Obergrenze? Nein Danke!

Asylpolitik Soll die Aufnahme von Flüchtlingen begrenzt werden? Eine Höchstzahl ist rechtlich und praktisch schwierig – und zutiefst unmenschlich
Wir müssen leider draußen bleiben?
Wir müssen leider draußen bleiben?

Foto: Joe Klamar / AFP

Auf den ersten Blick sieht es nach einer einfachen Lösung aus: Die Aufnahme der Flüchtlinge wird begrenzt, eine Zahl wird festgelegt, dann ist die Sache geklärt. Doch eine Obergrenze, wie sie Österreich nun einführen will und die CSU seit Wochen für Deutschland fordert, bringt in Wirklichkeit jede Menge an rechtlichen und praktischen Problemen mit sich. Und sie ist zutiefst unmenschlich.

Rechtlich ist die Sache klar: Asyl ist ein Menschenrecht. Wer verfolgt wird, muss Schutz bekommen. Die Staaten dürfen nicht einfach die Grenze dicht machen – jedenfalls, wenn sie sich an die von ihnen unterzeichnete Allgemeine Erklärung der Menschenrechte halten. Der Anspruch auf Asyl ist übrigens auch in der europäischen Grundrechtecharta und dem deutschen Grundgesetz verankert.

Insofern ist es auch kein Wunder, dass die höchsten Richter vor einer Obergrenze warnen. Der Präsident des Europäischen Gerichtshofs, Koen Lenaerts, sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung: „Immer wenn jemand asylberechtigt ist, hat er nach dem Unionsrecht das Anrecht darauf, als Flüchtling anerkannt zu werden. Das ist schwer vereinbar mit irgendeiner Zahl oder Obergrenze.“ Und der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, sagte dem Deutschlandfunk: Die Politik könne zwar die gewünschte Zuwanderung begrenzen, das Asylrecht dagegen gelte für „jedermann“.

Der Diskurs verschiebt sich

Auch praktisch ist unklar, wie eine Obergrenze umgesetzt werden könnte. Wird die Grenze dichtgemacht, nachdem die erlaubte Zahl an Flüchtlingen erreicht wurde? Soll ausgelost werden, wer reindarf und wer nicht? In Österreich soll nun ein juristisches Gutachten verschiedene Optionen prüfen. Zuvor hatten Medien berichtet, die Regierung denke über Wartezonen im Grenzgebiet nach.

Auch wenn die Obergrenze am Ende wohl nicht so kommen wird, wie sich das die Abschottungs-Hardliner vorstellen: Sie wird vielleicht etwas abgewandelt und macht dann ebenfalls vielen Flüchtlingen das Leben schwer. Und sie ist hoch problematisch, weil sie den öffentlichen Diskurs verschiebt. Es wird nur noch darüber diskutiert, wie man möglichst viele Menschen davon abhalten kann, zu uns zu kommen. Aus welchen Gründen sie fliehen, welche Schicksale sie erlitten haben, in welcher Armut sie leben – all das interessiert nicht mehr.

Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen. Und wer seine Politik konsequent danach ausrichten will, muss sich auch fragen, warum man EU-Bürger einreisen lässt, Menschen aus Syrien oder Afrika jedoch nicht. Dafür gibt es keine vernünftige ethische Begründung. Wer echte Gleichbehandlung will, muss die Grenzen öffnen, für alle. Das ist menschlich geboten – und eine einfache Lösung noch dazu.

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