Von Monstern und dem Scheitern der Bombe

Film "Kong: Skull Island" profitiert von dem heutigen Stand der Filmtechnik und kommt als Actionfilm mit einer Botschaft daher, die militärischem Triumphalismus widerspricht

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Von Monstern und dem Scheitern der Bombe

Bild: Presse

In Tokios ikonischem Freizeitkomplex Roppongi-Hills sind unter dem Motto „Marvel – Age of Heroes“ seit dem 07. April bis zum 25. Juli Kostüme, Modelle und mehr aus dem Marvel-Universum zu bestaunen.

Die Comicwelt von Marvel tritt hier in plastischer, dreidimensionaler und im Gegensatz zum Comic unmittelbarer erfahrbar in Erscheinung.

Die Technik ist mittlerweile so ausgereift, dass das, was bisher dem Comic und dem Animationsfilm vorbehalten blieb, alles darstellen zu können, was der menschlichen Phantasie in den Sinn kommt, nun auch in viel realer wirkenden Formen geschieht.

So gilt dies auch für den Spielfilm in immer größerem Maße. Es ist nicht weiter verwunderlich, dass es von Comicverfilmungen im Kino unserer Tage nur so wimmelt. Dominant sind jene amerikanischen Produktionen, welchen etwa bis zum 25. Juni in den Roppongi Hills gehuldigt wird. Weitaus weniger Aufmerksamkeit erfahren international solche Verfilmungen wie etwa die durchaus gelungene Spielfilm-Adaption von Rurouni Kenshin oder andere, die es hier noch wert wären, genannt zu werden.

Ein weiteres Genre, welches mit den Comics durchaus verwandt ist, das von der rasanten technischen Entwicklung in Sachen Film der vergangenen Jahrzehnte profitiert, ist das des Monsterfilms.

Vergleicht man etwa die Godzilla-Filme der 1950er Jahre, um noch kurz im japanischen Kulturraum zu verweilen, mit dem im letzten Jahr erschienenen Shingodzilla, so sind die gravierenden Unterschiede geradezu überwältigend.

Der hier angesprochene Stand der heutigen Technik kommt dem im März diesen Jahres in die Kinos gekommenen Blockbuster „Kong: Skull Island“ ebenfalls deutlich zugute.

So wie die Kreaturen in Shingodzilla oder dem bereits 2006 erschienenen koreanischen „The Host“ ist das Monster Kong, was die visuelle Umsetzung angeht, kein albern wirkendes Spielzeug, sondern fügt sich wie selbstverständlich ästhetisch in die filmische Umgebung ein, etwas weniger aber immer noch überzeugend genug, tun dies die natürlichen Feinde Kongs.

Mag man Comicverfilmungen und Monsterfilme als vielleicht sogar trashige Ausprägungen (post)moderner Popkultur verstehen, so finden sich in ihnen nicht selten politische Implikationen.

In einigen Fällen sind es sogar mehrere politische Botschaften, die solchen Filmen eingeschrieben sind.

So ist im genannten Film „The Host“ einmal eine Kritik an Umweltsünden und an negativen Auswirkungen der nicht immer auf die lokalen Bedürfnisse Rücksicht nehmenden Präsenz des US-Militärs als auch der Aspekt der sozialen Spaltung der südkoreanischen Gesellschaft angelegt, wenn auch mit stärkerem Gewicht auf letzterem.

Wenden wir uns amerikanischen Filmen zu, so fällt als ein Beispiel, das eine Art Vorgeschmack auf politische Kultur àla Trump darstellen könnte, „World War Z“ von 2013 ins Auge. Hier findet sich nicht nur eine weiße männliche Erlöserfigur, sondern auch ein deutlich anti-arabischer Einschlag und das Vorbild der israelischen Mauer als gutes Beispiel, wie man sich gegen äußere Bedrohungen schützen kann, welche im Film freilich die Zombies sind, die durch einen Virus zu ebensolchen werden, der bis ins aus amerikanischer Sicht exotische Indien zurückzuverfolgen ist.

Nun haben wir es in den USA mit einem Präsidenten zu tun, der Mauern als Abwehrmechanismen durchaus zu schätzen weiß und nicht gerade pro-arabisch daherkommt und – wie man mittlerweile nun erkennen kann – auch auf der weltpolitischen Bühne das berühmte „America first“ als Programm verfolgt.

Hollywood war von Anfang an eher kein Freund Trumps und hat in jüngster Vergangenheit weitaus liberalere Filme hervorgebracht, als solche nach der Fasson von „Worldwar Z“.

Amerikas weltpolitischer Rivale China ist an Kooperation mit den USA, wie jüngst das Treffen Donald Trumps mit Xi Jinping gezeigt hat, durchaus interessiert, wenn auch klar ist, dass gewisse Probleme von den Regierungen beider Länder weiterhin unterschiedlich beurteilt werden.

Chinas Filmmarkt ist mittlerweile in den USA involviert, beziehungsweise besteht eine Zusammenarbeit zwischen Hollywood und China, wie beispielsweise durch die Beteiligung von Alibaba Pictures bei dem zuletzt herausgekommenen Teil der Mission Impossible-Reihe oder auch der Beteiligung durch Tencent Pictures bei dem bereits angesprochenen „Kong: Skull Island“.

Zweifelsohne kann niemand ernsthaft ein Interesse an einer Steigerung der Spannungen zwischen den USA und China haben ohne zynisch zu sein, gerade angesichts der sich weiter aufheizenden Situation auf und um die koreanische Halbinsel herum. So spricht noch vor dem wichtigen Treffen der beiden Staatsmänner, der Film „Kong: Skull Island“ eine wichtige Botschaft in die Zuschauerschaft hinein, welche gerade wegen ihrer politischen Relevanz einer genaueren Analyse wert ist.

Der Film greift das alte King Kong Thema auf. Auch hier ist Kong ohne Zweifel eine Art König.

Ist ein kolonialistischer Vorstellungshorizont aus älteren Verfilmungen des Stoffs rund um den gigantischen Affen nicht ganz absent, so ist diese jedoch in starkem Maße aufgebrochen und mit einer durchaus klar vorgetragenen Kritik versehen.

Selbstverständlich spielt die Vorstellung von etwas Exotischem eine wichtige Rolle. Kong bewohnt eine noch unerforschte Insel im Südpazifik und der Dschungel, der diese Insel überzieht, lädt Invasoren dazu ein, die Umgebung und darin befindliche Kreaturen zu zähmen oder zu bekämpfen.

Die Story – und hier ist bereits die Grundlage für die bisher lediglich angedeuteten politischen Implikationen des Films gelegt – spielt nach Ende des Vietnamkriegs. Das Ganze ist atmosphärisch mit oft knackiger Musik aus der Zeit unterlegt, sodass Assoziationen mit der Anti-Kriegs-Bewegung, mit den ikonischen Bildern des Vietnamkriegs und der gesellschaftlichen Stimmung der Zeit hervorgerufen werden.

Ein von John Goodman gespielter ambitionierter Wissenschaftler möchte mit einem Team, das noch zusammenzustellen ist, eine bisher unerforschte Insel untersuchen, weil er vermutet, dort etwas vorzufinden, von dessen Existenz er überzeugt ist, von dessen Existenz er aber bisher kaum andere zu überzeugen vermochte.

Er hat schließlich Glück, dass sein Vorhaben genehmigt und somit finanziert wird. Als Teammitglieder dienen ihm sodann nicht nur Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sondern auch Mitglieder des U.S.-Militärs, das gerade noch davon ausgegangen ist, nun endlich nachhause zurück kehren zu können.

Da prallen natürlich Welten aufeinander. Doch von Anfang an ist klar, in dem unwirtlichen Gelände kann man nur zusammen überleben. Filmisch ist dies vorweggenommen durch die Erzählung des Absturzes eines japanischen Piloten und des ihn bekämpfenden amerikanischen Soldaten, welche schließlich Verbündete wurden, um auf der Insel, von der es für sie kein Zurück mehr gab, den Widrigkeiten standzuhalten.

Die Widrigkeiten freilich sind gewaltig. Da wimmelt es nur so von Monstern, die sich teils im Wasser verstecken, teils so gut getarnt sind, dass man sie für Bäume halten kann.

Das Team aus Forschern und Militärs trifft denn auch noch auf eine indigene Volksgruppe, die etwas zu sozialromantisch als perfekte organisierte Gesellschaft dargestellt ist. Unter den Angehörigen lebt ein eigenwilliger Außenseiter, bei dem es sich um keinen anderen als jenen von John C. Reilly gespielten U.S.-Soldaten handelt, der sich einst im Kampf mit dem bereits verstorbenen japanischen Piloten befand.

