Italien hat eine neue, EU-skeptische Regierung gewählt, die mehr Unabhängigkeit von Brüssel wünscht. Sie möchte vor allem mit dem europäischen Sanktionsregime brechen und mit Russland sowohl ökonomisch als auch sicherheitspolitisch enger kooperieren.
Niemand auf der ganzen Welt – außer Daniel Brössler von der Süddeutschen Zeitung – kann die politische und wirtschaftliche Dynamik, die hieraus entsteht, vorhersehen. Und so polemisiert er systemgetreu mit einem langen Kommentar vom 25. Mai 2018 gegen das Ergebnis einer demokratischen Wahl:
»Die EU muss sich aufs Schlimmste gefasst machen«
»Finanzkrise, Brexit und Trump haben die EU erschüttert. Doch mit Italiens neuer Regierung droht eine Lage, die Brüssel so noch nicht kennt. Jetzt heißt es: Nerven bewahren.«
Ich habe ihm nachfolgende Email zugesandt:
Sehr geehrter Daniel Brössler,
Déjà-vu: Griechenland 2015. Und wieder steht ihr Schreiberlinge bereit, um die Öffentlichkeit im Sinne des Kapitalmarktes zu indoktrinieren. Damals haben Alexis Tsipras, Frau Merkel, Herr Schäuble, Herr Dijsselbloem & Co in feinem Zusammenspiel mit Herrn Draghi Griechenland gekapert und mit erbarmungslosen Austeritätsauflagen überzogen. – Da haben Sie doch eine Blaupause für die Griechenlandkrise Nr. 2 mit dem Namen Italienkrise, die in Wirklichkeit Wirtschaftskrise genannt werden muss. Es braucht nur noch eines verkommenen Premiers.
Damals hat Herr Schäuble Griechenland einen Bankenrun an den Hals geredet, während der ehemalige Vice President of Goldman Sachs und heutige Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Draghi, den griechischen Banken den Geldhahn zudrehte.
Ach, und was haben sich die Medien damals ins Zeug gelegt, der Welt die Schmutzigkeit der Finanzwelt mit ihren devoten Politikern als alternativlos zu erklären. Ein Akt symbiotischer Kumpanei mit der aktuellen Politik.
Und was passiert jetzt? Sie machen es uns wieder vor, reden von Populisten, tun so, als sei die bisherige europäische Finanzpolitik der Hintergrund einer gelungenen italienischen Finanzpolitik, vergessen die Bestandsaufnahme. Es sind italienische und europäische Bankster und Polit-Hasardeure, die die Finanzkrise Italiens gemeinsam herbeigeführt haben, auch und vor allem, indem sie sie kaschierten und sich immer wieder auch Tricks einfallen ließen, die italienischen Anleger – Bürgerinnen und Bürger also – für die Risiken ihrer eigenen Sauereien in Haftung zu nehmen.
Italiens stolze Bilanz: 360 Milliarden ausfallgefährdeter EURO. Noch im Januar 2017 "rettete" das mit 2,2 Billionen Euro (beziehungsweise 133 Prozent des Bruttoinlandsproduktes) verschuldete Italien die Bank Monte dei Paschi di Siena mit 20 Milliarden Euro - ein von der EU-Kommission genehmigter Bruch des Versprechens, dass solche Bail-Outs auf Kosten der der Steuerzahler nicht mehr vorkommen würden.
Was konnten wir der Presse am 10. April 2017 entnehmen:
»Im Aufmerksamkeitsschatten der Ereignisse in Syrien, Ägypten, Schweden und Ostasien haben sich die Finanzminister der EU-Länder auf der kleinen Mittelmeerinsel Malta getroffen und darüber gesprochen, wie man mit bis zu 940 Milliarden Euro faulen Krediten umgeht, die sich vor allem südeuropäischen Banken einspekuliert haben. Offenbar, um die Aufmerksamkeit dafür weiter zu verringern, lautet die offizielle Wortwahl dafür jetzt "Non Performing Loans".
Neben der Namensänderung sollen den Finanzministern nach neue Bad Banks in den jeweiligen Ländern dafür sorgen, dass die faulen Kredite weniger sichtbar sind. So, wie wenn man giftigen Müll unter den Teppich kehrt, damit er von niemanden gesehen wird und nur die "Euro-Skeptiker" beunruhigt, die dort herumschnüffeln.«
Also, was lamentieren Sie? Gilt es, dieses desaströse Ergebnis zu verteildigen – wie Sie es indirekt tun, indem Sie es gar nicht erwähnen. Das Land ist pleite, auch dank der ständigen Einflüsterungen unglaublich qualifizierter Medienmitarbeiter, die die Bevölkerung für jede Schmutzigkeit der Finanzwelt agitiert.
