heraushandeln hätte können. zum beispiel die abschaffung der vollverpflegung für erstantragsteller in den ersten maximal 3 monaten oder eine noch unkompliziertere eingliederung in den arbeitsmarkt und mehr deutschlernangebote.
insgesamt ist der kompromiss vielleicht moralisch halbwegs verwerflich aber für den alltag vieler flüchtlinge eher positiv und vereinfachend.
der titel suggeriert erstaunen/entsetzen/entrüstung... warum? wie stellt ihr euch"grüne" vor? die strickenden atomkraftgegner? der erste (unsägliche) kommentar stammt (wahrscheinlich) von einem grünen- und nicht von einem cdu-, spd- oder afdwähler. jetzt gilt es, pfründe zu verteidigen. das sind grüne (größtenteils) heute: gehobene mittelschichtler, die, für ihr leben gern, anderen oberlehrerhaft dinge verbieten und vorschreiben mögen. die realos sind gerade deshalb obenauf, weil sie eben dies widerspiegeln. und weil, äh... gibt es überhaupt noch "fundis" (die was zu sagen hätten)? könnte man auch das thema gentrifizierung nehmen: sie sind nicht dagegen, sondern ein großer teil davon. als profiteure von häuserräumungen nisten sie sich in szene-vierteln ein, wenn die wohnlage stimmt...
Nimmt man den Gedanken der Solidarität ernst, so sollte diese doch allen gesellschaftlich benachteiligten Gruppen gelten, oder etwa nicht? Da ein stark selektiver bzw. selektierender Blick auf die verschiedenen, von der deutschen Politik prekarisierten Menschengruppen im Hinblick auf ein angemessenes gesellschaftliches Miteinander eher kontraproduktive Folgen zeitigt und niemandem gerecht wird, darf ich Sie bitten, fairerweise auch den Kommentar der Nachdenkseiten zu dem von Ihnen verlinkten Artikel aus der Mindener Tageszeitung zu erwähnen:
"...Gewiss, niemand kann behaupten, der Umgang mit den neuen Flüchtlingen sei einfach und gewiss sind die syrischen Bürgerkriegskinder ein ganz besonderer Fall, aber es ist schon erstaunlich, dass im Umgang mit fremdsprachigen Kindern, keine Handlungsanweisungen, keine Konzepte, keine Materialien, kaum Personal gestützt auf die langjährigen Erfahrungen in diversen Bundesländern existieren [Hervorhebung von mir, G. S.. Es ist unfassbar, dass bei jedem neuen Flüchtlingsschub das Rad neu erfunden werden muss. So sollten z.B. in ausreichendem Maße Lehrer zur Verfügung stehen, die über solch eine wichtige Qualifikation wie “Deutsch für Ausländer” verfügen.[Hervorhebung von mir, G.S.] Es ist geradezu absurd, dass es sozusagen ein Glücksfall ist, dass Ellen Usman in obigem Fall über die Qualifikation “Deutsch für Ausländer” verfügt..."
Damit ist ein meiner Ansicht nach ein ausgesprochen neuralgischer Punkt bzw. ein symptomatisches Problem benannt. Es bleibt sehr zu hoffen, daß Herrn Kretschmann bzw. die gesamte Regierungspolitik es ernst meinen mit den angekündigten Verbesserungen für die bereits in Deutschland lebenden Flüchtlinge und umgehend konkrete Maßnahmen zum Abbau u. a. dieser, die Integration für alle Beteiligten erheblich erschwerenden sprachlichen Barriere in pädagogischen und anderen relevanten Kontexten in die Wege leitet.
In diesem Sinne: Çok selamlar!
Von vielen Leuten wurden in den Vergangenen Jahrzehnten für die deutsche Gesellschaft eine Menge Probleme erzeugt, deren Lösung sie beständig von anderen einfordern.
Die wichtigste Erkenntnis berücksichtigten und berücksichtigen diese Leute nicht: '... Was auch immer du tust, tu es klug und bedenke die Folgen. ...'
Übrigens verlinkte ich lediglich auf die Nachdenkseiten und zitierte nichts weiter, jeder mag sich aus dem dort aufgeführten Bericht und dem Kommentar von Orlando Pascheit selbst eine Meinung bilden. Über Orlando Pascheit habe ich aufgrund seiner Kommentare auch eine Meinung, die ich für micht behalte.
Möglicherweise hilft es, wenn man sich von sozialromantischen Vorstellungen, falschen Denkfiguren und wogender Rhetorik befreit.
Wenn Pascheit schreibt: '... So sollten z.B. in ausreichendem Maße Lehrer zur Verfügung stehen, die über solch eine wichtige Qualifikation wie “Deutsch für Ausländer” verfügen. ...', dann möge er bitte berücksichtigen, dass einerseits sich dazu Leute bereitfinden müssen und andererseits die Gesellschaft die Ausbildung bezahlen muss.
Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass wenige Leute der Propaganda von 'Einwanderungsland Deutschland' aufsitzen oder aber gar eine klare Vorstellung davon haben, was wirkliche Einwanderer an Voraussetzungen erfüllen müssen, bevor sie einwandern dürfen, wie das in den USA, Kanada und Australien ist.
Flüchtlinge und Asylsuchende sind jedoch keine Einwanderer. Beiden wird lediglich vorübergehend Schutz vor Verfolgung gewährt. Mehr nicht. Denn eine indirekte 'Einwanderung' brauchen wir nicht. Die Erfahrungen der letzten 50 Jahre sprechen da eine deutliche Sprache und aus Schaden sollte man klug werden. Schon im Interesse der eigenen Kinder, Enkel und Urenkel.
Ich glaube das Wort " verhökern " , ist hier gänzlich fehl am Platze und unangebracht ! Ich denke man ist ganz einfach nur dabei dem kleinen Wörtchen - Recht - , in diesem Lande wieder ein wenig mehr Gewicht zu verleihen !
Es ist halt nur sehr sehr schade , das es niemand mehr sieht und das es niemanden mehr interessiert , wie es dem Volke geht und wie sie damit zurecht kommen , und der Maulkorb dem man dem Volke verleiht ( vorallem bei diesem Thema ) , ja der wird immer größer !! Ich bin gespannt auf unsere Zukunft , die wird turbulent !!!
Entschuldigung , mein erster Beitrag , sollte sich nicht an Sie richten , sondern an den Verfasser !
Von welchem Maulkorb sprechen Sie eigentlich?
Sie verbreiten Ihre völkischen Sorgen beim Freitag (Tendenzbetrieb, irgendwie links) doch vollkommen unbehelligt.
Sie doch auch !
Im Interesse der eigenen Kinder, Enkel und Urenkel dürfte es vielmehr sein, über den Tellerrand eines beschränkt deutsch-nationalen Horizontes hinaus zu sehen. Wenn überhaupt, so werden wir den Herausforderungen der Zukunft meiner Ansicht nach nur unter der Voraussetzung einer wirklichen Kooperationsbereitschaft gewachsen sein, welche nicht mehr in den reduzierten Kategorien bzw. dem beschränkten Horizont von (monolingualen) Einzelstaaten oder Einzelethnien denkt und handelt. Die Menschheit hat sich als Zivilisation historisch weiterentwickeln können, nicht obwohl, sondern weil es zu jeder Zeit kultur-, länder- sowie sprachübergreifenden Kontakt und Wissenstransfer gegeben hat.
Mark Terkessides formuliert es mit seinem Konzept der Interkultur sehr treffend: „'Das Ziel ist eine Evolution der Institutionen im Hinblick auf die neue Vielfalt der Gesellschaft'. Die Vielfalt selbst ist längst Realität. Nur haben wir es bisher versäumt, sie positiv als Ressource in Betracht zu ziehen, um eine tragfähige Antwort auf die Frage zu finden, wie wir nicht nebeneinander, sondern gemeinsam in Zukunft eigentlich leben wollen..."(http://www.goethe.de/lhr/prj/daz/mag/igd/de7010205.htm).
Dieses Verständnis davon, was "Typisch Deutsch" ist (http://www.goethe.de/lhr/prj/daz/mag/igd/de10241926.htm), dürfte wohl viel näher an der Lebenswirklichkeit in unserem Lande und vor allem deutlich zukunftsträchtiger sein als engstirnige Abschottung. Es setzt freilich die Fähigkeit und vor allem die Bereitschaft zum Perspektivwechsel voraus.
PS: Die Möglichkeit zur Qualifikation im Bereich "Deutsch als Fremdsprache/Zweitsprache" existiert in Deutschland seit einigen Jahrzehnten (https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsch_als_Fremdsprache). Die Kosten hierfür werden i. d. R. von denjenigen, die diesen Studiengang bzw. diese berufliche Weiterbildung wählen, selbst getragen.
Wer sich mit der Geschichte der europäischen Völker, Reiche und Staaten befasst, wird schnell feststellen, dass es zwischen den romanischen, germanischen und slawischen Stämmen und Völkern einen Ausstausch gab, aber eben auch die Herausbildung von Nationen. Die Sprach- und Kulturvielfalt ist bereits seit Jahrtausenden eine europäische Realität. Eine andere Realität ist aber auch, dass sich Europa als eigenständiges Gebilde formte. Das kommt auch in der Europäischen Union zum Ausdruck, für deren Bürger Reise- und Niederlassungsfreiheit innerhalb der EU besteht und die deshalb nie 'einwandern', sie ziehen lediglich um, das gilt aber für Nicht-EU-Europäer eben nicht.
