Endlich wissen wir, wieviel unser europäischer Pass wert ist: 650.000 Euro. So teuer wird es für Nicht-EU-Ausländer, wenn sie in Malta eine Staatsbürgerschaft kaufen wollen. Das Parlament des Inselstaats hat am Dienstag beschlossen, dass dies künftig möglich werden soll. Die Opposition ist empört und es gehören keine großen hellseherischen Fähigkeiten dazu, um zu wissen: Auch in Deutschland werden sich Politiker, Journalisten und Bürger aufregen. Aber was ist an dem Vorschlag eigentlich so verkehrt?
Betrachten wir das Kaufangebot zunächst ganz pragmatisch: Die Käufer bekommen ein besseres Leben, Malta neue Einnahmen. Es ist eine win-win-Situation. Warum also nicht? Wenn nun andere EU-Staaten bemängeln, dass auf ihre Kosten die EU-Bürgerschaft verscherbelt wird, muss man ihnen sagen: Wer sich 650.000 Euro leisten kann, wird wohl kaum Sozialhilfe in Anspruch nehmen. Zudem hat Malta wegen seiner geografischen Lage mehr Kosten bei der Flüchtlingsaufnahme zu tragen. Ein Ausgleich wäre also angebracht.
Wo ist der Unterschied zu Deutschland?
Generell stellt sich natürlich die Frage, ob eine Staatsbürgerschaft käuflich sein sollte. Setzt sich diese Praxis international durch, wird die Welt aus lauter Staaten mit jeweils eigenen Eintrittspreisen bestehen. Nichts ist dann noch kostenlos. Das Prinzip der käuflichen Staatsbürgerschaft stellt daher sicherlich keine befriedigende Lösung dar. Trotzdem ist die Empörung über das maltesische Angebot falsch.
Bereits heute kommen reiche Menschen fast überall hin. Mit genügend Geld erhält man in beinahe allen Ländern Visa, in den USA gibt es die Greencard für Investoren, und auch im deutschen Aufenthaltsgesetz ist geregelt, dass Investoren einreisen dürfen, wenn es der Wirtschaft nützt. Wo ist der Unterschied zum maltesischen Angebot? Höchstens noch, dass die reichen Menschen dort nicht gezwungen werden, zu investieren – was von der Opposition bemängelt wird.
Weder Feudalismus noch Kapitalismus
Jetzt kann man natürlich das ganze System – samt Visa, Greencard und Aufenthaltsgesetz – verurteilen. Was wäre die Konsequenz? Der Pass würde zum alleinigen Kriterium für die Einreise in ein Land, man verträte eine zutiefst nationalistische Position. Es ist zwar nicht richtig, Menschen auszuschließen, weil sie zu wenig Geld haben – es ist aber auch nicht richtig, Menschen auszuschließen, weil sie im falschen Land geboren wurden.
Privilegien qua Geburt, das ist Feudalismus. Privilegien gegen Geld, das ist Kapitalismus. Beide Systeme sind ungerecht.
Kommentare 6
Wo habe ich geschrieben, dass ich es gut finde? Ich habe zum Beispiel geschrieben, dass es "keine befriedigende Lösung" ist. Ich finde nur die Empörung merkwürdig, denn die Alternative ist auch nicht gut. Beides ist ungerecht.
Sehr logisch und einleuchtend ausgeführt, Sie haben absolut recht. Dass es nun möglich ist, sich die maltesische Staatsbürgerschaft zu erkaufen, unterscheidet sich nicht großartig von der Situation in anderen EU-Staaten, auch nicht in Österreich, der Unterschied ist allerdings der, dass Malta jetzt explizit ein Preisschild an den Pass gehängt hat. Insofern ist deren System sogar ehrlicher.
Bietet das nicht Estland an: Immobilienverkauf mit der Koppelung der Staatsangehörigkeit, die für die EU Geltung hat und vorwiegend von sehr reichen Chinesen in Anspruch genommen wird?
"Beides ist ungerecht"
Sie beziehen aber auch keine Stellung zu einer wirklichen Alternative. Sie tun so, als könne es gar nicht anders gehen, wobei eben Staatsbürgerschaft gegen Geld noch die bessere Alternative sei. Ihr Artikel laviert ohne klare Aussage.
Siehe:
"Es ist zwar nicht richtig, Menschen auszuschließen, weil sie zu wenig Geld haben – es ist aber auch nicht richtig, Menschen auszuschließen, weil sie im falschen Land geboren wurden."
Man muss etwas ja nicht gut finden, nur weil man die Empörung darüber falsch findet. Eigentlich wirds doch im letzten Absatz gut beschrieben: Ich finde die beiden vorher beschriebenen Arten, die Einwanderung zu regeln, falsch.
Na, die Alternative wäre etwa die Öffnung der Grenzen: https://www.freitag.de/autoren/felix-werdermann/ein-zynischer-minister