Machtlose Online-Petitionen

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Wie kann das sein? Gerade mal 1.266 Bürger haben die Online-Petition für eine Beteiligung Deutschlands am innovativen Regenwaldschutz-Projekt Yasuni-ITT unterzeichnet. Dabei geht es um viel: Nicht nur um eine unwiederbringliche Artenvielfalt und um 400 Millionen Tonnen Kohlendioxid, die vermieden werden. Sondern auch um eine deutsche Entwicklungspolitik, die alles boykottiert, was FDP-Minister Niebel nicht in den Kram passt.

Trotzdem: Umwelt- und entwicklungspolitisch engagierte Menschen haben die Bundestags-Petition nicht verschlafen. Die geringe Beteiligung sagt vielmehr etwas aus über den politischen Online-Aktivismus. Petitionen an das deutsche Parlament spielen dabei keine große Rolle. Wieso auch?

Zunächst ist es egal, ob eine Forderung von 12 oder 40.000 Menschen unterstützt wird. Der Petitionsausschuss behandelt alle Eingaben. Spannend wird es ab 50.000 Mitzeichnern: Dann darf der Initiator oder die Initiatorin vor den Abgeordneten sprechen.

Bundestag unterwandern klappt nicht

Könnten Polit-Aktivisten durch dieses Instrument nicht die gesamte Tagesordnung des Bundestags bestimmen? Die Kampagnenorganisation Campact etwa sammelt regelmäßig mehr als 50.000 Unterschriften. Trotzdem würde eine Bundestags-Unterwanderungs-Strategie nicht funktionieren.

Erstens kann die Hürde von derzeit 50.000 Mitzeichnern jederzeit problemlos hochgesetzt werden. Zweitens ist der Aufwand vergleichsweise groß: Für die E-Petitionen muss man sich beim Bundestag anmelden. Drittens gibt es eine große Auswahl an unterstützenswerten Online-Petitionen, die sich teilweise sehr ähneln. Wo soll man mitmachen?

Es ist sinnvoll, den Protest bei einer Organisation oder einem Bündnis zu bündeln. Dort kann man sich auf einen Text einigen, der dann von möglichst vielen Menschen unterstützt wird. Diese Organisation könnte dann tatsächlich eine Online-Petition an den Bundestag stellen. Aber bringt das tatsächlich mehr als zum Beispiel die Massenmails von Campact an einzelne Politiker?

Der Petitionsausschuss ist ziemlich machtlos. Dort sitzen meist die Hinterbänkler aus den Fraktionen, die meisten Petitionen werden wahrscheinlich sowieso nur von den Mitarbeitern gelesen. Die wirklichen Entscheidungsträger sitzen nicht im Petitionsausschuss. Im vergangenen Jahr wurden von den knapp 16.000 Petitionen nur 7.000 beraten, und gerade mal 1.000 Petitionen wurde entsprochen. Wahrscheinlich auch oft nur, weil die Koalition ohnehin die entsprechende Position vertritt.

Keine Frage: Es gibt genügend unnütze Unterschriftensammlungen - gerade im Netz, wo ein Klick ja so einfach ist. Manchmal wäre eine Bundestags-Petition deutlich sinnvoller. Aber effektiver sind meist doch gezielte Aktionen, wie sie Campact organisiert: Ist das E-Mail-Postfach einer Politikerin verstopft, wird sie vielleicht doch mal lesen, was in der Protestmail steht.

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