Die große Koalition aus Interessengruppen, die eine Teilnahme der Bundeswehr an einer sogenannten „Iran-Mission“ nicht ausschließen möchte, wird immer größer.
Am 19. Juli gab das Zentralkommando der US-Streitkräfte in Tampa/Florida bekannt, dass es eine internationale Militärmission mit dem Namen „Sentinel“ (Wache) geben werde. Angeblich geht es um die Überwachung der Seewege und die Ermöglichung der Eskortierung von Schiffen. Man wolle mit „Alliierten und Partnern in Europa, Asien und im Nahen Osten“ über die Fähigkeiten sprechen, die dafür gebraucht würden.
Es geht also darum, die Organisation der nächsten Variante der Coalitions Of The Willing, um, wie die jüngere Geschichte bezeugt, westliche Herrschaftsinteressen notfalls auch mit Gewalt und Zerstörung durchzusetzen.
Zum Jahrestag der US-Verletzung des Atomabkommens mit dem Iran (JCPOA) und nachdem auch die europäischen Partner wichtige Bestandteile des Abkommens nicht umsetzen konnten oder wollten, hat die iranische Regierung angekündigt, einigen Verpflichtungen daraus ihrerseits nicht mehr nachkommen zu wollen.
Prompt wurde von Politik und Medien das Narrativ ausgegeben, dass Teheran damit gegen das Abkommen verstoße. So, wie sie auch verbreiten, Russland sei schuld, wenn es demnächst die INF-Verträge nicht mehr gibt. Der eigene Anteil wird immer systematisch ausgeblendet – mit eindeutiger Absicht!
Zur Erinnerung:
Großbritannien hatte im Rahmen aktueller westlicher Iran-Provokationen am 4. Juli 2019 in Gibraltar den Tanker "Grace1" mit der Begründung festgesetzt, er habe iranisches Erdöl für Syrien an Bord und damit gegen EU-Sanktionen verstoßen. Der Iran bestreitet das. Am 19. Juli 2019 stoppten die iranischen Revolutionsgarden dann in der Straße von Hormus den britischen Öltanker "Stena Impero". Zur Begründung hieß es, das Schiff habe internationale Regeln der Seefahrt nicht eingehalten, sein GPS-System ausgeschaltet und umweltschädigende Materialien an Bord. Beide Seiten sprachen von "Piraterie".
Und jetzt, so die pathologische Interpretation, muss eine Mission zum Schutz – wie sie es nennen – der Seewege in der Straße von Hormus installiert werden.
Die große Koalition aus Interessengruppen, die eine Teilnahme der Bundeswehr an einer Iran-Mission nicht ausschließen möchte, wird immer größer: Sie umfasst die CDU, die Grünen, die Industrie, weite Teile der Medienlandschaft und verschiedenste Lobbyisten. Erstaunlich offen mischt sich auch die Industrie in die Debatte ein.
Die skandalöse Forderung, die Bundeswehr quasi als Schutzmacht deutscher Unternehmen einzusetzen, äußerte aktuell auch der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger:
"Kaum ein Land hängt von der Freiheit der internationalen Schifffahrt so stark ab wie der Exportweltmeister Deutschland", sagte Ischinger der Welt am Sonntag. "Deshalb darf die Bundesrepublik auch nicht von der Reservebank aus zuschauen, wenn jetzt eine maritime EU-Schutzmission am Golf diskutiert wird", sagte Ischinger.
…
In den 'Ruhr Nachrichten Castrop-Rauxel', 01.08.2019, Seite 2, exponierte sich auch der Medienmitarbeiter Matthias Koch, seit Gründung des RND im Jahr 2013 in verantwortlicher Position beim RedaktionsNetzwerk Deutschland, und agitierte mit einem abenteuerlichen Kommentar seinerseits für einen solchen Einsatz.
