Eigentlich müsste der Vorschlag sehr populär sein: Jeder Bürger erhält ein bedingungsloses Grundeinkommen, braucht nicht mehr zu arbeiten, kann sich zurücklehnen und das Leben genießen. Und wer Lust hat, kann trotzdem arbeiten und sich so etwas dazuverdienen. Es sind paradiesische Vorstellungen und trotzdem hat sich die Idee nicht durchgesetzt. Viele Kritiker meinen, die Einführung eines Grundeinkommens sei einfach unrealistisch. Doch ihnen mangelt es bloß an Fantasie. In Wirklichkeit gibt es andere Gründe, weshalb sich das Konzept des Grundeinkommens bislang nicht durchgesetzt hat.
Das deutschsprachige Netzwerk Grundeinkommen ist nach eigenen Angaben die weltweit größte Organisation, die dafür kämpft, dass sich dies ändert. Mehr als 100 Gruppen und rund 3.800 Privatpersonen sind in dem Netzwerk organisiert; vor kurzem feierten sie das zehnjährige Bestehen. Im aktuellen Newsletter heißt es, dass es „gute Gründe“ zum Feiern gebe, schließlich habe die Organisation „wesentlich zur Verbreitung der Grundeinkommensidee beigetragen“.
Wirklich? In der deutschen Politik spielt das Konzept faktisch keine Rolle. Wo waren denn die Rufe nach einem Grundeinkommen, als über den Mindestlohn diskutiert wurde? Als über die Rentenreform gestritten wurde? Man kann dieses Schweigen der Politiker allerdings nicht den Befürwortern vorwerfen. Sie haben nämlich mit enormen Widerständen zu kämpfen.
Weder links noch rechts
Die Idee des Grundeinkommens lässt sich nur schwer einer politischen Richtung zuordnen. Befürworter finden sich überall – von der Linken-Vorsitzenden Katja Kipping über den CDU-Politiker Dieter Althaus und den dm-Gründer Götz Werner bis zum liberalen Ökonomen Milton Friedman. Das Grundeinkommen per se ist weder links noch rechts. Das scheint zunächst ein Vorteil zu sein, wenn es den Parteien leichter fiele, einen Kompromiss zu finden. In Wirklichkeit macht es die Sache schwieriger.
Wie sich die Einführung des Grundeinkommens auf die Einkommensverteilung auswirkt, hängt davon ab, wie es ausgestaltet wird. Es gibt „linke“ und „rechte“ Konzepte. Mal wird über 1.500 Euro gesprochen, mal über 400. Aber selbst wenn das klar wäre: Bis ins letzte Detail lässt sich nie vorhersagen, wer profitiert und wer nicht. Daher haben viele Angst, dass sie am Ende weniger Geld haben als vorher. Dass die Gesellschaft am Ende ungerechter ist als jetzt. Wer setzt sich da für diese Idee ein?
Im Prinzip ließe sich das Grundeinkommen zwar einführen, ohne dass an den Einkommensverhältnissen gerüttelt wird. Dies ist aber ziemlich unwahrscheinlich. Wenn zum Beispiel die Hartz-IV-Leistungen ersetzt werden sollen, dann würde ein Grundeinkommen in dieser Höhe eingeführt. Alle Menschen, die heute nicht anspruchsberechtigt sind, würden eine Pauschal-Steuer zahlen, sodass ihnen das Grundeinkommen direkt wieder weggenommen würde. Die heutigen Aufstocker müssten etwas weniger Steuern zahlen, sodass sie zwar mehr Geld behalten als wenn sie nicht arbeiteten, gleichzeitig aber auch nicht den vollen Hartz-IV-Satz zusätzlich zum Gehalt bekommen. Es gäbe ein Grundeinkommen und jeder bekäme genauso viel wie heute.
Realistisch ist dies jedoch nicht. Viele würden es als ungerecht empfinden, dass ein normaler Fabrikarbeiter die gleiche Steuer zahlt wie ein Top-Manager. Prozentual müssten die Geringverdiener sogar am meisten abdrücken. Wahrscheinlich würde sich ein anderes Modell durchsetzen – bei dem nicht schon ein geringes Einkommen komplett wegversteuert wird. Geringverdiener würden vermutlich vom Grundeinkommen profitieren. In Wirklichkeit gibt es also durchaus Gründe, sich für das Grundeinkommen genauso zu engagieren wie beispielsweise für einen Mindestlohn. Nur liegen diese nicht so offen zu Tage.
Angst vor Sozialabbau
Wenn es nur noch ein Grundeinkommen gibt, erhalten dann behinderte oder chronisch kranke Menschen genauso viel Geld wie die junge, leistungsfähige Karrierefrau? Das hängt ebenfalls von dem Modell ab. Aber es gibt keinen ernst zu nehmenden Grundeinkommensbefürworter, der alle anderen Sozialleistungen streichen will. Das Arbeitslosengeld würde sicherlich zumindest teilweise durch das Grundeinkommen ersetzt. Anbieten würden sich auch Rente, Kindergeld und BAföG. Aber Menschen, die einen erhöhten Hilfsbedarf haben, werden von einer Grundeinkommensgesellschaft auch weiterhin zusätzlich unterstützt.
Bruch mit dem Leistungsprinzip
Während die einen Sozialabbau fürchten, warnen die anderen vor einem Paradies für angebliche Sozialschmarotzer. Das Grundeinkommen steht für ein neues Verständnis: Geld ist nicht mehr an Leistung gekoppelt. Wer nicht arbeitet, soll trotzdem essen dürfen.
Eigentlich ergibt sich das schon aus dem Grundgesetz: Jeder Mensch hat ein Recht auf Leben. Und in der Tat muss in Deutschland auch jetzt niemand verhungern, schließlich gibt es Sozialleistungen. Auf den ersten Blick ändert sich also gar nicht viel. Auf den zweiten Blick aber wird klar: Ein Grundeinkommen würde wie kein anderes Instrument den Bruch mit dem Leistungsprinzip verdeutlichen. Der Mensch bekommt das Geld, einzig und allein weil er ein Mensch ist. Das Grundeinkommen ist bedingungslos, an keine Kriterien geknüpft – weder an Bedürftigkeit noch an Arbeitsbereitschaft.
Gerade diese Sichtweise wird aber von vielen Menschen abgelehnt. Sie halten die Erwerbstätigkeit für den Mittelpunkt des Lebens. Sie werden neidisch, wenn andere vermeintlich nichts tun und Geld bekommen – obwohl sie selbst natürlich auch die Möglichkeit dazu hätten. Das Leistungsprinzip lässt sich offenbar nicht so leicht aus unseren Köpfen verbannen.
Bisher verteilt der Markt die Einkommen, anschließend wird vom Staat notdürftig „umverteilt“. Mit einem Grundeinkommen wäre die Sichtweise andersherum: Zunächst legt die Gesellschaft fest, was alle Menschen mindestens bekommen sollen, anschließend kann sich jeder etwas hinzuverdienen. Die Einkommensverteilung würde wieder als eine in erster Linie gesellschaftliche Frage verstanden und nicht als eine, die der kapitalistischen Privatwirtschaft überlassen wird. Alleine deswegen lohnt sich der Kampf für das Grundeinkommen.
Widerstand der Gewerkschaften
Erstaunlicherweise gehören die deutschen Gewerkschaften zu den härtesten Gegnern der Grundeinkommens-Idee. Geld bekommen fürs Nichtstun – das wird gedanklich anscheinend immer noch mit dem Kapitalisten verbunden, mit dem Klassenfeind. Daher hält sich auch die Solidarität mit den Erwerbslosen schon immer in Grenzen, die Gewerkschaften sehen sich als Interessenvertretung ihrer arbeitenden Mitglieder.
„Sozial ist, was gute Arbeit schafft.“ Dieser DGB-Spruch mag als Druckmittel geeignet sein, um bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne durchzusetzen. Er offenbart aber auch ein extrem verkürztes Verständnis von sozialer Gerechtigkeit: Wenn alle gut arbeiten, ist alles in Ordnung. Ein Grundeinkommen hat in dieser Vorstellung einer gerechten Gesellschaft keinen Platz.
Dabei könnten die Gewerkschaften vom Grundeinkommen profitieren. Wer zur Existenzsicherung nicht auf einen Job angewiesen ist, kann nämlich einen höheren Lohn verlangen – und sich, sollte die Forderung nicht erfüllt werden, mit dem Grundeinkommen zufriedengeben. Der garantierte Lebensunterhalt stärkt die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer, insbesondere im Niedriglohnsektor. Darüber sollten die Gewerkschaften vielleicht noch einmal nachdenken.
