Erben, ohne zu sterben

Geld Die Regierung beschließt eine Mini-Reform. Weiterhin zahlen viele Firmenerben keine Steuer, die Allgemeinheit geht leer aus. Dabei ließen sich Jobs auch anders sichern
Ausgabe 28/2015
Nicht über Ausnahmen, sondern über höhere Erbschaftsteuern sollte diskutiert werden
Nicht über Ausnahmen, sondern über höhere Erbschaftsteuern sollte diskutiert werden

Foto: Bonn Sequenz/Imago

Reich bleibt reich, und arm bleibt arm. Damit sich daran auch in Zukunft nichts ändert, beschließt die Bundesregierung nun eine Mini-Reform der Erbschaftsteuer. Wenn ein Familienunternehmen weitergegeben wird und ein paar Jobs beibehalten werden, geht der Staat, und damit die Allgemeinheit, weiterhin leer aus. Bloß die Auflagen will Finanzminister Wolfgang Schäuble ein bisschen verschärfen.

Damit verpasst er die Gelegenheit, das Erbschaftsrecht wirklich zu reformieren und für mehr Gerechtigkeit in der Gesellschaft zu sorgen. Er macht stattdessen nur das Mindeste, also nur so viel, dass das Bundesverfassungsgericht zufrieden ist. Die Karlsruher Richter hatten eine Ungleichbehandlung moniert: Seit 2009 sind einige Firmenerben komplett von der Steuer befreit, andere Erben müssen zahlen.

Wo sind die armen Erben?

Der Witz an dieser Regelung, die nun im Kern bestehen bleibt: Eigentlich sollen dadurch Arbeitsplätze in den vererbten Unternehmen gesichert werden, doch in Wirklichkeit kommt der Jobverlust offenbar gar nicht vor. Die Lobbyisten, von Industrie- und Handelskammern bis zum Verband der Familienunternehmer, jammern zwar seit Monaten, dass die Belastungen ohne die Befreiung zu hoch seien. Die taz hat sich jedoch die Mühe gemacht und herumtelefoniert – auf der Suche nach einer Person, die vor 2009 ihre Firma unter der Erblast verkauft oder gar Insolvenz angemeldet hat.

Ergebnis: Von den 15 Verbänden und Handwerkskammern konnte niemand auch nur einen gefrusteten Ex-Unternehmer nennen. Dabei müssten sie ein großes Interesse daran haben, so eine Geschichte in die Medien zu bringen, als Illustration für die angebliche Gefahr. Wenn sie niemanden haben, liegt eines nahe: Es gibt niemanden.

Selbst wenn es anders wäre, muss man deshalb die Unternehmen nicht von der Steuer befreien. Sinnvoller wäre ein Modell, das unter anderem vom SPD-Linken Ralf Stegner vertreten wird: Erben können ihre Steuer begleichen, indem sie dem Staat Anteile am Unternehmen verkaufen, der Staat wird also Miteigentümer. So ist gesichert, dass die Firma nicht leidet, gleichzeitig aber auch die Gesellschaft profitiert.

Eigentlich sollte aber nicht über Ausnahmen diskutiert werden, sondern über deutlich höhere Erbschaftsteuern.

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