Hallyu, Manga und Co. auf Erfolgskurs

Popkultur Ostasiens Koreaboo ist nach eigener Aussage seit neuestem das erste K-Pop-Portal mit 5.000.000 Likes bei Facebook. Auch andere Kulturgüter Ostasiens kommen weltweit gut an.

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Die englischsprachige Online-Platform Koreaboo ist seit neuestem nach eigenen Aussagen das erste K-Pop-Portal mit 5.000.000 Likes bei Facebook. Hallyu - Koreanisch für Welle-, also das Phönomen einer internationalen Begeisterung für koreanische Popkultur, ist schon länger in Ost- sowie Südostasien zu beobachten, hat aber auch weitere Teile der Welt in ihren Bann gezogen.

Die drei Exportschlager K-Pop, koreanische Serien und koreanisches Essen bilden dabei eine gewisse Einheit, verweisen aufeinander und tragen zur Beliebtheit von allem bei, was Koreanisch ist.

Das auch im benachbarten Japan. Viele K-Pop-Stars veröffentlichen sogar Alben auf Japanisch, wäre ja auch unklug, sich den dortigen Marktanteil entgehen zu lassen. Im Zuge der Fußball WM in Japan und Südkorea 2002 haben sogar jeweils japanische und koreanische Musiker miteinander WM-Songs aufgenommen. Das obwohl auch damals zwischen den beiden Ländern ein angespanntes Verhältnis herrschte.

Dieses Jahr jährt sich die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Japan und Südkorea zum fünfzigsten Mal. Zu diesem Anlass plädierte der japanische Premierminister Shinzo Abe dafür, eine neue Ära für beide Länder anzustreben. Park Gyun-He ermutigte in einer Nachricht dazu, dieses Jahr eben jenes 50-jährige Jubiläum zu einem Wendepunkt der Beziehungen zwischen Japan und Südkorea zu machen, sodass beide Länder für eine neue, kooperative Zukunft zusammenarbeiten können.

Bemerkenswert ist, dass seit dem jeweiligen Amtsantritt beide noch keine offiziellen formalen Treffen abgehalten haben.

Die dafür ursächlichen Spannungen zwischen beiden Ländern sind unter anderem durch den Umgang und die Bewertung der Geschichte (vor allem die des 2. Weltkriegs) hervorgerufen. Auch in diesem Jahr hat es sich Shinzo Abe etwa nicht nehmen lassen, den umstrittenen Yasukuni-Schrein zu besuchen, an dem unter anderem japanische Kriegsverbrecher verehrt werden. Die "Trostfrauen"-Problematik gehört ebenfalls zum Themenfeld der Geschichtsaufarbeitung. Ein weiterer Streitpunkt ist ein langanhaltender Inselstreit.

Trotz der in Aussicht gestellten Bemühungen der beiden Staatsoberhäupter, die Beziehungen verbessern zu wollen, wirkt sich die angespannte Lage sogar darauf aus, dass in Japan mittlerweile zahlreiche koreanische Restaurants um ihr Überleben kämpfen müssen, sofern sie nicht bereits geschlossen worden sind. Deutlich bemerkbar ist dies etwa in der "Korea Town" Tokyos, in Shin-Okubo. Durch die politisch aufgeheizte Lage ist schon ein Rückgang an Sympathie für koreanische Kultur innerhalb Japans nicht nur unter Rechtsextremen zu verzeichnen.

In Deutschland erfreut sich koreanisches Essen weiterhin oder vielleicht sogar erst seit den letzten Jahren großer Beliebtheit, so veranstaltet die Platoon-Kunsthalle mit großem Zulauf in Berlin regelmäßig koreanische Street-food-Events.

Neben dem Essen sind es einerseits die koreanischen Serien, die weltweit Furore machen. In Asien erfreuen sie sich sicher noch größerer Beliebtheit als anderswo, aber die spannenden Geschichten, die starke Ausdrucksweise der SchauspielerInnen und der hin und wieder einfließende Humor bescheren ihnen auch darüber hinaus eine beträchtliche Anzahl an Fans. Und dies schon lange vor dem noch relativ neuen westlichen Hype um Fernsehserien, der ja vor allem auf US-Produktionen abzielt.

Sicher kann bei interkulturellen Rezeptionsprozessen hin und wieder schon mal etwas nicht so ganz genau nachvollzogen werden. So muss etwa die Erklärung,, "[d]ie Sehnsucht der Ostasiatinnen gilt nicht unbedingt einem Mann mit viel Sex-Appeal, sondern eher einem Mann, der die Wünsche der Frau zu spüren sucht und für sie da ist. Wenn er dazu noch gut aussieht, schadet das nicht", die am Ende eines Feuilleton-Beitrags in der NZZ zu lesen war als reine (weiße Männer-?) Phantasie abgetan werden. In jenem Beitrag ging es um einen Erklärungsversuch, warum die koreanische Serie "Love from Another Star" in China so berühmt geworden ist. Natürlich ist der Hauptdarsteller mit einem ganz außerordentlichen Sex-Appeal ausgestattet, welcher ein äußert wichtigr Faktor für dessen Erfolg darstellt. Schließlich ist er ja auch unter anderem Model.

Jene Serie ist nicht nur wegen ihres Erfolgs bemerkenswert, sondern auch, weil sie einen ironischen Blick auf ihr eigenes Geschäft, also das koreanische Show-Geschäft wirft.

Koreanische Filme stehen ab und an im Blickpunkt filmisch interessierter Öffentlichkeit, die koreanischen Comics, Manhwas stehen immer noch im Schatten der japanischen Variante. Einige Verleger, die deutschsprachige Mangas herausgeben, trauen sich ab und zu auch einige koreanische Comics zu publizieren, etwa Tokyopop - der erfreulicherweise sogar einige chinesische herausgibt. Jedoch dürfte das Bild von ostasiatischen Comics immer noch von den Mangas dominiert werden.

