Es ist die größte Einstellungswelle im Innenministerium seit der Wiedervereinigung Deutschlands, 24 Volljuristenstellen sind zu vergeben. Normalerweise läuft das Bewerbungsverfahren nach streng formalisierten Regeln, ein geräuschloser Vorgang. Doch diesmal spielt offenbar auch das Parteibuch eine Rolle. Laut einem Bericht der Welt werden bei der Auswahl Unions-Mitglieder und Bewerber mit Verbindungen zur unionsnahen Konrad-Adenauer-Stiftung bevorzugt.
Im Ministerium unter der Fuchtel von CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich sollen für die fragwürdige Personalpolitik zwei langjährige CDU-Mitglieder verantwortlich sein. Laut Bericht weiß Friedrich seit einigen Wochen von der Kritik an der Auswahlpraxis. Ist das seine Vorstellung von Familienpolitik, wie sie seine CSU-Kollegen in Bayern bloß für enge Verwandte praktizieren?
Demokratie in Schieflage
Sollten die Vorwürfe stimmen, wiegen sie noch schwerer als die Mauscheleien der bayerischen Landtagsabgeordneten. Die Parlamentarier müssen sich auf ihr Mitarbeiter persönlich wie politisch verlassen können. Vielleicht sind da Familienangehörige in manchen Fällen tatsächlich die erste Wahl.
Vor allem aber schadet eine unqualifiziert besetze Mitarbeiterstelle bei einem CSU-Abgeordneten der Partei, während eine politisch besetze Beamtenstelle im Ministerium die gesamte Demokratie in Schieflage bringt. Wenn Behörden von einer einzigen politischen Familie dominiert werden, kann von einem fairen Wettbewerb der Parteien nicht mehr gesprochen werden. Erschwerend kommt hinzu, dass Beamte auf Lebenszeit im Ministerium arbeiten, wohingegen die Abgeordneten ihre Mitarbeiter nur für die Zeit ihrer Parlamentstätigkeiten beschäftigen.
Klare Kriterien umgangen
Eigentlich gibt es für die Besetzung von Ministeriumsstellen klare Regeln. So soll es auch im Innenministerium zunächst gelaufen sein. Das Bundesverwaltungsamt hat sich 470 Bewerber angesehen und anhand eines festen Kriterienkatalogs eine Rangliste erstellt. Entscheidend waren dabei etwa die Noten der juristischen Staatsexamen, Sprachkenntnisse, Zusatzqualifikationen, Auslandserfahrungen und das soziale Engagement.
Die 80 Juristen, die ins Assessmentcenter eingeladen wurden, waren jedoch laut Welt nicht diejenigen, die in der Rangliste ganz oben standen. Einige Parteimitglieder und Freunde der Konrad-Adenauer-Stiftung wurden einfach gesetzt. Am Ende hatten rund die Hälfte der 24 ausgewählten Bewerber den gewünschten politischen Hintergrund. Das Bewerbungsverfahren ist jedoch noch nicht abgeschlossen, Friedrich kann also noch eingreifen.
Ministerium streitet ab
Das Ministerium streitet die Vorwürfe jedoch komplett ab. Es habe „keine Unregelmäßigkeiten beim Auswahlverfahren“ gegeben, erklärte das Ministerium. Und: „Parteimitgliedschaften spielen bei Einstellungsverfahren im BMI keine Rolle.“
Fragt sich nur, warum die Behindertenbeauftragte in einer eidesstattlichen Versicherung das Gegenteil behauptet. Sie hatte dagegen geklagt, dass sie bei der Einstellungspraxis umgangen wurde – angeblich auch vom Personalrat. Vor Gericht hat sie gewonnen. Sollte die Auswahl der 24 Personen nicht noch einmal geändert werden, muss sich das Innenministerium auf eine Klagewelle gefasst machen. Die abgelehnten Juristen wissen schließlich Bescheid, wie so etwas geht.
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