Ihm habe ich heute nachfolgende Email geschrieben:
Wie weiter am Persischen Golf? – Deutschlands eigener Kompass
Hallo Matthias Koch,
»Wer wie die Deutschen ein regelbasiertes Miteinander will, muss allerdings auch Antworten haben für den Fall, dass ein Staat die Regeln verletzt. Pazifistische Rhetorik mag Applaus auf den Marktplätzen bringen, hilft aber weltpolitisch nicht weiter. Die Grünen-Europapolitikerin Franziska Brantner hat dies erfasst; sie sprach sich jüngst für eine EU-Mission zum Schutz der Seewege in der Straße von Hormus aus. Ein Militäreinsatz, der europäisch abgestimmt sei und deeskalierend wirke, könne helfen; dies sei jedenfalls besser, als den Konflikt Trump zu überlassen.«
Das ist so ungefähr das Unverschämteste, was uns der politisch-mediale Komplex (also der erlesene Klub, dem offensichtlich auch Sie angehören) bisher lieferte und ein wunderbarer weiterer Beleg für die Kumpanei von Politik und Medien, die dem Michel regelmäßig die zu diskutierenden Themen vorgeben.
Haben Sie nicht begriffen:
Es geht in Wahrheit um die Organisation der nächsten Variante der Coalitions Of The Willing, um westliche Herrschaftsinteressen notfalls auch mit Gewalt und Zerstörung durchzusetzen.
Es gibt Vorerfahrungen auf diesem Gebiet, auch mit Narrativen, die Sie hier verbreiten. Sie geißeln die „pazifistische Rhetorik“, und hinterlassen am Ende zerstörte Nationen. Polemisch und scheinheilig stellen Sie in Ihrem Kommentar die Frage: »Hat niemand etwas gelernt?« Der Gipfel von Frechheit! Denn es sind offensichtlich Sie, der nichts gelernt hat, sondern, ganz im Gegenteil, eine pathologische Geschichtsinterpretation betreibt:
»Die Iran-Krise fühlt sich mittlerweile ebenso beklemmend an wie die Irak-Krise vor 16 Jahren. Heute wie damals geht ein tiefer Riss durch Europa und durch die atlantische Allianz. Und heute wie damals schwächt genau dies die Autorität des Westens – und lässt die Kriegsgefahr wachsen.«
Eine steile These angesichts der historischen Tatsachen:
Die US-Amerikaner organisierten nach einem inszenierten Lügenauftritt mit Colin Luther Powell im Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen am 5. Februar 2003 unter Beteiligung von nahezu 50 westlichen Staaten völlig gegen Völkerrecht eine „Coalition Of The Willing“ und fielen in den Irak ein. Der UN-Sicherheitsrat hatte seine Einwilligung für einen solchen Überfall gerade zuvor abgelehnt. Zahlreiche Staaten dieser Koalition wollen heute an ihre Schandtat nicht mehr erinnert werden.
Mit dabei auch folgende EU-Staaten: Bulgarien, Dänemark, Großbritannien, Italien, Lettland, Litauen, Niederlande, Polen, Portugal, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn.
Wenn Sie mit dem „tiefen Riss durch Europa 2003“ das Fischer’sche „I am not convinced" meinen, so verstehe ich das als Ihr Bedauern, dass er Deutschland an diesem Völkerrechtsbruch nicht beteiligte. So etwas kann natürlich nur meinen Zorn wecken.
Und wenn sie scheinheilig die Grünen-Europapolitikerin Franziska Brantner bemühen, so tritt sie offensichtlich in die Fußstapfen ihres Parteigenossen Joschka Fisher, der Deutschland 1999 bereits Arm in Arm mit dem SPD-Mann Gerhard Schröder mit der völkerrechtswidrigen Beteiligung am Jugoslawienkrieg überhaupt wieder kriegsfähig machte und damit die Willy-Brand-Doktrin „Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen!“ unterlief.
