Zu wenig Englisch und einseitiger Austausch

Hochschulbildung An und von deutschen Universitäten ausgehend findet zwar interkultureller Austausch statt, doch nur in begrenztem Maß

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Zu wenig Englisch und einseitiger Austausch

Foto: John MacDougall/AFP/Getty Images

Im April hat hierzulande wieder ein neues Semester begonnen. Deutschlands Universitäten genießen zum Teil auch in außereuropäischen Ländern wie China und Japan ein hohes Ansehen. Doch könnte ein Austausch erleichtert werden.
Universitäten, die doch auf dem ersten Blick als geradezu ideal gelten mögen, um internationalen Austausch zu fördern, auf studentischer Ebene Verständigung über kulturelle und religiöse Grenzen hinweg, ein Ort, wo auf Grund des hohen Bildungsstandards doch eigentlich stumpfe rassistische Ressentiments nichts zu suchen haben dürften, weisen in Deutschland große Hürden für dieses beschriebene Idealbild auf.

Wenn einzelne DozentInnen sich diskriminierend gegenüber Studierenden verhalten, wenn Studierende aus gut-bürgerlichem Haushalt mit der kulturellen Vielfalt der KommilitonInnen überfordert sind oder offen rassistisch wie oftmals Mitglieder der Studentenverbindungen und Burschenschaften, dann ist das ein gesamtgesellschaftliches Problem und keineswegs eines, das von den Universitäten allein ausginge.

Doch wie etwa ausstehende Sanierungen vieler Universitätsgebäude einen Beitrag zum Energiesparen und so einen wichtigen Baustein im Umgang mit dem Klimawandel bilden, so gibt es auch im universitären Bereich Mechanismen oder festgefahrene Tatsachen, die eine interkulturelle Verständigung in einer wirklich tiefgreifenden Dimension erschweren. Eine dieser Tatsachen ist das fehlende Angebot an Lehrveranstaltungen auf Englisch. In den Naturwissenschaften ist dies weniger der Fall. Dort gibt es ja auch Angebote auf Englisch und zudem vielfach Kooperationen mit Universitäten anderer Länder über den Erasmus-Bereich hinaus. In den Geisteswissenschaften jedoch ist und bleibt die große Sprachbarriere ein Problem. Deutsch ist für Nicht-MuttersprachlerInnen besonders aus dem außereuropäischen Ausland sicher keine der leicht zu lernenden Fremdsprachen. Englisch hingegen wird an so vielen Schulen weltweit unterrichtet, dass Englisch – ob man nun diese Sprache besonders wertschätzt oder nicht – eine gute Grundlage für Kommunikation im Unialltag in Deutschland bilden könnte.In anderen Ländern, wie etwa in Schweden oder Finnland ( wo ja die Meinung besteht, dass es für Nicht-Finnen nahezu unmöglich ist Finnisch auf hohem Niveau zu erlernen) gibt es viel mehr englisch-sprachige Angebote und dies in vielerlei Fächern.

Dass einige Geisteswissenschaften in gewissem Maße auch relativ eurozentristisch bleiben liegt zudem auch daran, dass der Austausch in die Richtung von Deutschland aus in Länder außerhalb Europas nicht gerade stark gefördert wird. Es gibt vielleicht einige spezielle Stipendien für solche Fälle, jedoch fördert etwa der DAAD vor allem Studierende der Naturwissenschaften, wenn sie in ostasiatischen Staaten wie der Volksrepublik China studieren wollen – um nur ein Beispiel zu nennen. Doch gerade eine Kooperation in den Geisteswissenschaften, welche nun eine Kooperation auf anderem Gebiet keineswegs ablösen sollten - in Technik, Pharmazie, Medizin etc. sind internationale Kooperationen natürlich wichtig und aus solcher Zusammenarbeit kann auch ein vertieftes gegenseitiges Verständnis erwachsen – könnte dazu beitragen lang gehegte, immer wieder reproduzierte kulturelle Klischees zu revidieren und im globalen Zeitalter die Liquidität und transformativen wie prozessualen Qualitäten von kulturellen Einflüssen besser zu erforschen.

Dass im Bildungssektor unter der Maßgabe der Haushaltskonsolidierung in den letzten Jahren massiv gekürzt wurde erschwert die Ausgangslage natürlich und es ist zu fragen, ob bei gleichbleibender Tendenz überhaupt die Attraktivität deutscher Forschungseinrichtungen und Universitäten auf lange Sicht erhalten bleiben werden kann.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Ferdinand Liefert

Dipl.-Theologe (Studium in Greifswald / Marburg / Interreligiöses Studienprogramm in Kyoto ).

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