Bewegung ohne Partei
In den Parlamenten finden die Grundeinkommen-Fans ebenfalls wenig Verbündete. Alle im Bundestag vertretenen Parteien sind dagegen, lediglich die Piraten sprechen sich für die Idee aus. Was die Frage aufwirft: Ist die Forderung nach einem Grundeinkommen schuld am Niedergang der Piratenpartei? Man findet hundert plausible Gründe für den Absturz der Piraten, das Grundeinkommen zählt sicherlich nicht dazu. Die Forderung danach ist ein Alleinstellungsmerkmal, mit dem sich eine Partei von der Konkurrenz abgrenzen und so profitieren kann. Nur: Strategische Erwägungen spielen zwar eine Rolle, wenn die Parteibasis aber aus inhaltlichen Gründen gegen das Grundeinkommen votiert, ist die Sache damit klar.
In jeder Partei gibt es eine Minderheit für das Grundeinkommen. Die Öffentlichkeit nimmt das jedoch kaum wahr, weil in unserem politischen System vor allem die Parteien die relevanten Akteure sind. Wenn sich jedoch alle Grundeinkommensbefürworter in einer Partei tummeln würden und diese Partei die Forderung offensiv nach außen verträte, dann sähe es ganz anders aus. Bis dahin müssen die Grundeinkommen-Fans darauf hoffen, dass ihre Idee in der Bevölkerung an Zustimmung gewinnt. Vielleicht klappt es dann irgendwann mit einem Volksentscheid.
Kommentare 15
Danke für das nötige Wiederaufgreifen dieses Themas! Im Beitrag steht vieles Richtiges und Wichtiges in einer recht umfassenden Überblick.
Nur hätte ich mir schon bei einer linken Wochenzeitung gewünscht, dass man Neoliberalen wie Dieter Althaus oder Thomas Straubhaar (oder der FDP mit ihrem "Bürgergeld") es nicht durchgehen lässt, wenn sie auf ihren Sozialraubbau 3.0 das Etikett "Bedingunsloses Grundeinkommen" aufbeppen.
Betrachtet man das Bedingungslose Grundeinkommen (neben den notwendigen ökonomischen Überlegungen) vor allem als eine kulturelle Frage (Kultur im weiteren Sinn; i.S.v.: Wie wollen wir künftig leben? bspw.), werden diese "Fälschungen" oder der "Missbrauch der Marke" BGE auch relativ schnell deutlich. Man muss also nicht so ängstlich immer erst die "Ideologiefreiheit" einer Idee (was an sich schon recht absurd ist) betonen, um -als Linker- zu legitimieren, dass sie wirklich gut für alle ist ("Ideologiefreiheit" ist sowieso eines der aggressivsten ideologischen Instrumente der Postdemokratie ;)) Und von den Leuten hinter dieser Ideologie und ihren Nachplapperern sollte man sich nun gerade nicht das BGE madig machen oder verfälschen lassen.
MfG-mcmac
MfG
Ein BGE setzt voraus, dass der Staat seinen Bürgern vertrauen schenkt
Die ersten Zeilen des Artikels wird erst einmal festgestellt: das BGE setzt sich nicht durch. Und die Bürger und Politiker sagen uns warum: Keiner würde mehr arbeiten, sondern nur noch faulenzen. Und nur wer Lust hat, würde was dazu verdienen.
Für viele Menschen und Politiker ist das Thema Grundeinkommen nach diesen zwei Sätzen beendet, bevor sie sich überhaupt wirklich damit beschäftigt haben. Ich glaube nicht, dass es den Politikern an Fantasie mangelt, es geht um Interessen. Es ist doch auffallend, dass sich die Partei "Die_Linke" seit zwei Jahren konsequent für ein BGE und gleichzeitig "gegen Hartz-IV" einsetzt und dass sich alle anderen Parteien zunehmend gegen ein BGE aussprechen. Der Opportunismus der Politiker in allen regierenden Parteien macht die Menschen blind für Visionen. Die Fantasie der Politiker reduziert sich i.d.R. auf die nächste Wahlveranstaltung.
