Reich bleibt reich, und arm bleibt arm. Damit sich daran auch in Zukunft nichts ändert, beschließt die Bundesregierung nun eine Mini-Reform der Erbschaftsteuer. Wenn ein Familienunternehmen weitergegeben wird und ein paar Jobs beibehalten werden, geht der Staat, und damit die Allgemeinheit, weiterhin leer aus. Bloß die Auflagen will Finanzminister Wolfgang Schäuble ein bisschen verschärfen.
Damit verpasst er die Gelegenheit, das Erbschaftsrecht wirklich zu reformieren und für mehr Gerechtigkeit in der Gesellschaft zu sorgen. Er macht stattdessen nur das Mindeste, also nur so viel, dass das Bundesverfassungsgericht zufrieden ist. Die Karlsruher Richter hatten eine Ungleichbehandlung moniert: Seit 2009 sind einige Firmenerben komplett von der Steuer befreit, andere Erben müssen zahlen.
Wo sind die armen Erben?
Der Witz an dieser Regelung, die nun im Kern bestehen bleibt: Eigentlich sollen dadurch Arbeitsplätze in den vererbten Unternehmen gesichert werden, doch in Wirklichkeit kommt der Jobverlust offenbar gar nicht vor. Die Lobbyisten, von Industrie- und Handelskammern bis zum Verband der Familienunternehmer, jammern zwar seit Monaten, dass die Belastungen ohne die Befreiung zu hoch seien. Die taz hat sich jedoch die Mühe gemacht und herumtelefoniert – auf der Suche nach einer Person, die vor 2009 ihre Firma unter der Erblast verkauft oder gar Insolvenz angemeldet hat.
Ergebnis: Von den 15 Verbänden und Handwerkskammern konnte niemand auch nur einen gefrusteten Ex-Unternehmer nennen. Dabei müssten sie ein großes Interesse daran haben, so eine Geschichte in die Medien zu bringen, als Illustration für die angebliche Gefahr. Wenn sie niemanden haben, liegt eines nahe: Es gibt niemanden.
Selbst wenn es anders wäre, muss man deshalb die Unternehmen nicht von der Steuer befreien. Sinnvoller wäre ein Modell, das unter anderem vom SPD-Linken Ralf Stegner vertreten wird: Erben können ihre Steuer begleichen, indem sie dem Staat Anteile am Unternehmen verkaufen, der Staat wird also Miteigentümer. So ist gesichert, dass die Firma nicht leidet, gleichzeitig aber auch die Gesellschaft profitiert.
Eigentlich sollte aber nicht über Ausnahmen diskutiert werden, sondern über deutlich höhere Erbschaftsteuern.
Kommentare 6
>Eigentlich sollte aber nicht über Ausnahmen diskutiert werden, sondern über deutlich höhere Erbschaftsteuern.<
nein, lieber felix, wo leben wir denn? mitten im fetten kapitaalland. und das nennt sich leistungsgesellschaft. jedem und jeder wird präzise zugeteilt, was ihrer oder seiner leistung entspricht. oder was heißt leistungsgesellschaft?
sich eine dicke erbschaft zu verdienen durch - erbigkeit, muss angemessen belohnt werden. was rechtsstaat ist, muss rechtsstaat bleibigen...
Das K.O. Argument "Arbeitsplatz" wird als Alibi genommen und immer und immer mißbraucht. Dynastien, Sippen & Co. sind heilige Kühe. Manche werden verherrlicht, ja, angebetet. Da ist nix zu machen. Die darin völlig verstrickte Politik tut schon gar nichts. Lebt sie doch von Selbigen. Der alles tragende, berühmt-berüchtigte "Mittelstand" ist unantastbar. Bei der systemischen Organisationstheorie kann man oft merkwürdige Prozesse des familiären "Weiter so" finden. Oft ist es der klassische 3-Schritt der Generationen: Großvater, der Gründer - Vater, der zur Blüte Treiber - Sohn der loser; Aufstieg-Höhepunkt-Niedergang! Ja, es ginge auch anders. Doch, das will hier niemand. Familien-unternehmensnachfolge, ein gigantischer Markt für Berater. Bleiben wir schön artig, also das, was wir gemacht worden sind. Es macht uns nix aus, dass manch einer einfach per Geburt ins Schlaraffenland fällt. Glück gehabt. Und der andere, der ins Hartz IV-Land fällt. Pech gehabt. Keiner von beiden wurde je gefragt. Alles gottgewollt. Ganz einfach. Viel Spaß!
Danke für den Beitrag.
Es war zu erwarten, dass insbesondere die Familienunternehmer, unsere deutschen Oligarchen, und deren politische Freunde bei der anstehenden Erbschaftssteuerkorrektur aus allen Rohren schießen werden, und dann auch die Gabriel-SPD einknickt. Zu anderer Gelegenheit singen sie ebenso inbrünstig das hohe Lied des Leistungsprinzips. Nur: Erben ist keine Leistung! Eine Erbschaft ist ein "unverdientes" Vermögen! Und in der bayerischen Verfassung ist verankert: „Die Erbschaftssteuer dient auch dem Zwecke, die Ansammlung von Riesenvermögen in den Händen einzelner zu verhindern.“ (Art. 123 Abs. 3) Schon mal davon gehört, Herr Seehofer? Scheint die Politik weiterhin ignorieren zu wollen! Mein Tip: Hören Sie mal an, was Sigismund Ruestig dazu auf YouTube gesagt bzw. gesungen hat: http://youtu.be/0zSclA_zqK4 http://youtu.be/-5X2P5J6MiA http://youtu.be/QqoSPmtOYc8 Und was sagt der Bundestag dazu? http://youtu.be/QGOx8I0COYg Viel Spaß beim Anhören!
>>…Sohn der loser…<<
Sagen wir mal so: Die Enkelgeneration verkauft den Laden an den meistbietenden Konzern. Ist halt nur dumm, wenn keiner kaufen will. Dann bleibt nichts Anderes übrig als Geld rauszuziehen bis zum Konkurs.
Natürlich gibt es Ausnahmen: Zum Beispiel, dass erst die Urenkel verkaufen.
Und dann noch die Ausnahme in Mondragon, aber das will man lieber nicht so genau wissen.
>>Damit verpasst er die Gelegenheit, das Erbschaftsrecht wirklich zu reformieren und für mehr Gerechtigkeit in der Gesellschaft zu sorgen.<<
Ich denke nicht, dass der Schäuble etwas verpasst: Der gehorcht den Privatprofitlobbyisten aufs Wort.