Diese werden dann auch sehr gerne in den Nachbarländern gelesen. Viele ChinesInnen studieren etwa gerne an der der Manga-Fakultät der Kyoto Seika Universität.

Die Popkultur zielt eben auf ein Publikum ab, das nicht in traditionellen oder schlichtweg nach wie vor virulenten politischen Frontstellungen verharrt, sich zum Teil auch gar nicht für solche interessiert. Insofern ist die Popkultur sogar eine Art Brücke in dieser schwierigen Nachbarschaft.

Mangas haben dem Nachkriegsjapan geholfen, Sympathie und Vertrauen zu gewinnen, selbst in einem Land wie Deutschland das auf eine viel weniger starke Comic-Tradition zurückgreifen kann als etwa Frankreich und Belgien sind zahlreiche Manga-Reihen in Übersetzung zu lesen. Hingegen schaffen es von den dazugehörigen Anime-Adaptionen nur vergleichsweise wenige ins deutsche Fernsehen.

Sind der K-Pop mit den ausgefeilten Choreographien und den durchgestylten Konzepten der jeweiligen KünsterlInnen, koreanische Filme und Serien teils auch, wie nur an einem Beispiel angedeutet, vor Missverständnissen in der "westlichen Welt" nicht gefeit, gilt dies sicher auch für viele inhaltliche Aspekte von Mangas.

Es ist fast erstaunlich, dass Mangas, die doch recht stark in japanischer Kultur verwurzelt sind weltweit solche Aufmerksamkeit erregen. Dies liegt sicher an der atemberaubenden Technik der ZeichnerInnen aber auch daran, dass die Interpretation von Comics immer mehrdeutig ist. Comics deuten bereits Phänomene und zeigen nie exakte Realität, so ist ein hundert prozentiges Verständnis der zugrunde liegenden realen Phänomene gar nicht in jedem Fall notwendig.

Mangas und Animes sind ferner so vielfältig, dass es für jeden etwas Interessantes zu entdecken gibt. Serien wie etwa die noch nicht abgeschlossenene Reihe "Ikigami" weisen auch auf gesellschaftspolitische Themen hin, und zwar nicht unbedingt dem politischen Mainstream entsprechend. Philosophisch wird es wie in dem Klassiker "Ghost in the Shell" zuweilen auch.

Da Gezeichnetes relativ leicht über kulturelle Grenzen hin weg verstanden werden kann, hat dann auch ein österreichischer Zeichner, nämlich Nicolaus Mahler, es erreicht, dass seine Werke im berühmten Kyotoer Manga-Museum zu sehen sind.

Ist die viel gehörte Musik in Südkorea eher poppig und kann ähnliches für China gesagt werden, so sind in japanischen Supermärkten und Radios vergleichsweise viele Rock-Nummern zu hören, Jazz ist auch weiterhin noch relativ angesagt. Die koreanische Jazz-Szene wiederum ist etwas jünger als die japanische. Einige VertreterInnen können in diesem Jahr erneut im Rahmen des JazzKorea-Festivals in Deutschland live erlebt werden.

War bereits die Rede von chinesischen Comics, also neben Manga und Manwha die Manhua, so gibt es im und aus dem Reich der Mitte sicher noch viel mehr spannendes zu entdecken, das im Westen bisher nicht so recht angekommen ist.

So war etwa in der China Daily-Asia-Ausgabe vom 06.03.2014 zu lesen, dass ausländische Kinoliebhaber immer noch vor allem Martial-Arts-Filme kennen.


So handelt es sich bei den chinesischen unter den Filmen, welche im Rahmen der in diesem Juli zu sehenden Reihe "Mit ARTE nach Asien" gezegt werden, ebenfalls um Filme jenes Genres.

Ohne Frage sind diese aus cineastischer Sicht äußert hochwertig, jedoch bilden sie selbstverständlich nur einen kleinen Ausschnitt dessen, was sich anzuschauen lohnt.

Während einer lediglich 12-tägigen Chinareise habe ich viel Techno, aber auch Popmusik wahrgenommen die z.T. mit traditionellen Einflüssen angereichert ist. Light Pop ist mir bisher als Titellieder einzelner Serien begegnet. Von einer chinesischen Studentin, die während der Frühlingsferien in einer Jugendherberge in Nanjing gearbeitet hat, wurde mir eine Metal-Band empfohlen, die ebenfalls chinesische traditionelle Musik aber in diesem Fall mit meines Erachtens skandinavisch anmutendem Metal verbindet.

Auch das sind nur einige Eindrücke, in einem so großen Land sollte man diese nicht überbewerten.

Die Rezeption von Kultur wirkt sich je auf das Bild konkreter Kulturen aus. So prägen K-Pop, koreanisches Essen, koreanische Filme, Mangas, Sushi und Kungfu-Filme das Bild dreier Länder Ostasiens, in denen ebenfalls jeweils jene Exportschlager der jeweiligen Nachbarländer mit Genuss konsumiert werden.

Inwieweit die Ausbreitung jener Kulturgüter über die unmittelbare Nachbarschaft hinaus diese selbst transformieren und wie diese die Wahrnehumg jener Länder noch beeinflussen werden bleibt spannend. Gerade vom größten der hier behandelten exportierenden Länder dürfte angesichts der innerchinesischen Veränderungen und des Wirtschaftswachstums der vegangenen Jahre noch viel Interessantes und vielleicht auch Überraschendes zu erwarten sein.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Ferdinand Liefert

Dipl.-Theologe (Studium in Greifswald / Marburg / Interreligiöses Studienprogramm in Kyoto ).

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