Die kulturellen Zentren der alten Welt [China, Indien, Persien, Griechenland, Rom, Altägypten, Babylon] hatten einerseits einen Austausch miteinander andererseits bildeten sie aber auch den Kern für die Herausbildung großer von anderen Kulturen eben gut unterscheidbarer Kulturen.
Künstlich einen Gegensatz zu dieser bekannten gemeinsamen europäischen Kultur- und Geistetsgeschichte zu erzeugen, um jemand anderes in irgendeiner Form herabzusetzen ['beschränkter Horzizont'] zeugt nur von eigener Unkenntnis.
Die europäischen Kulturen standen immer schon mit fortschrittlichen Kulturen in Kontakt. Da muss also weder von Herrn Terkessidis oder anderen das Rad neu erfunden werden. Er und andere arbeiten wohl eher an der eigenen beruflichen Unersetzlichkeit.
Die in den letzten 50 Jahren gegen den Willen der europäischen Bevölkerungen geschaffene Lebenswirklichkeit zeigt sich im Islamismus und seiner anderen Seite, dem Islam. Ein kultureller Rückschritt um Jahrhunderte.
Das kommt auch in der Europäischen Union zum Ausdruck, für deren Bürger Reise- und Niederlassungsfreiheit innerhalb der EU besteht und die deshalb nie 'einwandern', sie ziehen lediglich um, das gilt aber für Nicht-EU-Europäer eben nicht.
Hoffentlich verstehe ich Sie falsch, wenn ich diesen Satz so deute, daß er Menschen aus außereuropäischen Ländern nicht dasselbe Recht auf Freizügigkeit (Artikel 13 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte) einräumt, wie Menschen aus den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Eine solche Ungleichbehandlung entbehrt wohl, zumal in unserer heutigen, global vernetzten Welt, jeder Grundlage.
Künstlich einen Gegensatz zwischen der bekannten gemeinsamen europäischen Kultur- und Geistesgeschichte einerseits (u. a. zurückgehend auf das minoisch-mykenische wie klassische Griechenland, die hellenistischen Reiche, das Imperium Romanum, das Byzantinische Reich...) und deren jahrtausendealten Wechselbeziehungen zu den altorientalischen Hochkulturen (Assyrer, Hethiter, Babylon...) andererseits erzeugt nicht Herr Terkessides. Das Wissen um diesen in allen historischen Epochen existenten Kultur- und Wissensaustausch zwischen Orient und Okzident ist vielmehr Konsens aller modernen althistorischen und altphilologischen Wissenschaften (inkl. der historisch vergleichenden Indogermanistik): "Nicht erst die neuzeitliche Wissenschaft hat es herausgefunden, die Griechen selbst haben gewusst und gesagt, dass viel ihrer Errungenschaften im Orient ihren Ursprung hatte...". So beginnt etwa Albrecht Dihle, Professor für klassische Philologie an der Universität Heidelberg, 2009 seine Vorlesung "Hellas und der Orient. Phasen wechselseitiger Rezeption" am Centrum Orbis Orientalis (CORO), dem Zentrum für semististische und verwandte Studien an der Universität Göttingen (de Gruyter). Einen genuinen Gegensatz von abend- und morgenländischer Kultur und Zivilisation zu konstruieren, hat in meinen Augen weniger mit historischen Tatsachen, als mit Feindbildern zu tun, welche in den gegenwärtigen Konflikten von verschiedensten Akteuren zu je eigenen Zwecken instrumentalisiert werden..
corr.: ... Zentrum für semitistische und verwandte Studien (CORO)
Die EU ist bezüglich der Freizügigkeit der Bürger ihrer Mitgliedstaaten eindeutig. Jeder Mitgliedstaat der EU hat zudem eigene Visa-Bestimmungen. So auch Deutschland.
Die Geschichte der Kulturen und ihres Austausches, als sie als Kulturen existierten, ist eine andere als die der Gegenwartsgeschichte, wie man leicht selbst feststellen kann. Reiche kamen und vergingen. Der erst im 6. Jh. n. Chr. gegründete Islam und der mit ihm untrennbar verbundene Islamismus ist jedoch keine Kultur, sondern eine antizivilisatorische und antiaufklärerische Religion, die überall, wo sie sich ausbreitete, die vorhandenen Kulturen zerstörte, aber gleichzeitig geschichtsfälschend sich als Kulturträger bezeichnet. Nicht rein zufällig wurde vom sich ausbreitenden Islam die Altägyptische Kultur vernichtet. Den Einfluss des Islam auf Ägypten beschrieb Nagib Mafuz, wofür er mit einer Todesfatwa belegt und bedroht wurde. Für die jüngere Gegenwart lese man V. S. Naipaul: Eine islamische Reise. Dort wird der die reichhaltige, alte Kultur einiger südasiatischer Staaten vernichtende Einfluss des Islam beschrieben.
