Hartz IV: Hunger in Deutschland

"Tafelnation" Hartz IV: Deutschland lässt seine Kinder ohne Kleidung und ausreichende Ernährung in Stich.

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Unfassbar
Deutschland, eines der reichsten Länder entwickelt sich Dank einer völlig verfehlten Sozial- und Sanktionspolitik, auch zu einer der führenden "Tafelnationen"

Tafelnation Deutschland

Neben der Tatsache das Kinder nicht ausreichend eingekleidet werden können, weil Wachstum und Jahreszeiten einen regelmäßigen umfangreichen Bedarf bedingen, lässt eine der größten Industrienationen der Welt, seine Bürger auch hungern!

Die bundesweit agierenden Tafeln haben sich in den vergangenen 20 Jahren zu einer der größten sozialen Bewegungen in Deutschland entwickelt. Waren es 2002 noch gut 300, gibt es heute bundesweit 923 Tafeln mit rund 3.000 Ausgabestellen. Bei ihnen engagieren sich rund 60.000 ehrenamtliche Mitarbeiter. Alle zusammen versorgen sie mehr als eine Million Menschen mit Lebensmitteln, die sie als Spenden im Handel und bei Herstellern gesammelt haben. Die Zahl der Flüchtlinge, die zu den Tafeln kommen, wird auf 100.000 geschätzt.

Die Tafeln finanzieren sich ausschließlich durch Spenden und Mitgliedsbeiträge. Verteilt werden hauptsächlich Lebensmittel, in kleineren Mengen auch Kleidung, Spielsachen und Bücher. Einige Tafel-Stellen bieten auch warme Mahlzeiten an oder beliefern soziale Einrichtungen.

Die erste deutsche Tafel wurde 1993 von der Initiativgruppe Berliner Frauen e.V. gegründet. Der Dachverband wurde zwei Jahre später auf einer Jahrestagung in Jena ins Leben gerufen.

Beide Seiten profitieren

Die Idee hinter der Tafel: Auf der einen Seite gibt es Lebensmittel, die im Wirtschaftsprozess nicht mehr verwendet werden können, aber qualitativ noch einwandfrei sind – beispielsweise aus Überproduktionen, zu großen Lagerbeständen und bei Sortimentswechsel, aber auch Brot und Brötchen vom Vortag, Lebensmittel kurz vor Ende des Mindesthaltbarkeitsdatums, falsch abgefüllte oder verpackte Ware, saisonale Produkte am Ende der Saison etc.

Auf der anderen Seite gibt es auch in einem Land wie Deutschland viele Bedürftige, die diese Lebensmittel gebrauchen können: vor allem Arbeitslose, Alleinerziehende, Geringverdiener, kinderreiche Familien und Rentner.
Die deutschen Tafeln unterstützen regelmäßig ca. 1,5 Millionen bedürftige Personen, davon

30% Kinder und Jugendliche,
53% Erwachsene im erwerbsfähigen Alter (v.a. ALG-II- bzw. Sozialgeld-Empfänger, Spätaussiedler und Migranten)
17% Rentner.

Bundestafeltreffen 2015 in Augsburg
Der Armut ein Gesicht geben

Das tägliche Brot einkaufen können sich viele nicht mehr leisten. Sie essen, was in den Regalen liegenbleibt. In Augsburg erörterte die deutsche Tafelbewegung, wie sie mit der zunehmenden Armut umgehen soll.

"Können wir schon brauchen", sagt Peter Gutjahr und dirigiert zwei Männer, die ihm eine Steige haltbare Milch auf die Rampe gestellt haben. Der 69-Jährige ist zweiter Vorstand der Augsburger Tafel, die ihren Hauptsitz im Stadtteil Oberhausen hat. Als Verantwortlicher für Logistik und Fuhrpark weiß er über jede eingehende Banane Bescheid. Und darüber, welches Fahrzeug wo wann sein muss, um die sechs Ausgabestellen in der Fuggerstadt zu versorgen.