Jeder profitiert von einem BGE - es ist für Alle gleich
Die Annahme, dass Manche vom BGE profitieren und Andere nicht, ist schlicht falsch. Jeder erhält das gleiche Geld, als Grundeinkommen und zwar bedingungslos. Als Existenzminimum.
Daraus zu folgern, dass dann am Ende jeder das Gleiche habe, ist falsch. Jeder Bürger kann dazuverdienen, soviel er möchte. Dieses entscheidende Grundelement unserer Wirtschaft bleibt also wirksam.
Ein neuer und gerechter Generationenvertrag ist möglich
Was sich unbedingt ändern muss, ist natürlich eine gerechte Besteuerung aller Einkommensarten, wie Arbeit, Maschinenarbeit, Kapitalerträge, Einkünfte aus Urheberrechten, Patenten, Erbschaften usw.
Automatisch wären einige unsinnige oder kranke Sozialsysteme durch das BGE ersetzt: Hartz-IV, Sozialversicherungen, gesetzliche Rentenansprüche usw. - Behinderte und kranke Menschen müssen natürlich über angemessene Zusatzleistungen abgesichert bleiben.
Das Kapital muss wieder mehr den Menschen dienen. Die Demokratie und unsere soziale Marktwirtschaft hat nur eine gute Zukunft, wenn wir einen neuen Generationenvertrag hinbekommen, der den gierigen Kapitalismus für die Menschen erträglicher macht.
Götz W. Werner wird in diesen Tagen mit dem Deutschen Gründerpreis geehrt: für den Aufbau seiner DM-Drogeriemarktkette. Gratulation. - Ach: würden doch seine Utopien und Visionen, gleich einer Initialzündung, für "sein neues Sozialsystem (BGE)" auf alle Gratulanten und alle Politiker überspringen. - Leider aber: zu viele taube Ohren - www.unternimm-die-Zukunft.de
Dass sich die Linkspartei für ein BGE einsetzt, muss ich wohl übersehen haben...
Guten Tag Herr Werdermann,
die Piraten und die Linkspartei haben in Deutschland Parteitagsanträge für eine BGE angenommen und die Forderug im Programm stehen. Bei den Piraten waren es viele Faktoren für den aktuellen Tiefflug, aber das die Euphorie der Medien über die Piraten genau zu dem Parteitag in Chemnitz, bei dem das BGE Thema war, plötzlich merklich abflaute und sich dann ins Gegenteil verkehrte, ist offensichtlich.
Insgesamt immer gut, dieses Thema zu behandeln, aber die folgende "Spitze" muss einfach sein:
"Erstaunlicherweise gehören die deutschen Gewerkschaften zu den härtesten Gegnern der Grundeinkommens-Idee. Geld bekommen fürs Nichtstun – das wird gedanklich anscheinend immer noch mit dem Kapitalisten verbunden, mit dem Klassenfeind."
Gewerkschaften?, in Deutschland?, Wo?
Leider ist der Klassenfeind der meisten Gewerkschaften in Deutschland mindestens der Arbeitslose, zumeist aber der Arbeiter selbst.
Wo hat denn die Linkspartei die Forderung nach einem Grundeinkommen im Programm stehen?
Man kann die Befürworter vielleicht grob in diese zwei Lager aufteilen. Ich glaube, dass es aber erstmal die Überzeugung in der Gesellschaft geben muss, dass ein BGE überhaupt sinnvoll ist. Also wer meint, das BGE sei sowieso nicht sinnvoll, macht sich auch keine Gedanken über die Finanzierbarkeit. Und ich glaube, dass die Mehrheit der BGE-Ablehner andere Gründe haben als die Sorge, es sei nicht finanzierbar.
Hallo Herr Werdermann,
stimmt, im Bundesprogramm steht es (noch) nicht....., da hatte ich wohl etwas falsch erinnert, mglw. ging es um die Aufnahme in ein Landesparteiprogramm. Auch die Piraten haben es nicht im Bundesparteiprogramm, sondern im Wahlprogamm untergebracht.....
"Und ich glaube, dass die Mehrheit der BGE-Ablehner andere Gründe haben als die Sorge, es sei nicht finanzierbar."
Das sehe ich ähnlich....., die gesellschaftlichen Veränderungen, die eine Emanzipation der Bevölkerung von der Erwerbsarbeit bedeuten würden, wird von den wenigsten Menschen gesehen.
