Aru Michi - Kino, das ohne Glamour auskommt

Film Mit Aru Michi (あるみち) war auf der Berlinale junges Kino zu sehen, das auch ohne Effekthascherei in den Bann zu ziehen weiß.

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Mit Aru Michi (あるみち) war auf der Berlinale ein äußerst intimer Film des jungen Filmemachers Daichi Sugimoto zu sehen.

Ein Film, der nicht mit einer spektakulären Geschichte aufwartet, der nicht mit Spezialeffekten Aufmerlsamkeit erheischt, der keine Superstars vorführt und gerade damit in den Bann zu ziehen vermag. Dies mit einer Intensität, die selbst 3-D-Produktionen nicht erzeugen können.

Es geht um Daichi, der zunächst für seinen High-School-Abschluss lernt und als er diesen beim zweiten Versuch erlangt, an die Universität geht um dort Film zu studieren.

Der Film beginnt mit einer Szene, in der der Protagonist als Kind auftaucht. Er ist in einem Video zu sehen, das bei seinen ersten Gehversuchen in Sachen Filmen entstanden ist. Er versucht Eidechsen einzufangen und hat das auf VHS-Kassette festgehalten. Einfach so, wie es ein Kind eben macht, mit verwackeltem Bild, gar nicht professionell.

Immer wieder gibt es diese Momente in denen nicht alles perfekt ist, in denen viel Raum ist für Unzulänglichkeiten, aber gleichzeitig viel Lebensfreude. An dieser Lebensfreude kann man als Zuschauer teilhaben. In den Szenen, in der Daichi Sugimoto mit seinen Freunden unterwegs ist, sei es in High-School-Zeiten mit dem Motorrad oder später im Studium mit dem Fahrrad, hat man das Gefühl dabei zu sein. Am liebsten möchte man auch mal eine Dose Bier öffnen und mit anstoßen.

Diese Intimität bei gleichzeitiger größtmöglicher Autenthizität kommt nicht von ungefähr.
Einerseits hat der Film klar einen biographischen Hintergrund. Zum anderen hat Daichi Sugimoto selbst die Hauptrolle gespielt und alle anderen Rollen wurden nicht mit professionellen Schauspielern, sondern nur mit Freunden und Verwandten besetzt, wie Daichi Sugimoto im Publikumsgespräch erzählt hat.

Außerdem gibt es viele Nahaufnahmen, die Kamera wird geradezu aufdringlich eingesetzt, doch gleichzeitig so, dass der Abstand zum Publikum äußerst gering ist. Emotionen sind dadurch ganz unmittelbar nachvollziehbar, die Figuren agieren nicht in einem weiten doch künstlich verkleinerten Raum, der von distanzierten BeobachterInnen wahrgenommen wird, sondern quasi einem direkt gegenüber.

Und es gibt diesen subtilen Humor, der nicht aufgesetzt, nicht übertrieben ist, sondern den Figuren einfach zu eigen zu sein scheint sowie dem Regisseur, der ja selbst eine Figur ist.

Es geht nicht um große gesellschaftliche Fragen, es geht vielmehr um den Weg, den der Regisseur eingeschlagen hat und die Faszination, die er als Kind dabei hatte, Eidechsen zu fangen. Diese Faszination scheint nun auf das Filmemachen übergegangen zu sein. Und sie überträgt sich.

Die erste Aufgabe für den Protagonisten als Filmstudent ist es, einen kurzen Film über sich selbst zu drehen. So überlegt er sich, was für ihn eigentlich charakteristisch ist und erinnert sich dann an jenes Gefühl aus seiner Kindheit.

So schließt sich der Kreis und er dreht als nunmehr junger Erwachsener einen Film, in dem er sich selbst als Kind spielt, das mit seinen Freunden zusammen eben jene Eidechsen fängt.

Hier wird die - nun von seinen Freunden geführte Kamera - wieder unruhiger. Auch diese Unprofessionalität wirkt nicht aufgesetzt und tritt ja - wenn es um die Kameraführung geht - gerade nur dann zutage, wenn der Akt des Filmens gefilmt wird. Es handelt sich auf diese wohl um einen vergleichsweise transparenten Film. Doch entziehen sich auch Motive und Gedanken der Figuren, wie dies im echten Leben nunmal geschieht. Das Leben selbst schreibt eben auch für das Kino immer noch die besten Geschichten. Manchmal sind es solche, die man gerne miterlebt.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Ferdinand Liefert

Dipl.-Theologe (Studium in Greifswald / Marburg / Interreligiöses Studienprogramm in Kyoto ).

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