Sein Kurs ist wenig effizient und neoliberal, dieser Staatschef steuert sein Land in die Krise – und sich selbst auch. Vor Tagen hat das Verfassungsgericht einem Verfahren zur Amtsenthebung von Guillermo Lasso im Parlament zugestimmt. Dass sich damit die politische Situation in dem südamerikanischen Land beruhigt, ist nicht zu erwarten. Lasso war lange Jahre Direktor der Banco Guayaquil, eines der größten privaten Geldhäuser Ecuadors. Er gilt als erzkonservativ und ist Mitglied bei Opus Dei. Offiziell steht CREO, der Name seiner Partei, als Abkürzung für „Creando Oportunidades“, sprich: Möglichkeiten schaffen. Als Einzelwort übersetzt, hieße die Partei: „Ich glaube“. Doch glauben immer weniger Ecuadorianer an diesen
sen Präsidenten, dessen Zustimmungsrate im Land auf 13 Prozent gefallen ist. Von der Impfkampagne zu Beginn seiner Amtszeit im Mai 2021 abgesehen, kann Lasso keinerlei Erfolg vorweisen. „Bei den drei großen Herausforderungen seiner Regierung hat Lasso nicht geliefert,“ analysiert Stalin Herrera, Politikwissenschaftler und Leiter des Instituts für Ecuadorianische Studien IEE. „Weder die fragilen Mehrheitsverhältnisse im Parlament noch die Verhandlungen mit den Indigenas im Vorjahr hat Guillermo Lasso für sich nutzen können. Das von ihm initiierte Referendum im Februar ist komplett gescheitert.“„Narco-Generäle“In der Nationalversammlung blieb Lasso ohne Mehrheit und hat gleich zu Beginn seiner Amtszeit die Unterstützung der traditionellen Rechten, der christlich-sozialen Partei PSC, eingebüßt. Ungeachtet dessen bleibt er von ihr abhängig. Eine andere politische Allianz, die ihn tragen könnte, ist nicht in Sicht. Die Wirtschaftskrise hatte im Juni 2022 landesweit Streiks und Straßenblockaden provoziert, angeführt von der Indigena-Bewegung CONAIE, der größten sozialen Gruppierung Ecuadors. Der daraufhin eingeleitete Dialog mit der Regierung blieb nach drei Monaten ohne Ergebnis, weshalb Leonidas Iza, der junge Vorsitzende von CONAIE, Lasso zum Rücktritt aufforderte. Der versuchte einen Befreiungsschlag und rief im Februar die Bevölkerung zu einer Volksabstimmung über acht sehr unterschiedliche Fragen auf – von Umweltthemen bis zur Auslieferung von Kriminellen an die USA – und stieß ausnahmslos auf Ablehnung.Er habe öffentliche Gelder missbraucht, so die Opposition, um Lasso im Parlament abwählen zu lassen. Indes ist völlig offen, ob die dazu erforderliche Zweidrittelmehrheit zustande kommt. Parteipolitische Bindungen sind in Ecuador schwach, dafür ökonomische Anreize für bestimmte Entscheidungen umso stärker. Letztlich wird die Haltung der PSC maßgeblich sein. Angesichts ihres Abwärtstrends und des jüngsten Verlusts der jahrzehntelangen PSC-Bastion Guayaquil, der dynamischen Hafenstadt, in der sich Refugien des Drogenhandels etabliert haben, dürfte die Partei derzeit lieber den Präsidenten halten, um das Risiko von Neuwahlen zu vermeiden. Schließlich soll Lasso die vom PSC favorisierten Privatisierungen im Finanz- und Infrastruktursektor durchsetzen.Der Präsident leidet derweil an akutem Realitätsverlust. In seiner Rede an die Nation nach dem Entscheid des Verfassungsgerichts widmete Lasso nur einen einzigen Halbsatz der Krise im Land, die anderen 20 Minuten seiner eigenen Betroffenheit, dem Ruf seiner Familie und seiner Unschuld. Ecuador durchlebt gerade einen Boom im Drogenhandel als wichtigster Lieferant von Kokain für den europäischen Markt. Die Gesellschaft unterwirft das einer bis dato unbekannten Brutalisierung, die als überbordende Kriminalität den politischen Raum überlagert.Es war der US-Botschafter, der mit dem Begriff der „Narco-Generäle“ auf die Verbindung von Drogenmafia und Staatsapparat verwies, was bis in den engsten Kreis um Lasso zu reichen scheint. Die Gewinne der Banken sowie die sozial und ökologisch fatalen Sektoren Bergbau und Krabbenfang expandieren, während der Anteil sozialversicherungspflichtig Beschäftigter auf 35 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung gesunken ist. Die Folge ist Unsicherheit auf allen Ebenen.Ob Lasso im Mai seines Amtes enthoben wird oder nicht, ob er, wie es die Verfassung anbietet, das Parlament auflöst und Neuwahlen ausruft – eine politische Alternative zeichnet sich nicht ab. Zwar haben die Partei des einstigen Präsidenten Rafael Correa, der im Exil in Belgien lebt und wegen mutmaßlicher Korruption gesucht wird, und die Indigenas bei den Regionalwahlen im Februar deutliche Erfolge erzielt. Doch sind auch sie von einer Mehrheit weit entfernt. Dies gilt umso mehr, als das Correa-Lager und die indigene Bewegung zerstritten sind und weder einen gemeinsamen Kandidaten noch ein tragfähiges Programm vorlegen können. Von daher ist als Szenario auch eine Fortsetzung der Präsidentschaft Lassos und ein weiteres Abgleiten Ecuadors in die Unregierbarkeit denkbar. In seinem jüngsten Dekret hat Guillermo Lasso am 1. April den Zugang zu Waffen für Privatpersonen als Antwort auf die Kriminalitätswelle erleichtert.