Vor allem wohl aber von denen, die von der bisherigen Situation profitieren, indem sie Menschen zu Löhnen beschäftigen, von denen diese nicht leben können, geschweige denn, sich auch noch politisch weiterzubilden oder auch nur am kulturellen Leben teilzunehmen......., was z.B. auch bedeutete, die Zeit und die Mittel zur Verfügung zu haben, hier in der dFC mitzulesen oder sich sogar zu beteiligen.
Diese Menschen sind dann die ersten, die die Finanzierbarkeit in Frage stellen
Am besten finde ich ja immer das "Argument" niedrig bezahlte und unangenehme Arbeit würde dann keiner mehr ausführen (wollen)........, wobei vollkommen ausser acht gelassen wird, dass diese Arbeiten auch heutzutage von niemandem zu diesen Löhnen gerne ausgeführt werden, sondern dass hier ganz einfach der "Zwang der äusseren Umstände" dafür sorgt, das Menschen diese Arbeiten trotzdem annehmen.
Ob sich aber die Lage gesamtgesellschaftlich zum Vor- oder Nachteil veränderte, wenn man diesen Zwang wegnähme und solche Arbeiten angemessen bezahlt werden müssten, damit sie noch jemand bereit ist zu tun, diese Überlegung geht offensichtlich vielen bereits zu weit.......
Bedingungsloses Grundeinkommen – nicht warten sondern starten!
Kaum eine Idee bewegt die Menschen in den letzten Jahren so sehr wie das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE). Das lässt sich leicht an der Vielzahl von Modellen ablesen, die mittlerweile die Diskussionen durchfluten. Je nach Modell und Finanzierungsansatz gibt es unterschiedliche Begriffe für im Prinzip Vergleichbares: »Gesellschaftsdividende«, »Negative Einkommensteuer«, »ausgezahlter Mehrwertsteuerfreibetrag«, »Teilhabeabgabe« sind nur einige davon. Überall wird diskutiert, theoretisiert – wie soll das gehen? Arbeitet dann noch einer? Was ist mit den Schmarotzern? Aber wie geht es denn nun wirklich? Wie wäre es endlich mal mit Praxis statt mit Theorie?!
Im Netzwerk BGE-Kreise besteht die Möglichkeit, eigene Erfahrungen in einem geschützten Rahmen mit dem Grundeinkommen zu machen. Elemente von Tauschring, Komplementärwährung und Grundeinkommen wurden hier zu einer Einheit verschmolzen.
http://bgekoeln.ning.com/profiles/blogs/bedingungsloses-grundeinkommen-nicht-warten-sondern-starten
Das BGE spaltet in der tat auch die linken - weil zwar Katja Kipping dafür ist, jedoch der gewerkschaftsflügel dagegen, deshalb steht es auch (noch) nicht im programm. Aber diese zerstrittenheit offenbart zuglich die zwei wesentlichen probleme mit dem BGE:
Zum einen- der wie-ich-so-auch-die-anderen-verdacht; dh. die vermutung ALLE!!! würden sofort aufhören lohnabhängig zu arbeiten. Auch wenn dies sicherlich nicht ganz vom tisch zu wischen ist, bleibt doch die begründete vermutung, es wäre anders. Der springpunkt ist allerding die "lohnabhängigkeit", hier stände die systemfrage. Nach 300 jahren disziplinierung der arbeitskraft wäre auf einmal schluss ... völlig unvorstellbar, wenn mensch die methodik der sozialleistungen unterstellt: nämlich zwang, zwang und nochmals zwang (zur lohnarbeit).
Zum andern - die finanzielle-nicht-darstellbarkeit des BGE, dh. aufgrund der o.g. unklaren zahl der "nur-BGE-bezieher" und der unklaren auswirkungen für die lohnkosten, auf das preisneviau und den währungskurs (immerhin könnte es zu einer preisneviauerhöhung kommen, die das BGE komplett entwertet!) gibt es keine relaistische grundlage für eine einigermassen verlässliche modellrechnung. Damit wird das BGE zu einem existentiellen Risiko, das die politik(er/innen) schlicht überfordert.
BGE = machbar.. aber!