Wenn Europa bedroht ist, dann doch wohl durch seine grandiosen eigenen bisherigen Protagonisten. Und die müssen verschwinden, wenn sich etwas verändern soll. Wenn der EURO Italien stranguliert und die EU auseinanderbrechen lassen sollte, bin ich dafür, das Italien aus dem EURO und notfalls – wie das vereinigte Königreich – aus der EU aussteigt.
Die gegenwärtige EU ist ohnehin nur eine Fata Morgana. Ich zitiere: „Die Europäische Union ist ein System, das auf der schönen, aber falschen Annahme aufgebaut worden ist, es gebe einen verlässlichen Grundkonsens.“ – Ich nehme an, Sie kennen den Autor des Zitates.
Die gegenwärtige EU ist ein Disziplinierungsinstrument rigider neoliberaler Apparatschiks, die es in Kauf nehmen, wenn Jugendliche in Griechenland, in Spanien, in Italien, auf dem Balkan keine Jobs finden und keine berufliche Perspektive haben. – Ein solches Europa brauchen wir nicht.
Italien hat eine neue, EU-skeptische Regierung gewählt, die mehr Unabhängigkeit von Brüssel möchte. Sie möchte vor allem mit dem europäischen Sanktionsregime brechen und mit Russland sowohl ökonomisch als auch sicherheitspolitisch enger kooperieren.
Was ist daran illegitim? Was ist daran populistisch? Das „Unanständige“ (dass »eine Lage droht, die die Union so tatsächlich noch nicht erlebt hat.«) besteht ausschließlich darin, dass sie politisch etwas anderes will, als der auch von Ihnen so geliebte und propagierte bisherige politische Mainstream, der nur die Superreichen überproportional begünstigt und den immer mehr Bürgerinnen und Bürger unanständig empfinden und ablehnen.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Beineke
P.S.: Ich erlaube mir, diese Post an Sie auf meiner persönlichen Homepage und in öffentlichen Politikforen zu verwenden.
Kommentare 11
das sind die "üblichen Verdächtigen" mit den üblichen Reaktionen auf den immer sichtbarer werden Untergang des kapitalistischen Systems. Wir befinde uns effektiv mitten in diesem Untergang , der ein ( auch intellektuelles) Chaos erzeugt, auf das die systemkonformen Wasserträger jedoch nur mit hohlen Worten zu regaieren vermögen. Dass ihre Deutungen von einer durch Realität ( im Gegensatz zu Ideologie) belasteten Bevölkerung längst nicht mehr ernst genommen werden, ist schon eins der vielen Phänomene des besagten Untergangs. Kurz: denen, nicht nur den Eliten, sonderen auch deren Wasserträgeren, geht der Arsch auf Grundeis und dabei kommt solch pseudo-intelligenter Blödsinn heraus. Nicht weiter beachten also geau wie alle anderen "Institutionen" des Systems, von denen nicht eine einzige es lohnen würde sie zu retten, wenn man sie überhaupt retten könnte, was nicht der Fall ist. Wenn das System sich ändert , ändert sich alles. Übrig bleiben bei solchen Transitionen im allgemeinen nur Bauwerke von allenfalls musealem wert, wenn überhaupt...
Danke für Ihre Reaktion.
Ich bin mir völlig im Klaren darüber, dass sich jeder einzelne dieser vorlauten Medienjungs (Politiker sind zudem auch nicht anders) von meinen Emails wenig bis gar nicht beeinflussen lassen, sondern eher in Trotzhaltung verweilen. Aber ich werde mir ihre dreiste Agitation nicht mehr unwidersprochen gefallen lassen. Inzwischen mussten 47 Personen aus Politik und Medien meine Emails über sich ergehen lassen. Schön, dass sie sie jetzt auch noch im Internet nachlesen können (in der dFC und auf meiner eigenen Homepage).
Dass der unsägliche Clip des Stefan Kornelius „Russland will den Westen destabilisieren“ aus dem Internet verschwunden ist, hat vermutlich wenig mit mir zu tun aber wohl damit, dass außer mir auch noch andere dagegen protestiert haben.
