Gabriel allein zu Haus

TTIP Der Bundeswirtschaftsminister präsentiert eine Alternative zu den privaten Schiedsgerichten im Freihandelsabkommen. Doch sein Vorschlag hat keine Chance
Ausgabe 09/2015
Ist Gabriels Initiative also nur ein Täuschungsmanöver, um die Kritiker zu besänftigen?
Ist Gabriels Initiative also nur ein Täuschungsmanöver, um die Kritiker zu besänftigen?

Foto: Odd Andersen/AFP/Getty Images

Für die Kritiker des Freihandelsabkommens TTIP sieht es auf den ersten Blick wie ein Erfolg aus. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel will die bislang im Vertrag vorgesehenen privaten Schiedsgerichte ersetzen durch einen internationalen Investitionsgerichtshof. Auch das CETA-Abkommen mit Kanada soll entsprechend geändert werden. Die Idee ist nicht schlecht, aber sie führt leider nicht weiter. Denn faktisch hat der Vorschlag keine Chance. Am Ende wird Gabriel nichts anderes übrig bleiben, als trotzdem TTIP und CETA zuzustimmen.

Die privaten Schiedsgerichte sind wohl der größte Streitpunkt in der Diskussion über die Freihandelsverträge. Konzerne könnten dann Staaten verklagen, wenn sie durch Gesetze ihre Profite geschmälert sehen. Was sich Gabriel mit anderen europäischen Sozialdemokraten überlegt hat, klingt fast revolutionär: Ein neues Gericht soll „öffentlich-rechtlich gebunden“ sein, die Richter werden von den Staaten benannt, die Konfliktparteien können in Berufung gehen, es gibt mehr Transparenz, und vorher von nationalen Gerichten gefällte Urteile dürfen nicht aufgehoben werden.

Erste Fragen kommen auf, wenn es heißt, dass ausländische Investoren nicht besser gestellt werden sollen als inländische. Wird das funktionieren? Ausländische Unternehmen können entscheiden, ob sie lieber vor einem nationalen oder dem internationalen Gericht klagen. Die heimischen Firmen haben nur eine Option.

Fraglich ist aber vor allem, was passiert, wenn andere Staaten gegen Gabriels Ideen sind. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström sagte schon, dass sich die Ideen nicht so schnell umsetzen ließen. Der CETA-Vertrag ist bereits zu Ende verhandelt, bei TTIP sind die Diplomaten auch schon weit. Ist Gabriels Initiative also nur ein Täuschungsmanöver, um die Kritiker zu besänftigen? Wahrscheinlich hat er den Vorschlag sogar ernst gemeint. Trotzdem: Gabriel ist ohne Chance, ihm fehlt das Druckpotenzial. Ständig betont er, wie wichtig CETA und TTIP doch seien. Daher wissen alle: Gabriel wird nichts blockieren.

Und selbst wenn es gelingen sollte, die privaten Schiedsgerichte zu verhindern, würden mit CETA und TTIP immer noch Verbraucher- und Umweltstandards gesenkt. Die Gegner sollten also weiterkämpfen.

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