Gutjahr ist einer von rund 60.000 Freiwilligen in der deutschen Tafelbewegung. Bundesweit gibt es inzwischen mehr als 3.000 Ausgabestellen. Die Organisation versorgt über eine Million Menschen mit Lebensmitteln, ein Drittel davon sind Kinder und Jugendliche. In Augsburg fand in dieser Woche das Bundestafeltreffen statt - erstmals kamen die Delegierten zu ihrer Jahrestagung ins vermeintlich wohlhabende Bayern.

5.000 Bedürftige kommen - bei weitem nicht alle

In der Geburtsstadt Bert Brechts helfen mehr als 200 Ehrenamtliche bei der Beschaffung und Verteilung der Lebensmittel. Die Zentrale liegt im Augsburger Industriegebiet. Vom Supermarkt um die Ecke kommen die wenigsten Waren - eher direkt von den Produzenten. "Die Firmen stellen uns das palettenweise zur Verfügung", sagt Rentner Gutjahr und deutet auf Kisten mit Kartoffelpüree, haltbar bis Juli. Vielen Läden ist das zu knapp, die Ware wird vom Produzenten abgeschrieben.

"Wir versorgen gegenwärtig fast 5.000 Leute", berichtet Gutjahr. Tendenz steigend. Wer Lebensmittel möchte, muss sich anmelden und bekommt einen Ausweis. Ein Besuch kostet einen Euro, Kinder zahlen nichts. "Berechtigt ist jeder, der Hartz IV bekommt oder nur eine kleine Rente hat", sagt der Logistikchef. Aber es kommen bei weitem nicht alle. Gutjahr kennt die Scham der alten Augsburger: "Die hungern lieber einen Tag, als dass sie zu uns kommen."

Tafel als barmherziger Samariter

"Tafeln geben der Armut ein Gesicht", sagt der Vorsitzende des Bundesverbandes, Jochen Brühl, der mit großer Mehrheit im Amt bestätigt wurde. Die Gesellschaft müsse sich mit dieser Realität auseinandersetzen. Der 49-jährige Ludwigshafener stellt politische Forderungen: gerechtere Steuern und Bildungschancen, armutsfeste Renten, einen nationalen Armutsbeauftragten. Zum Abschluss des bundesweiten Treffens der Lebensmitteltafeln kündigte er eine weitere Professionalisierung der Bewegung an. Die 60.000 Helfer seien das höchste Gut der Tafeln, sagte Brühl am Wochenende in Augsburg. In die ehrenamtlichen Mitarbeiter der 923 gemeinnützigen Tafelinitiativen müsse investiert werden.

Die Tafeln können nach eigenen Angaben vielerorts mit der steigenden Nachfrage kaum mithalten. Es fehle an Lebensmittelspenden und Mitarbeitern. In Augsburg diskutierten rund 700 Delegierte über die Zunahme von Flüchtlingen an den Ausgabeständen, Lebensmittelgesetze in Europa, über Schritte zur Verringerung sozialer Ungleichheit und die Entwicklung der Tafeln in Deutschland. Das 21. Bundestafeltreffen endete mit einem kostenfreien Mittagessen für 1.000 Menschen im Stadtzentrum.

Bereits vor dem Treffen hatte Brühl auf die schwierige Lage der Tafeln durch die steigenden Flüchtlingszahlen aufmerksam gemacht. Die Flüchtlingsbetreuung bei den Tafeln dürfe nicht dazu führen, "dass die Politik ihre Hände in den Schoß legt", mahnte der Bundesvorsitzende.

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Geschrieben von

FHP: Freie Hartz IV Presse

Perry Feth: SGB II - Aktivist u.Publizist! Als Eltern müssen wir gegen jede Art von Unrecht in der Hartz IV - Gesetzgebung - Widerstand leisten!

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