Und so etwas hofieren Sie? Und sie geißeln zudem europäische Politiker, »die viele schlaue Reden halten und vor Eskalationen warnen – sich aber ebenfalls keine Mühe geben, so etwas wie eine gemeinsame Weltpolitik zustande zu bringen.«
Wie nennen Sie denn die „gemeinsame Weltpolitik“ diverser Coaltions Of The Willing, die die muslimische Welt mit Zerstörungskriegen überzog und von denen sich immer noch eine völkerrechtswidrig im zerstörten Syrien aufhält und deren Weiterbestehen auch aktuell noch die Unterstützung der deutschen Bundesregierung findet. Immer, wenn es um Kriegführung ging, standen die EU-Nationen wie Brothers In Arms fest zueinander:
Sie haben den im Übrigen mithilfe des amerikanischen Geheimdienstes angezettelte Bürgerkrieg in Syrien spätestens am 5. September 2014 beim NATO-Gipfel im walisischen Newport durch die Gründung der Internationalen Allianz gegen den Islamischen Staat internationalisiert und dramatisiert!
Mit von der Partie dieser mehr als 70 Nationen die EU-Staaten: Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Serbien, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn, Zypern.
Na selbstverständlich haben die „gemeinsame Weltpolitik“ betrieben und dafür den geschwollenen Terminus „westliche Wertegemeinschaft eingeführt:
Aus geopolitischer Rivalität haben zuerst Katar und später auch Saudi-Arabien, Kuwait und die Vereinigten Arabischen Emirate im Verbund mit Großbritannien, Frankreich und den USA einen der brutalsten Kriege der Neuzeit entfacht, der unter anderem zur Entstehung des sogenannten Islamischen Staates geführt hatte und zu einem Magneten für Dschihadisten jeglicher Couleur wurde. Auch Deutschland und die Türkei hatten einen nicht zu verleugnenden Anteil an der versuchten Zerstörung der arabischen Republik Syrien, bis der Iran und vor drei Jahren auch Russland der syrischen Regierung von Baschar al-Assad zu Hilfe eilten.
Angesichts dieser Bilanz dann Ihr obszöner und lapidarer Schlusssatz: »Deutschland braucht diverse Nachrüstungen. In die verteidigungspolitische Debatte muss als erstes ein Mindestmaß an intellektueller Redlichkeit neu eingeführt werden.«
Intellektuelle Redlichkeit! – Sollte man sich merken, sollte sich vor allem der politisch-mediale Komplex merken.
Europa, auch Deutschland, ist Bestandteil jener westlichen Wertegemeinschaft, die sich längst zu einem supranationalen Angriffsbündnis entwickelt hat. Ihre „gemeinsame Weltpolitik“ organisiert die Herrschaftsinteressen der USA und ihrer europäischen Vasallen. Früher wegen der USA, heute gegen die USA. Das ist das Narrativ, das auch Sie bedienen: „Deutschland braucht diverse Nachrüstungen!“
Mit (nicht wirklich) freundlichen Grüßen
Jürgen Beineke
...
Straße von Hormus: Die Kumpanei – Teil IIDie große Koalition aus Interessengruppen, die eine Teilnahme der Bundeswehr an einer Iran-Mission nicht ausschließen möchte, wird immer größer: Sie umfasst die CDU, die Grünen, die Industrie, weite Teile der Medienlandschaft und verschiedenste Lobbyisten. Erstaunlich offen mischt sich auch die Industrie in die Debatte ein.
In diesem Kontext agitiert bzw. spekuliert Matthias Koch auch heute ('Ruhr Nachrichten Ausgabe Dortmund D1 Süd', 02.08.2019, Seite 3) öffentlich weiter und zeichnet hierfür das Bild des jüngsten Schurken der westlichen Wertegemeinschaft und füllt damit nahezu eine ganze Seite der Zeitung:
»Es gibt diverse Szenarien für eine Blockade der Straße von Hormus. Der Iran könnte vor aller Augen militärisch tätig werden, indem er seine Marine anweist, Minen zu verlegen oder Raketen auf Schiffe abzufeuern. Dies aber würde von der ersten Minute an einen Krieg mit der Supermacht USA auslösen, vermutlich mit verheerenden Folgen für die gesamte Infrastruktur der iranischen Marine. Manche Experten erwarten daher eher etwas anderes, einen terroristischen Anschlag etwa, ausgeführt von Tätern unbekannter Herkunft.