Die besonderen Witterungsbedingungen der Insel haben es ihm niemals erlaubt, sein neues zuhause wieder zu verlassen. Für das Team ist er natürlich der gefundene Experte, der einen Brückenkopf zu der indigenen Volksgruppe bildet und als Ratgeber, wie man sich auf der Insel zu verhalten hätte willkommen ist.

Einen solchen hat die Gruppe bitter nötig. Etwas klischeehaft dringen sie unter der Ägide des Militärs in die Insel ein wie ein Elefant in einen Porzellanladen und werfen nicht nur hier und dort zu Forschungszwecken Bomben ab, sondern legen sich mit Kong an, was einige Mitglieder der Expedition schließlich mit ihrem Leben bezahlen müssen.

Der von Samuel L. Jackson gemimte Commander der Militärs sinnt schließlich auf Rache ohne Rücksicht auf Verluste. Doch der zurückgebliebene Soldat weiß: Kong ist nicht der Feind, er ist der Beschützer der Menschen dieser Insel.

Die Allmachtfantasien des Militär-Commanders führen nicht zu einem Sieg des Menschen über die zu bändigende Natur, sie führt nicht zu einem Erfolg durch die Anstrengung, die nun einmal aufzubringen ist, wenn man etwas erreichen will, sie führen nicht zu einem Triumpf durch Gewalt.

Kong kann nicht ohne weiteres bezwungen werden und schon gar nicht die Monster, welche nur Kong zu bändigen weiß.

Wenn man nun an das Szenario denkt, in dem hier diese Auseinandersetzung zwischen Mensch und Natur angesiedelt ist, so regt es den Rückblick an. Die Strategie der Bombardierung und sinnlosen Verwüstung der Natur, etwa mit Napalm, welches auch von den Militärs im Film verwendet wird, hat schon in Vietnam nur Tod und Zerstörung angerichtet, ohne ein konstruktives Ziel zu begünstigen. Auf der „Skull“-Insel, wiederholt sich in gewisser Weise der Vorgang, doch – so viel Spoiler sei mir verziehen – zum Glück wird er nicht wieder bis zum desaströsen Ende weiterverfolgt.

Der Film "Kong: Skull Island" ist so kein Film, der dem Muster folgt, man müsse das meist, wie in diversen Zombie-Filmen anonyme Monster durch Gewalt auslöschen, man muss nur die Schwachstelle der Monster finden. Es ist kein Film, der die Stärke in Form von Brutalität als bewährtes Mittel darstellt.

Es ist ein Actionfilm, ein Film, der dank moderner Technik mit atemberaubenden Anblicken und Geräuschen und letztlich einer Geschichte, die nicht allzu komplex gestrickt ist, zu unterhalten weiß.

Die Botschaft des Films, die viele erreichen wird, kann man sich angesichts der weltpolitischen Lage ruhig einmal auf der Zunge zergehen lassen, auch wenn es sicherlich tiefgründigere Kinoereignisse gibt und die Zielgruppe den Film ganz sicher nicht mit einem ausgeprägten Bedürfnis schaut, sich belehren zu lassen.

Es handelt sich um einen Blockbuster, der erfrischenderweise keine reine Feier maskulinen Heldentums mit einhergehender Signalisierung, dass man in manchen Fällen eben einfach Gewalt anwenden müsse, um ans Ziel zu kommen, ist – ohne dabei Actionfans zu enttäuschen.

Was nun auch für Actionfans allerdings schon ein Wermutstropfen sein dürfte, ist die vergleichsweise geringe Bedeutung und Präsenz, der von dem chinesischen Superstar Tian Jing gespielten Figur San Lin.

Wenn man sich etwa an die überzeugende Performance Tian Jings in Special ID von 2013 erinnert, so fragt man sich schon, warum man ihr Potential nicht auch in "Kong: Skull Island" noch mehr hat zum Tragen kommen lassen.

"Kong: Skull Island" ist insgesamt ein gut gemachter Monsterfilm mit einer Botschaft, die man heutzutage nicht stark genug betonen kann.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Ferdinand Liefert

Dipl.-Theologe (Studium in Greifswald / Marburg / Interreligiöses Studienprogramm in Kyoto ).

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