Eine Keksdose gegen die NSA

Spionageschutz Die Landesminister in Mainz haben ihr Handy in eine Dose gesteckt, um nicht abgehört zu werden. Andere Politiker schwören auf den Kühlschrank. Aber was hilft wirklich?
Ausgabe 25/2014
Abhörschutz Unterleib. Zuverlässige Studien zur Wirksamkeit stehen aus
Abhörschutz Unterleib. Zuverlässige Studien zur Wirksamkeit stehen aus

Foto: Government Ministry/ AFP/ Getty Images

Spielt die Wegwerfgesellschaft der NSA in die Hände? Alle Lebensmittel werden einzeln verpackt; Wiederverwendbares wie Baumwolltasche, Glasgefäß und Blechdose ist dagegen vom Aussterben bedroht – gäbe es da nicht ein paar Datenschützer.

Während in Berlin noch über die Konsequenzen aus dem NSA-Skandal diskutiert wird, greift die rot-grüne Landesregierung von Rheinland-Pfalz bereits zur Cyber-Selbstverteidigung. Um die Gespräche am Kabinettstisch abhörsicher zu machen, wurde auf die gute alte Keksdose zurückgegriffen: Handy aus, Handy rein, Deckel zu. Das soll wie ein Faradayscher Käfig wirken und die Geräte gegen elektromagnetische Wellen abschirmen. Denn auch ausgeschaltete Handys können aus der Ferne als Wanze missbraucht werden.

Muss der Akku raus?

Kämpfen wir also bald alle mit der Keksdose gegen Geheimdienste? Vom Grünen-Politiker und inoffiziellen NSA-Chefaufklärer Hans-Christian Ströbele ist bekannt, dass er sein Handy schon mal in den Kühlschrank legt. Und die Antifa wusste sich schon vor Jahren gegen staatliche Spitzelei zu wehren, indem bei konspirativen Treffen alle Teilnehmer den Akku aus ihrem Handy nahmen. Nur was hilft denn wirklich?

Wer staatlichen Einrichtungen in solchen Fragen noch Glauben schenkt, kann sich beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie erkundigen. Mit der Keksdose könne das Abhörrisiko „unter bestimmten Umständen“ zwar „gemindert sein“, heißt es dort. „Darauf allein sollte man sich jedoch nicht verlassen, wenn Gespräche vertraulich bleiben sollen.“ Ähnlich ist es beim Kühlschrank: Durch die Kälte könne die Zellenspannung des Akkus sinken, das führe möglicherweise zu Fehlfunktionen des Handys. Die Antifa-Methode ist sicherer: „Den Akku zu entfernen würde gegen ungewolltes Abhören schützen, ist aber eher umständlich“ – zumal dies bei vielen neuen Modellen technisch nicht möglich ist.

Das Bundesamt empfiehlt daher eine einfache, eigentlich auch ziemlich naheliegende Lösung für das Abhörproblem: Das Gerät gar nicht erst in den Besprechungsraum nehmen. Einzige Nebenwirkung: Wer sein Handy zu Hause lässt, erscheint den Sicherheitsbehörden wiederum besonders verdächtig und kann deswegen auch mal verhaftet werden, wie etwa der Fall Andrej Holm vor wenigen Jahren gezeigt hat.

Und die Landesregierung in Mainz? Ist jetzt von der Keksdose übergegangen zum „Metallschränkchen mit Schubladen für jeden Minister“. Zudem wird die Anschaffung von besonders sicheren Kryptohandys geprüft. Dann wünschen wir fröhliches Konferieren!

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