Im Juli wählte der Iran eine noch subtilere Variante: Ausländische Schiffe wurden, der Form nach gemäß internationalem Recht, aufgebracht und festgesetzt, wegen eines angeblichen „Verstoßes gegen die Regeln der Durchfahrt“. Zuvor hatten die Briten Ähnliches gemacht und einen iranischen Tanker bei Gibraltar gestoppt, der Öl nach Syrien bringen sollte.«
Das Aufbringen von Tankern: Lt. Matthias Koch eher ein Scharmützel zwischen Großbritannien und dem Iran. Aber es ist ihm (wie auch anderen) wichtig, das angebliche Fehlverhalten des Iran voranzustellen, bevor er schließlich, quasi so nebenbei auch das diesbezügliche Verhalten Großbritanniens erwähnt: Ursache und Wirkungszusammenhänge vorsätzlich außer Acht lassend.
Dass dem massivste westliche Provokationen vorausgegangen waren und die Tanker-Beschlagnahme durch Großbritannien in Wahrheit gefährliche Episode und damit Teil des schmutzigen westlichen Provokation-Spiels sind, spielt für den Autor offensichtlich überhaupt keine Rolle.
Außerdem scheint das Bild vom Provokateur Iran medial längst verabredet zu sein, denn SPIEGEL ONLINE verbreitet eine ähnliche Darstellungsweise von Agenturen:
»In der Straße von Hormus hatten iranische Revolutionsgarden Mitte Juli einen britischen Tanker beschlagnahmt. Zur Begründung hieß es, die "Stena Impero" habe internationale Regeln der Seefahrt nicht eingehalten, sein GPS-System ausgeschaltet und zudem umweltschädliche Materialien an Bord gehabt. Beide Seiten sprachen von "Piraterie". Zuvor hatte Großbritannien in Gibraltar den Tanker "Grace1" mit der Begründung festgesetzt, er habe iranisches Erdöl für Syrien an Bord und damit gegen EU-Sanktionen verstoßen, Iran bestreitet das.«
Auch hier kein Hinweis auf Ursache und Wirkungszusammenhänge. Aber deutlich die Absicht!
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Update per 4. August 2019: Eskalation am Schreibtisch
Mit nachfolgendem Auszug möchte ich auf einen Text von Fabian Goldmann auf TELEPOLIS vom heutigen Tage aufmerksam machen, mit dem er die mediale Berichterstattung des Themas analysiert.
»Zwei Staaten streiten um zwei Öltanker. Doch nur eine Sichtweise schafft es in die Schlagzeilen.«
»Indem viele Journalisten die iranische Perspektive auslassen und den Zusammenhang der Ereignisse vor Gibraltar und Hormus verschweigen, verwehren sie nicht nur ihren Lesern Fakten, die für eine eigene Bewertung nötig sind. Manche Journalisten nutzen diese verzerrte Darstellung der Realität gleich selbst, um daraus Schlussfolgerungen zu ziehen, die bei einer vollständigen Betrachtung kaum überzeugen würden.
Unter der Überschrift "Showdown im Nadelöhr" schildert ein Autor auf Spiegel online die Vorfälle an der Straße von Hormus als Ausdruck jahrzehntelanger Provokationen des Iran, das damit den Welthandel bedrohe. Dass zur iranisch-britischen "Tankerkrise" auch die Festsetzung eines iranischen Tankers gehört, lässt er unerwähnt. Die Kaperung der Grace 1 vor Gibraltar erwähnt der Autor in seinem Beitrag mit keinem Wort.
…
Noch tendenziöser ist das Bild, welches ein Tagesspiegel-Autor von der britisch-iranischen Tankerkrise zeichnet. Auch in seinem Beitrag fehlen sämtliche Informationen, die der These willkürlicher und grundloser iranischer Aggressionen widersprechen. Die Erklärung des Autors stattdessen: Der Iran "verachtet friedfertige Staaten wie die in Europa".
