Reality bites

Netzgeschichten Ein neues Gesetz in Kalifornien will Netzimitationen bestrafen. Wer andere Personen glaubwürdig nachahmt, um sie zu schädigen, kann für ein Jahr ins Gefängnis gehen

Heute schon mit Bekannten gechattet, den Blog eines Experten gelesen oder sich bei Facebook mit einer Berühmtheit angefreundet? Sicher, dass die Berühmtheit auch wirklich die Berühmtheit ist? Oder sitzt am anderen Ende eine unbekannte Person, die es nur darauf abgesehen hat, gutgläubige Menschen in die Irre zu führen?

So kann das nicht weitergehen mit all diesen Konstantins, mit all diesen falschen Identitäten im Netz. In Kalifornien will man Netzimitationen nun bestrafen. Ein neues Gesetz verbietet, im Internet andere Personen "glaubwürdig nachzuahmen", jedenfalls wenn das mit der Absicht geschieht, jemanden zu "schädigen, einzuschüchtern, zu betrügen oder zu bedrohen". Es drohen bis zu 1.000 US-Dollar Strafe oder maximal ein Jahr Gefängnis.

Bürgerrechtler warnen, dass es die Falschen treffen könnte. Gerade Satire lebt von der Nachahmung bekannter Persönlichkeiten. Was würden etwa die Kommunikationsguerilleros von den Yes Men tun, wenn sie sich nicht mehr als Ölkonzernchefs oder Vertreter der Welthandelsorganisation ausgeben könnten? Sie könnten für ihre Aktionen vor Gericht landen, das beurteilen müsste, ob man „vernünftigerweise glauben“ kann, dass es sich tatsächlich um Chef oder Vertreter handelt. Die Yes Men überspitzen ihre Figuren zwar – doch werden sie schon mal für bare Münze genommen: Sie haben so schon eine Reihe Nachrichtensender und Presseagenturen hinters Licht geführt.

Das neue Gesetz versteht sich als „Update“ eines Gesetzes gegen betrügerisches Auftreten aus dem Jahr 1872. Es könnte auch ein Instrument gegen manche Arten des Online-Rufmords werden. Was soll man schließlich tun, wenn der verärgerte Nachbar einen Blog einrichtet und unter falschem Namen anrüchige Dinge über einen schreibt? Man kann beim Bloganbieter das Löschen verlangen, dann taucht aber der nächste Text meist an anderer Stelle im Netz auf. Und Google sorgt dafür, dass alle Welt einen falschen Eindruck gewinnt.

Manchmal lässt sich das Problem der Online-Nachahmung freilich auch einvernehmlich lösen: Ein falsches Facebook-Profil des Berliner Bürgermeisters Klaus Wowereit sorgte vor kurzem für Verwirrung. Da es aber von einem SPD-Mitglied wohlwollend betrieben wurde, plante die Partei, mit ihm über die Autorisierung des Profils zu sprechen. Je mehr Menschen ins Netz drängen, desto drängender stellt sich aber noch eine andere Frage: Wie hält man im Netz eigentlich Personen gleichen Namens auseinander?

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Geschrieben von

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden