Der Koalitionsvertrag in Hessen ist fertig, am Wochenende entscheidet ein Parteitag der Grünen über die Zusammenarbeit mit der CDU. Es sieht gut aus für den grünen Landesvorsitzenden Tarek Al-Wazir: Er könnte in die großen Fußstapfen des Joschka Fischer treten. Die beiden haben mehr gemeinsam, als man vielleicht denkt. Und das verheißt nichts Gutes.
In Hessen gab es die erste rot-grüne Landesregierung Deutschlands, und Fischer war darin Umweltminister. Fast 30 Jahre später kann Al-Wazir wieder Historisches vollbringen: Er wird wohl die Machtoptionen der Grünen weiter ausbauen durch das erste schwarz-grüne Bündnis in einem Flächenland.
Von links unten nach rechts oben
Al-Wazir soll Wirtschafts- und Verkehrsminister werden, er könnte sich dann um das hessisch-grüne Herzensthema Flughafenlärm kümmern. Aber was folgt dann? Es ist davon auszugehen, dass er in die Bundespolitik aufsteigt wie einst Joschka Fischer. Leider sind auch die bekannten Nebenwirkungen nicht auszuschließen: Ausverkauf der politischen Ideale, Kungelei mit dem politischen Gegner.
Natürlich gibt es keinen Automatismus, aber es gibt Strukturen, die einen Aufstieg wie den von Fischer begünstigen: von links unten nach rechts oben.
Außenseiter sind besonders anfällig für den Glanz der Macht. Fischer als alter Sponti wurde lange von der politischen Klasse ausgegrenzt. In gerigerem Ausmaß trifft das auch auf Al-Wazir mit seinem Migrationshintergrund zu. Muss es für ihn nicht eine Genugtuung sein, von den Konservativen endlich als vollwertiger Partner anerkannt zu werden? Von einer hessischen CDU, die noch vor wenigen Jahren Wahlkampf gegen Ausländer machte?
Kühler Machtinstinkt
Natürlich gehört auch kühler Machtinstinkt dazu, die kritische Basis auf die neue Koalition mit dem einstigen politischen Erzfeind einzuschwören. Die Parteiführung in Berlin wird genau registrieren, ob Al-Wazir das gelingt. Dann hätte er sich zweifellos für höhere Aufgaben qualifiziert.
Joschka Fischer verantwortete als Außenminister den ersten deutschen Auslandskrieg nach 1945. Es bleibt zu hoffen, dass Al-Wazir es mit seinen politischen Überzeugungen etwas genauer nimmt.
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