Zuerst müsste unser Steuersystem grundlegend geändert werden. Das bedeutet: Einführung einer Vermögenssteuer und Abschaffung aller Steuerschlupflöcher. Da fängt der Ärger schon an. Wie will der Staat diese Schlupflöcher austrocknen?
Beispiel 1: Firma A: Schlüsseldienst stellt keine Rechnung aus, sondert kassiert bar und ohne Quittung. Schon ist die unversteuerte Einnahme in der Tasche des Firmeninhabers.
Beispiel 2 : Die Firma verlagert seinen Firmensitz in ein Steuerparadies. Dies geschieht in Deutschland tausendfach!
Allein diese Kapitalflucht der Steuerverbrecher entzieht der Allgemeinheit Milliarden an Steuergelder. Natürlich ist das alles legal und wird selbst von Staatsfirmen getätigt. Siehe VW! Für was benötigt diese Firma eine Fluggesellschaft in der Karibik? Natürlich um in Deutschland die Steuern zu sparen.
Die Besteuerung der Kapitaleinkünfte bedarf einer Änderung. Alle Einkünfte des Bürgers, müssten bei gleichen Steuersätzen, progressiv besteuert werden.
Alles dies ist Utopie .. noch und wahrscheinlich noch sehr lange Zeit. Daher glaube ich nicht an das BGE, obwohl dieses Einkommen für die Gesellschaft ein Segen wäre. Wenn, wenn, wenn…….
ver.di hat eine Radikal-Petition gestartet, die der Entkopplung der Gewährung existenzialer Bezüge von Erwerbstätigkeit, - fähigkeit, -bereitschaft schon um einiges näherkommt, als bisher so aus Gewerkschaftskreisen dazu zu vernehmen war.
Zugleich 1. Maßnahme gegen die drohende "vereinfachte Verschärfung" auch diesen Zusammenhangs/dieser Kopplung.
http://www.neues-deutschland.de/artikel/946923.eine-schoene-idee.html#c57908
https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2014/_08/_19/Petition_54191.nc.html
Ansonsten sehr zutreffend eine wesentliche Grundaufstellung von Gewerkschaft(sarbeit), nämlich die Bewirtschaftung des Mangelhaften (nicht nur Löhne) in der Arbeitswelt der Lohnabhängigen als Daeinszweck, in ihrem Kommentar analysiert, grazie!
(Gilt großteils ja auch für die obristische Linke, vergl. G. Mönius:
"Wenn das BGE kommt können wir Linke ja nach Hause gehen".)
Doch dieses Schicksal aller "Problemlöser", - mit ihrem Erfolg auch zugleich überflüssig in diesen Erfolgsfeldern zu werden, zumindest nur noch reduzierte Kapazitäten/Aufwendungen dafür gerechtfertigt beanspruchen zu können -, wird von 30 % aller "Problemlöser" BEWUSST in Kauf genommen und dieses Teildispositiv des Problemlösens dadurch gebrochen, - und a) guckt aus allen Determinant(i)en und Rationalitäten "der Mensch" prinzipiell mit seinem Kopf und seinem Herzen heraus, sowie b) ist das Kompetitive von "Entwicklungen" auf die lange Sicht nur bedingt abschaltbar, - wer keinen oder zuwenig "Erfolg" hat, verschwindet auch so, und hütete er die Mangelhaftigkeit(en) als seine materielle Existenzgrundlage wie seinen Augapfel. (Siehe auch Gewerkschaftsschwäche der 80ger u. 90ger)
Etwas anders sieht es mit der "Verallgemeinerbarkeit" bzw. dem "Allgemeinen" aus: Je "allgemeiner" etwas aufgestellt ist, desto größeren Wirkungsradius verspricht es, desto größer scheint/ist das "Rad" an dem seine Protagonisten "drehen" können. ("Macht" im engeren Sinn ist bloß ein Teilbereich dieser Suche (Sucht?) nach möglichst großen Rädern ...)
Die 400 Euro beziehen sich auf den BGE-Vorschlag, der auch verlinkt ist.
In unserer Medien-Demokratur wird nur das in Dauerschleife gesendet, was Götz Werner und Konsorten nützt: ein neuer Steuerfreibetrag und dafür eine Mehrwertsteuer von 50 %.
Ich glaube, der Begriff "Leistungsprinzip" ist relativ klar. Zumindest können sich die meisten Leute darunter was vorstellen.