Mit der Festsetzung der Stena Impero habe Iran "dem EU-Mitglied Großbritannien den Krieg erklärt". Als scheinbar logische Reaktion auf diesen "kriegerischen Akt" fordert der Autor Europa auf, Sanktionen zu verhängen und Kriegsschiffe zu entsenden. Ob sich damit eine weitere Eskalation am Persischen Golf verhindern lässt, ist fraglich. Ausdruck einer Eskalation in deutschen Journalistenbüros ist es allemal.«
…
[Dieser Post ist auch auf meiner eigenen Homepage zu finden]
Kommentare 18
Als "Hintergrund" halte ich für wichtig, dass der Iran nicht nur über grosse Erdöl und -Gasvorkommen verfügt, sondern dazu auch über diverse Erze (Eisen, Kupfer, Aluminium, Mangan, Blei, Uran). Wenn ein solches Land ein Freihandelsabkommen mit der Eurasischen Union abschliesst (und damit automatisch der "BRICS"-Zone nahesteht), dann schrillen in der Dollarzone natürlich alle Alarmglocken und die Waffen werden scharf gemacht.
Ja, danke für deine zutreffende Ergänzung, doch vorgegeben werden immer nur edle Motive: Immer gilt es nur, irgendwelche Schurken in die Grenzen zu verweisen. Hier eben die bösen Schurken des Iran.
Ja, die Schurken. Wenn die Schurken "unsere" Schurken sind, wie der Schah es war und die Saudis es sind, dann sind sie allerliebste Schnuckelschürklein. Aber wehe sie werden unbotmässig...
Straße von Hormus: Die Kumpanei – Teil II
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Ich habe den Ursprungstext um diesen Teil ergänzt.
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Die große Koalition aus Interessengruppen, die eine Teilnahme der Bundeswehr an einer Iran-Mission nicht ausschließen möchte, wird immer größer: Sie umfasst die CDU, die Grünen, die Industrie, weite Teile der Medienlandschaft und verschiedenste Lobbyisten. Erstaunlich offen mischt sich auch die Industrie in die Debatte ein.
In diesem Kontext agitiert bzw. spekuliert Matthias Koch auch heute ('Ruhr Nachrichten Ausgabe Dortmund D1 Süd', 02.08.2019, Seite 3) öffentlich weiter und zeichnet hierfür das Bild des jüngsten Schurken der westlichen Wertegemeinschaft und füllt damit nahezu eine ganze Seite der Zeitung:
»Es gibt diverse Szenarien für eine Blockade der Straße von Hormus. Der Iran könnte vor aller Augen militärisch tätig werden, indem er seine Marine anweist, Minen zu verlegen oder Raketen auf Schiffe abzufeuern. Dies aber würde von der ersten Minute an einen Krieg mit der Supermacht USA auslösen, vermutlich mit verheerenden Folgen für die gesamte Infrastruktur der iranischen Marine. Manche Experten erwarten daher eher etwas anderes, einen terroristischen Anschlag etwa, ausgeführt von Tätern unbekannter Herkunft.
Im Juli wählte der Iran eine noch subtilere Variante: Ausländische Schiffe wurden, der Form nach gemäß internationalem Recht, aufgebracht und festgesetzt, wegen eines angeblichen „Verstoßes gegen die Regeln der Durchfahrt“. Zuvor hatten die Briten Ähnliches gemacht und einen iranischen Tanker bei Gibraltar gestoppt, der Öl nach Syrien bringen sollte.«
Das Aufbringen von Tankern: Lt. Matthias Koch eher ein Scharmützel zwischen Großbritannien und dem Iran. Aber es ist ihm (wie auch anderen) wichtig, das angebliche Fehlverhalten des Iran voranzustellen, bevor er schließlich, quasi so nebenbei auch das diesbezügliche Verhalten Großbritanniens erwähnt: Ursache und Wirkungszusammenhänge vorsätzlich außer Acht lassend.
Dass dem massivste westliche Provokationen vorausgegangen waren und die Tanker-Beschlagnahme durch Großbritannien in Wahrheit gefährliche Episode und damit Teil des schmutzigen westlichen Provokation-Spiels sind, spielt für den Autor offensichtlich überhaupt keine Rolle.
