Symbolische Wahlen

Gegenstimmen Jeder siebte Berliner ist von der Wahl zum Abgeordnetenhaus ausgeschlossen – wegen der falschen Nationalität. Das wollen Aktivisten nun ändern

Knapp 460.000 Ausländer leben in Berlin und dürfen nicht mitentscheiden. Ein Bündnis aus über 100 Vereinen organisiert daher symbolische Wahlen: In dieser Woche sind 75 Wahllokale geöffnet, zusätzlich fahren drei Autos mit „mobilen Wahlkabinen“ durch die Stadt. Anders als bei der offiziellen Wahl gibt es hier nur eine Stimme: Damit soll die Sitzverteilung der Parteien im Abgeordnetenhaus (entspricht dem Landtag) ermittelt werden.

Das Ergebnis kann leicht manipuliert werden: Zwar sollen nur die Bürger wählen, die am 18. September ausgeschlossen sind, überprüft wird das aber nicht. Zudem ist es möglich, nacheinander in jedem der 75 Wahllokale seine Stimme abzugeben. Deutsche Staatsbürger dürfen ebenso ein Kreuz machen: Zu den Wahlunterlagen gehört auch ein Aufruf an das Abgeordnetenhaus, die gesetzlichen Grundlagen für ein Wahlrecht für alle zu schaffen.

Die bisherige Regelung sei „für die Demokratie sehr schädlich“, sagt Martin Wilhelm von den „Citizens for Europe“, die zusammen mit dem Verein „Jede Stimme“ die symbolischen Wahlen initiiert haben. Ihre Forderung: Alle Menschen, die seit mindestens fünf Jahren in Berlin leben, sollten das Wahlrecht für die lokale und regionale Ebene bekommen.

Landesweite Wahlen für Ausländer habe es bisher noch nicht gegeben, sagt Wilhelm. Die Ergebnisse und Erfahrungen aus Berlin sollen aber öffentlich gemacht werden, das könnte Nachahmer in anderen Bundesländern ermutigen. Für das Jahr 2014 ist schon eine symbolische Europawahl geplant. Zu einem Vorbereitungstreffen wurden 30 Organisationen aus 20 Ländern eingeladen.

Vorbild in Berlin sind die Jugendwahlen „U18“. Kinder und Jugendliche dürfen am 9. September in einem der 240 Wahllokale ihre Stimme abgeben. Zum Vergleich: Für die Ausländerwahlen gibt es nur 75 feste Orte zur Stimmenabgabe. Doch die Organisatoren hoffen, mit ihrer Aktion bald genauso bekannt zu sein wie die „U18“-Wahlen. Beim ersten Mal hätten sich dort auch nur 0,4 Prozent der Kinder und Jugendlichen beteiligt. „Das versuchen wir zu toppen“, sagt Wilhelm. Erhoffte Wahlbeteiligung: ein Prozent.


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