Grauenhafte Aufnahmen von Tierquälerei in deutschen Ställen gibt es immer wieder; nun geht die Politik endlich dagegen vor – allerdings auf sehr eigentümliche Weise. Die Große Koalition will die Bilder verhindern, indem sie den filmenden Tierschützern das Leben schwer macht. „Wir wollen Einbrüche in Tierställe als Straftatbestand effektiv ahnden“, heißt es im Koalitionsvertrag von Union und SPD. Eine Portion Selbstironie gehört schon dazu, wenn diese Ankündigung dann unter dem Titel „Deutschland soll beim Tierschutz eine Spitzenposition einnehmen“ zu finden ist.
Tierschützer rätseln nun, was dieser Satz konkret bedeuten soll. Ein neues Gesetz? Werden Einbrüche in Ställe bald härter bestraft als die in Wohnhäuser? Würde damit die Privatsphäre der Tiere nicht höher bewertet als die der Menschen? Besonders verwirrend: Die Tiere in den Ställen freuen sich wahrscheinlich sogar über den nächtlichen Besuch.
Vielleicht dient dieser Satz aus der Koalitionsvereinbarung auch lediglich der Befriedigung von Lobbyinteressen. Der Deutsche Bauernverband empört sich schon seit Jahren über heimliche Recherchen von Tierschützern – statt dafür zu sorgen, dass zumindest die eigenen Funktionäre in ihren Betrieben gewisse Mindestanforderungen an die Haltungsbedingungen erfüllen. Vor eineinhalb Jahren kamen verstörende Aufnahmen aus dem Familienbetrieb von Johannes Röring ans Licht. Röring ist CDU-Bundestagsabgeordneter und Bauernverband-Lobbyist (gleichzeitig und bis heute) und behauptete damals allen Ernstes, die Tierschützer hätten extra ein totes Schwein in seinen Stall gelegt. Kann man ihn und seinen Spaßverein da noch ernst nehmen?
Sollte die Bundesregierung die Forderung nach einem härteren Vorgehen gegen Undercover-Recherchen tatsächlich aufgreifen, wird es richtig absurd. Am Dienstag hat der Bundesgerichtshof dem MDR Recht gegeben und geurteilt, dass die Ausstrahlung von schockierenden Bildern selbst dann erlaubt sein kann, wenn in den Ställen alle Gesetze eingehalten werden. Und vor wenigen Wochen wurden Tierrechtler in dritter und letzter Instanz freigesprochen, die Tierschutz-Verstöße in einer Schweinezucht aufgedeckt hatten. Das Oberlandesgericht Naumburg sah zwar einen Hausfriedensbruch, begründete den Freispruch aber mit rechtfertigendem Notstand, da mit dem Eingreifen der zuständigen Behörden nicht zu rechnen gewesen sei.
Wenn also die Staatsgewalt das Verfassungsziel Tierschutz offensichtlich nicht gewährleisten kann oder will, dann soll sie nach dem Willen der Großen Koalition nun eben die Überbringer der Wahrheit bekämpfen und das eigene Versagen vertuschen.
Kommentare 5
Danke für den Beitrag. Einfach widerlich das alles.
Eine Weiterentwicklung des Kill-the-messenger-Prinzips - ein uralte, bekannte und bewährte Methode der Mächtigen zur Repression von Unerwünschten/m. Danke für das Aufmerksam machen.
... jeder bekommt die Politik, die er verdient! Wir haben es nicht anders verdient, wenn wir diese Leute immer wieder wählen.
Wichtiger Hinweis!- Danke!- Man bekommt diese Tierquäler nur über das Geld. Esst weniger oder besser gar kein Fleisch! Das sind Leichenteile gequälter Mitwesen. Und auch Bio-Schweine sterben genauso grausam in den gleichen Schlachthöfen. Homo bestialis- Der Schlachthof als moralischer Offenbarungseid
In Deutschland nichts Neues. Vor nunmehr fast 100 Jahren stellte bereits Kurt Tucholsky fest: "Im übrigen gilt ja hier derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher als der, der den Schmutz macht."
Man kann es auch etwas herzhafter formulieren. Unsere Gesellschaft besteht aus Arschkriechern und aus Arschlöchern. Die Arschlöcher haben von Haus aus kein Problem damit und die Arschkriecher naturgemäß auch nicht. Ein Problem haben nur diejenigen, die fragen, warum es an der Eingangspforte so stinkt.