Die letzte Fahrt der Costa Concordia

Italien Am 27. Juli kam das Schiff nach einem schwierigen Transport endlich in Genua an. Seine Ankunft wurde als Symbol für die Erlösung Italiens interpretiert. Zu Unrecht

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Die letzte Fahrt der Costa Concordia

MARCO BERTORELLO/AFP/Getty Images

Sie ist also da. Nach einer 4-tägigen Fahrt ist die Costa Concordia sicher und ohne große Probleme im Hafen von Genua angekommen. Mit Hilfe von mehreren Schleppern und Begleitbooten wurde das Schiff über die 350 Kilometer lange Strecke bis zur ligurischen Hauptstadt transportiert. Dort soll das Wrack in den nächsten zwei Jahren verschrottet werden.

Die Ankunft des Kreuzfahrtschiffes in Genua am Sonntag, dem 27. Juli, wurde von hunderten Menschen vor Ort begrüßt. Selbst Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi war dabei: sein Applaus richtete sich vor allem an die italienischen Ingenieure, die eine "einzigartige Aktion, die unmöglich aussah", erfolgreich zu Ende gebracht haben: nie hatte man ein so schweres untergegangenes Passagierschiff geborgen. Denn nie war es notwendig gewesen.

Die italienischen Medien folgten aufmerksam der ganzen Operation. Fotos, Interviews und Zeugnisse aller Art füllten die Zeitungen und das Fernsehen die ganze Woche lang. Viele boten auch einen Liveticker an, wo der Transport des Schiffes detailliert erzählt wurde. Die Tageszeitung Repubblica.it informierte beispielsweise, dass um 10:28 das Manöver zur Einfahrt in den Hafen begonnen habe und dass um 16:52 die Barrieren gegen Umweltverschmutzung positioniert worden seien.

Was aber ein sachlicher Bericht werden sollte, wurde bald zur Metapher eines Landes - und das nicht unerwartet. So sprachen einige Journalisten über die "Erlösung Italiens", über "eine wichtige Gelegenheit für das Land", sogar über "eine Operation, die den Planet erstaunen könnte". Dazu die Politiker: vor Ort sagte Renzi, das sei "ein neuer Anfang"; der Verkehrsminister Maurizio Lupi fügte hinzu, dass dank der Fachleute "die Tragödie der Concordia kein totales Desaster geworden sei". Auch wenn sie selber mahnten, "Man darf das Drama der 33 Toten nicht vergessen", Worte wie "Stolz" und "Befriedigung" wurden oft ausgesprochen. Zu oft, und zu Unrecht. Denn, anders als Minister Lupi behauptete, hatte das totale Desaster schon stattgefunden, nämlich am 13. Januar 2012.

Der Transport und die Demontage des havarierten Schiffes sind keine Entschädigung für das Drama, das im Tyrrhenischen Meer stattfand. Sie sind eine durchaus schwierige und (zum Glück) gelungene Operation, die einen Fehler beseitigt. Aber nein, sie können die Erlösung Italiens nicht vorspielen. Denn die Erlösung Italiens verausgabt sich nicht in einer großartigen aber einmaligen Aktion, sondern braucht die Konstanz, die Hingabe, die Bescheidenheit der Gesellschaft. Manchmal auch den Mut zu schweigen und den Kopf ein bisschen zu senken.

Die Geschichte der Concordia ist nicht die Geschichte eines Landes, das erstmal gesunken und dann gerettet wurde, sondern die Geschichte eines tragischen Unglückes, das hätte vermieden werden können. Der Rest - vor allem die epischen Töne, die zum Teil den Abtransport des Schiffes begleitet haben - ist Geschwätz.

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