Die Zeiten, in denen Kanzelprediger ihre Heilslehre unwidersprochen verkünden konnten, sind dann Gott-sei-Dank doch vorbei.
ja , ich habe mir ihre anschauliche Liste angeschaut. Das ist "teile und herrsche" vom Feinsten ... mehr ist nicht. Ein altes Konzept , das immer weigner greift. Man hofft nur , dass das allen klar ist.
Ähh ... weniger greift
Manchmal sind solche Projekte erfolgreich und motivieren enorm, zu oft greift die Gewalt mit Rueckendeckung der Juristen "durch" und beendet den Protest.
Das laeuft schon zu lange. Optimistisch wie Du bin ich nicht mehr. Das Geflecht der Money-maker ist zunehmend dichter geworden in den letzten 25 Jahren.
Dass diese Leute an ihrem eigenen Untergang arbeiten (der uns alle miteissen wird) wollen sie nicht wissen. Das troestet mich manchmal.
Der Kommentar den ich nan @Flegel abgeschickt habe war eher fuer Dich gemeint.
Ich bin davon überzeugt, dass diese systemdevoten Medienmitarbeiter auch an die Lehre glauben, die sie verkünden. Schwachsinn ist eben nicht nur eine metrische Angelegenheit, wie sich an dieser Population von Oberschlauen unschwer erkennen lässt.
ja da stimme ich zu, denn die Subjektivität der Rationalität lässt jede Position subjektiv als richtig erscheinen. Dies aber nur weil sie ihre Rartionalität auf Ideologie beziehen und nicht auf die Realität.
Wenn wir eine Chance haben wollen, dann besteht die sicher in einer ideologielosen Entscheidunundfindung. Leider ist das bei vielen erst dann gegeben , wenn die Not sie bereits überwältigt hat.
Diese Leute "bewegen" sich alle in virtuellen Zeitblasen und nicht in der einzigen historischen Realität. Geschichtsvergessenheit nennt man das Symptom wohl oder auch dogmatisches Denken, was natürlich alle weit von sich weisen würden.
Das "Unangenehme" an der italienischen Position (ohne Wertung der politischen Verhältnisse in Italien und die daraus sich ergebende wirtschaftlich/ soziale Situation) ist für Deutschland die Größenordnung, das ökonomische Gewicht Italiens in der EU, was sich in dieser Statistik sehen lässt, also eine ganz andere Hausnummer, als bei Griechenland. Wenn man die Statistik ausklappt, findet man Griechenland erst an 15ter Stelle.
Und nun wird sich (hoffentlich) schnell herausstellen, das sich Italien nicht mit der gleichen Medizin behandeln lässt, wie es Griechenland verordnet wurde, mit den ganzen desaströsen Folgen. Was von einigen (unterbelichteten) deutschen Ökonomen als Erfolg verkauft wird, wenn nur genügend Privatisierungen, Rentensenkung, kurz: Sozialabbau erfolgreich durchgesetzt wird.
Hier wird klar gesagt, wessen Zielen sich die Bürger in der EU unterzuordnen haben und in den reichen Ländern mit der weiteren internen sozialen Spaltung vertieft wird. Je früher dieses Kartell (präziser deutsche Monopolisierung) durchbrochen wird, desto besser!
„…also eine ganz andere Hausnummer, als bei Griechenland.“
Immerhin: Der griechische Staat erhielt damals Kredite in Höhe von 240 Milliarden Euro, damit über 200 Milliarden Euro Steuergelder an internationale Banken und verschiedene Hedgefonds fließen konnten. Diese Milliarden bekam Griechenland unter der Bedingung drastischer Sparauflagen, die die Einkommen der Menschen um ein Viertel reduzierten, weshalb es sowohl für die öffentliche Hand wie für den privaten Sektor in Griechenland unmöglich wurde, ihre alten und neuen Kredite zurückzuzahlen. 77 Prozent der Strangulierungskredite gingen also an den Finanzsektor.
Bei Italien geht es um ca. 360 Milliarden ausfallgefährdeter EURO.
Nur, um mal die Größenverhältnisse aufzuzeigen.
"Bei Italien geht es um ca. 360 Milliarden ausfallgefährdeter EURO."
Stellt eigentlich irgendeiner dieser Hanseln auch mal die Frage : Wieso sind die ... denn "ausfallgefährdet".... und was heißt eigentlich "ausfallgefährdet"?