Da wir nun nicht mehr zu Zeiten der Seßhaftwerdung der Menschen leben, mit vor ca. 12.000 Jahren weltweit ca. 1 Million gleichzeitig lebender Menschen, sondern gegenwärtig mit der 7000 fachen Anzahl gleichzeitig lebender Menschen, muss man auch diesen Bedingungen Rechnung tragen, will man halbwegs vernünftig handeln.
Man kann allerdings auch den Kopf in den Sand oder in orientalistische Studien stecken, die eine längst vergangene Zeit beschreiben, und sich irgendwas zusammenreimen. Die Wirklichkeit beugt sich diesen Tagträumen jedoch nicht. Die in Europa vom Islam in ihrer Lebensweise bedrohten Menschen beugen sich auch nicht. Sie sehen, was geschieht, und werden alles tun, das zu verhindern.
Halbwegs vernünftig handeln, genau darauf sollte es hinaus laufen. Was nach meinem Eindruck in Ihren Ausführungen aufscheint, ist v. a. negativ abwehrende Projektion; was ich vermisse, sind positiv formulierte Anliegen, an die sich irgendwie konstruktiv anknüpfen ließe. (Diesbezüglich lasse ich mich gern eines Besseren belehren.) Nach meinen Erfahrungen, die auf seriös gewonnenem (sprach-)historischem Wissen einerseits und meiner regelmäßigen (u. a. therapeutischen) Begegnung mit menschlichen Individuen verschiedenster Herkunft und Glaubensrichtung andererseits beruhen, finden sich Ansätze für ein friedliches und konstruktives gesellschaftliches Miteinander viel einfacher, wenn man den Blick einmal fokussiert auf das, was Menschen verbindet, anstatt ihn rigide zu fixieren auf das vermeintlich so Trennende. Daß (vermutlich auch) Sie und ich in Deutschland geboren wurden, und bspw. nicht in einem Land des Mittleren Ostens, ist nichts als purer Zufall. Freilich ist es jedes Einzelnen eigene Entscheidung, ob er sich in erster Linie als Mensch oder lediglich als Angehöriger einer bestimmten Nation definiert. Überhaupt scheint mir die Frage der eigenen Identität zentral. Augenschaulich fühlen Sie sich in der Ihren deutlich bedroht. Die Frage, warum eigentlich und wodurch genau, müssen Sie selbstverständlich nicht mir, können Sie aber vielleicht einmal sich selbst ehrlich beantworten. Problematisch werden vermeintlich so Andere häufig für diejenigen Menschen, die sich ihrer eigenen Identität am unsichersten sind. Nur für ein fragiles Selbstwertgefühl können andere Lebensentwürfe überhaupt bedrohlich wirken. Die Tragik liegt darin, dass in diesem Zusammenhang oft ein ureigenes Problem zu einem der Mitmenschen gemacht wird, die damit eigentlich nicht das Geringste zu tun haben. (Das läßt sich übrigens in Paul Watzlawicks Anleitung zum Unglücklichsein sehr anschaulich nachlesen ;-) Wer sich selbst so annehmen kann, wie er ist, kann auch andere Menschen (soweit diese sich in den Grenzen allgemein humanistischer Konventionen bewegen) so sein lassen, wie sie sind und sich an der Vielfalt menschlichen Lebens freuen. Und sich darum bemühen, es dort zu schützen, wo es wirklich bedroht ist.
Die Grünen werden sogar ihre Mutter verraten, um 2017 mit der CDU zusammen zugehen.
(ein bisschen mit Verspätung, aber dennoch:) Vielen Dank für diese klaren Worte, Felix Werdermann!
Wenn Politiker Lügen per Ukas a la "[Nun sagen Kretschmann, Göring-Eckardt und Palmer selbst:] Wer an der Regierung ist, braucht sich an den vorherigen Versprechen nicht messen zu lassen." versuchen zu rechtfertigen und - noch viel schlimmer - zu legitimieren, ist das starker Tobak: Nicht nur ist es moralisch-ethisch eine der untersten Schubladen, aus welcher es obendrein auch noch dreist und höhnisch schallt: "Selbst Schuld, Ihr dusseligen Wähler aka Stimmvieh, wenn Ihr unseren Worten vor der Wahl Glauben schenkt." -Es ist auch der Beginn von justiziablem Betrug (Stuttgart 21), offenem Verfassungsbruch (Stuttgart 21) und kommt somit einem Fronatlangriff auf das, was man gemeinhin als Demokratie bezeichnet, gleich.
Die Grünen haben sich in atemberaubendem Tempo bis zur Kenntlichkeit entstellt. Da dürften selbst einige der gelben Turbo-Neu-Liberalen von der FDP im Nachhinein grün werden vor Neid.
MfG-mcmac