Mit Zahlen gegen Rassismus?

Politische Kriminalität Die Justizminister von Bund und Ländern wollen politisch motivierte Straftaten statistisch besser erfassen. Doch der Plan hat seine Tücken
Ausgabe 12/2016
Wer einen Naziaufmarsch blockiert, gilt bereits als krimineller Linker
Wer einen Naziaufmarsch blockiert, gilt bereits als krimineller Linker

Foto: Sean Gallup/Getty Images

Flüchtlingsheime brennen und die Politik versucht, Stärke zu zeigen. Nun haben sich die Justizminister von Bund und Ländern zusammengesetzt. Unter anderem wollen sie politisch motivierte Kriminalität künftig statistisch besser erfassen, um Entwicklungen stärker sichtbar zu machen und dagegen vorzugehen.

Bessere Zahlen zu rassistischen Vorfällen, die Idee klingt erst mal gut. Doch die Statistik könnte von der Regierung instrumentalisiert werden – auch gegen Linke. Schließlich wird nicht nur Rassismus, sondern auch andere „politische Kriminalität“ erfasst. Der SPD-Bundesminister Heiko Maas spricht von „extremistischer Gewalt“, ganz im Sinne der Extremismustheorie, die links und rechts nahezu gleichsetzt.

Gesinnungsjustiz?

Bisher gibt es eine öffentliche Polizeistatistik, die jedoch wenig aussagt. Wer einen Naziaufmarsch blockiert, gilt bereits als krimineller Linker. Zudem wird nicht gezählt, wie viele Straftaten begangen werden, sondern nur, wie oft Polizisten das glauben – und das ist auch politisch motiviert.

Nun soll regelmäßig und zeitnah veröffentlicht werden, wie oft wegen rechtsextremer Straftaten Ermittlungen eingeleitet und die Täter von Gerichten verurteilt werden. Diese Zahlen dürften etwas aussagekräftiger sein. Allerdings bleibt am Ende die Frage offen, ob bei einer Straftat, die es nicht vors Gericht schafft, schlampig ermittelt wurde, ob es eine Lappalie oder der Verdacht unbegründet war. Zudem kann ein Gericht nicht immer die Motivation einer Tat klären, selbst der Anschlag auf ein Flüchtlingsheim müsste im Zweifel als unpolitisch zählen.

Die Politik muss auf Rassismus reagieren, etwa mit Bildungsangeboten. Eine politische Justiz aber sollte es nicht geben, auch wenn das aktuelle Recht höhere Strafen bei einer gewissen „Gesinnung“ vorsieht. Die neue Statistik darf die Gerichte nicht zu einer stärkeren Ungleichbehandlung verleiten.

Am besten wird sie auch von der Bundeszentrale für politische Bildung veröffentlicht – und nicht direkt von der Justiz. Die Bundeszentrale ist nämlich für politische Aufklärung zuständig. Dann ließen sich die Zahlen einordnen in andere Erkenntnisse über rassistische Aktivitäten. Und es wäre klar, dass Rassismus ein politisches Problem ist und keines, das sich alleine mit Bestrafung lösen lässt. Auch wenn das für die Politik einfacher wäre.

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