Hört auf mit dem Tricksen!

AfD Minderheitenrechte gelten auch für Demagogen. Leider wollen das im Stuttgarter Landtag manche nicht wahrhaben
Ausgabe 41/2016
Faules Spiel in Stuttgart?
Faules Spiel in Stuttgart?

Bild: picture-alliance/dpa

Es ist ein Trauerspiel. Die AfD-Politiker im Stuttgarter Landtag nutzen ihre Rechte, während die Abgeordneten der übrigen Parteien das nicht akzeptieren – und tricksen, was das Zeug hält. Zwar ist es ärgerlich, wenn sich ein Untersuchungsausschuss mit einer angeblichen Gefahr durch „Linksextremismus“ befassen muss und den Abgeordneten die Zeit für wichtige Themen fehlt. Aber geltendes Recht gilt eben auch für Demagogen. Wer sich darüber hinwegsetzt und Minderheitenrechte aushebelt, gefährdet Demokratie und Rechtsstaat.

Trickst die AfD? Die Fraktion hat sich gespalten und die Abgeordneten konnten einen Untersuchungsausschuss beantragen, weil dafür zwei Fraktionen nötig sind (oder 25 Prozent der Landtagsmitglieder). Rechtsmissbrauch ist dies aber nicht, schließlich gab es einen echten Streit in der AfD. Man könnte noch argumentieren, dass die Wiedervereinigung der beiden Fraktionen verzögert wurde, um vorher noch den Untersuchungsausschuss beantragen zu können. Das ist aber Spekulation und wird sich wohl kaum nachweisen lassen. Inzwischen haben sich die Fraktionen auch wieder zu einer zusammengeschlossen.

Als "Klarstellung" verkauft

Am Donnerstag soll der Ständige Ausschuss über den Untersuchungsausschuss entscheiden. Zwar ist es komisch, wenn zugestimmt wird, obwohl es jetzt nur noch eine AfD-Fraktion gibt. Aber es wäre auch komisch, wenn ein schon gestellter Antrag nachträglich unwirksam wird. Sollte er abgelehnt werden, wird die AfD dagegen vermutlich klagen.

Die anderen Parteien haben schon vor der AfD-Fusion getrickst. Sie vertreten die Ansicht, dass zwei Fraktionen nur dann auch als zwei Fraktionen gelten, wenn die Mitglieder über zwei unterschiedliche Parteilisten gewählt wurden. Weil das bislang aber nirgends steht, wurde kurzerhand das Gesetz geändert, was in der Begründung als „Klarstellung“ verkauft wurde. Doch das verdeckt nur das widersprüchliche Handeln. Entweder war das Gesetz schon eindeutig, dann hätte es der Änderung nicht bedurft. Oder es war uneindeutig, dann muss im Zweifel für die AfD entschieden werden. Das Gesetz wurde auch erst geändert, nachdem die AfD-Fraktionen den Antrag gestellt haben. Rückwirkend gilt es nicht. Die anderen Fraktionen behaupten jedoch, entscheidend sei der Zeitpunkt, an dem über den Antrag entschieden werde.

Diese Tricksereien müssen aufhören. Die AfD sollte ihren Ausschuss bekommen und dann im Gesetz die unsinnige Regel mit zwei Fraktionen gestrichen werden. Es sollte immer eine Mindestzahl an Abgeordneten brauchen, egal welcher Fraktion. Zum Ausgleich ließe sich die Grenze von derzeit 25 Prozent senken. Beim nächsten Mal wird dann alles besser.

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