Außerdem scheint das Bild vom Provokateur Iran medial längst verabredet zu sein, denn SPIEGEL ONLINE verbreitet eine ähnliche Darstellungsweise von Agenturen:
»In der Straße von Hormus hatten iranische Revolutionsgarden Mitte Juli einen britischen Tanker beschlagnahmt. Zur Begründung hieß es, die "Stena Impero" habe internationale Regeln der Seefahrt nicht eingehalten, sein GPS-System ausgeschaltet und zudem umweltschädliche Materialien an Bord gehabt. Beide Seiten sprachen von "Piraterie". Zuvor hatte Großbritannien in Gibraltar den Tanker "Grace1" mit der Begründung festgesetzt, er habe iranisches Erdöl für Syrien an Bord und damit gegen EU-Sanktionen verstoßen, Iran bestreitet das.«
Auch hier kein Hinweis auf Ursache und Wirkungszusammenhänge. Aber deutlich die Absicht!
…
Ich habe den Ursprungstext um diesen Teil ergänzt.
>>Ursache und Wirkungszusammenhänge vorsätzlich außer Acht lassend.<<
Ach, das siehst Du sicher falsch. In Wirklichkeit haben die Briten den iranischen Tanker in weiser Voraussicht gekidnappt ... ;.)
Im Übrigen frage ich mich auch, ob man die Kündigung des INF-Vertrages und des Iran-Atomabkommens durch die USA unbedingt als zwei völlig voneinander unabhängige Vorgänge betrachten muss, die in keinerlei strategischem Zusammenhang zu sehen sind.
Hallo Claudia,
das Foulspiel besteht doch gerade darin, dass die US-Amerikaner und ihre europäischen Vasallen einen Dreck um Verträge geben, sie selbst nicht nur ignorieren und den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen quasi zerstören, sondern, dass sie außerdem, wie im Falle von Russland und dem Iran, herhalten müssen, Unruhe und Konflikte zu stiften.
Und weist du, was ich auch bezeichnend und traurig finde: Nicht ein einziger unserer großen Welterklärer, auch Welterklärerinnen in dieser dFC meldet sich hier zu Wort und solidarisiert sich.
Wir beide scheinen die Einzigen zu sein, die das Thema interessiert.
Grüße, Jürgen
Nun, was mich betrifft, scheue ich mich ein wenig, überall das Gleiche zu sagen. Und ich vermute solche Zurückhaltung auch bei anderen Kommentatoren. Zur westlichen Doppelmoral – auch gerade im Umgang mit dem Iran – habe ich schon oft Stellung bezogen. Meistens äußere ich mich, wenn ich Kritik an Denkweisen und Unstimmigkeiten habe. Leider verfüge ich nicht über solch enormes Fachwissen wie gelse (hier einmal danke dafür), so daß ich wie sie hier beitragen könnte. Aber gerne, wenn es die Stimmung hebt, explizit: ich stimme zu.
Ich bedanke mich ganz artig!
>>...hier einmal danke dafür...<<
Dank zurück dafür, dass Du Dich immer wieder auf einer höher liegenden Ebene äusserst.
Mir liegt ja eher die Bodenständigkeit. ;-)
Und danke Dir dafür, dass Du wichtige Themen nicht untergehen lässt: Begraben unter Schickeria-Gschichten wie Adorno&Höcke oder Trumps Kindheit.
Besuchen Sie Europa
Eskalation am Schreibtisch
Mit nachfolgendem Auszug möchte ich auf einen Text von Fabian Goldmann auf TELEPOLIS vom heutigen Tage aufmerksam machen, mit dem er die mediale Berichterstattung des Themas analysiert.
»Zwei Staaten streiten um zwei Öltanker. Doch nur eine Sichtweise schafft es in die Schlagzeilen.«
»Indem viele Journalisten die iranische Perspektive auslassen und den Zusammenhang der Ereignisse vor Gibraltar und Hormus verschweigen, verwehren sie nicht nur ihren Lesern Fakten, die für eine eigene Bewertung nötig sind. Manche Journalisten nutzen diese verzerrte Darstellung der Realität gleich selbst, um daraus Schlussfolgerungen zu ziehen, die bei einer vollständigen Betrachtung kaum überzeugen würden.
Unter der Überschrift "Showdown im Nadelöhr" schildert ein Autor auf Spiegel online die Vorfälle an der Straße von Hormus als Ausdruck jahrzehntelanger Provokationen des Iran, das damit den Welthandel bedrohe. Dass zur iranisch-britischen "Tankerkrise" auch die Festsetzung eines iranischen Tankers gehört, lässt er unerwähnt. Die Kaperung der Grace 1 vor Gibraltar erwähnt der Autor in seinem Beitrag mit keinem Wort.
…
Noch tendenziöser ist das Bild, welches ein Tagesspiegel-Autor von der britisch-iranischen Tankerkrise zeichnet. Auch in seinem Beitrag fehlen sämtliche Informationen, die der These willkürlicher und grundloser iranischer Aggressionen widersprechen. Die Erklärung des Autors stattdessen: Der Iran "verachtet friedfertige Staaten wie die in Europa".
Mit der Festsetzung der Stena Impero habe Iran "dem EU-Mitglied Großbritannien den Krieg erklärt". Als scheinbar logische Reaktion auf diesen "kriegerischen Akt" fordert der Autor Europa auf, Sanktionen zu verhängen und Kriegsschiffe zu entsenden. Ob sich damit eine weitere Eskalation am Persischen Golf verhindern lässt, ist fraglich. Ausdruck einer Eskalation in deutschen Journalistenbüros ist es allemal.«
Ich traue mich ja kaum es zu sagen, aber: Szenario und Textgestaltung der "Guten" über die "Bösen" sind typisch für eine Vorkriegs-Situation. Wenn man es mal mit der Vorgeschichte anderer Kriege vergleicht.
Und die Grünen natürlich wieder ganz vorne dabei. Vielleicht verkaufen sie einen Militäreinsatz in der Strasse von Hormus als Klimaschutzmassnahme: Es geht schliesslich (wenn auch nur vordergründig) um den Transport eines fossilen Brennstoffes.
witzchen zu machen ist nicht die zeit.
der schlag der anti-mullah-koalition liegt in der luft.
ob eine de-eskalation iranischer provokationen den
noch abhalten kann, bezweifele ich.
Theoretisch gäbe es die Möglichkeit, dass die Briten den iranischen Tanker freigeben. Sie müssten das nicht als "Schwäche" oder "Einknicken" sehen, sondern könnten es als friedensfördernde Massnahme verkaufen. Wenn sie doch "die Guten" sein wollen. Praktisch wird das wohl von niemand als Option gesehen.
>>witzchen zu machen ist nicht die zeit.<<
Was bleibt denn ausser Zynismus?
Nunja, der freie Ölfluß aus Arabien ist eine Klimaschutzmaßnahme, er verhindert erhöhte Schiefergasproduktion. Nach dieser Logik müßte man aber auch den Export iranischen Öls begünstigen. Aber Logik ist nicht die Stärke von Ideologen. Krieg ist so ziemlich das widersinnigste, was man für die Ökologie tun kann. Vielleicht ist es ja doch verkehrt, sich vegan zu ernähren.
Auch die Briten bedienen nur ihre Herrschaftsinteressen. Du weißst schon:
Und ist der Ruf erst ruiniert, so lebt sich‘s gänzlich ungeniert!
>>Nunja, der freie Ölfluß aus Arabien ist eine Klimaschutzmaßnahme, er verhindert erhöhte Schiefergasproduktion.<<
Ich hatte das ein bisschen anders gesehen: Mit einem Krieg in der Strasse von Hormus werden Erdölprodukte teurer und die Diskussion um die umstrittene CO2-Steuer erübrigt sich.
>>Vielleicht ist es ja doch verkehrt, sich vegan zu ernähren.<<
Scheint die Kriegsbereitschaft zu erhöhen, ja: Wenn man keine Tiere schlachten darf, dann doch wenigstens Menschen.
"Scheint die Kriegsbereitschaft zu erhöhen, ja: Wenn man keine Tiere schlachten darf, dann doch wenigstens Menschen."
Wäre das nicht auch ein Beitrag zur Rettung des Klimas?