Erinnerung Frank Cottrell Boyce schrieb die Drehbücher für zwei beliebte Sketche, in denen die Queen mitspielte. Hier erklärt er, warum ihr Auftritt mit Paddington Bär für ihn so bedeutend bleibt
Rick Sylvester stürzte sich im Jahr 1972 mit Skiern vom Rand des Mount Asgard in Kanada und vollführte einen der elektrisierendsten Stunts der Filmgeschichte. Es ist die Szene in Der Spion, der mich liebte, in der James Bond über den Rand einer Klippe in den sicheren Tod gejagt wird. Es stellt sich jedoch heraus, dass Bond, wenn er Skifahren geht, für alle Fälle einen Fallschirm dabeihat – einen Fallschirm, der aus der britischen Flagge besteht. In seinem brillanten neuen Buch Love and Let Die: Bond, the Beatles and the British Psyche zitiert der Journalist John Higgs den Drehbuchautor des Films, Christopher Wood: „Überall auf der Welt brachen sie in spontanen Applaus aus, anstatt zu brüllen und Steine auf den Union Jack zu werfen.“
Als w
u werfen.“Als wir an der Eröffnungszeremonie für die Olympischen Spiele 2012 arbeiteten, kam der Produktionsdesigner Mark Tildesley auf die Idee, dass James Bond der Königin dabei helfen könnte, ihrerseits mit einem Union-Jack-Fallschirm in das Olympiastadion zu springen.Wenn man erreichen will, dass die Leute unsere Flagge lieben, dann muss man sie offensichtlich nur an einem nationalen Symbol festbinden und aus großer Höhe fallen lassen.„Oh Gott, sie ist es wirklich“Wir werden diese Flagge in den kommenden Tagen noch sehr oft sehen. Ich weiß nicht, wie ich mich damit fühlen werde. Eine Flagge, die sorgfältig im Hintergrund des Zoom-Zimmers eines Kabinettsministers platziert ist, lässt mich immer an die Definition des Schriftstellers A. A. Milne denken. Ein Patriot, schrieb er, sei „jemand, der alles an seinem Land hasst, außer dessen Flagge“.Vor ein paar Jahren bekam ich einen Brief von einem hochrangigen Mitglied des britischen Königshauses, den ich zu meiner Mutter mitnahm, weil ich dachte, sie könnte damit bei den Pflegekräften ein wenig Eindruck schinden, die sich mit ihr um meinen Vater kümmerten. Als ich den Brief zurückverlangte, sagte sie: „Oh, ich habe ihn in den Papierkorb geworfen. Ich dachte, du hättest ihn schon gelesen.“ „Ja, Mum, aber ...“Wie auch immer, durch eine glückliche Fügung war ich an der Entstehung von zwei der meistgesehenen Videos mit der Queen beteiligt. Sie hat zweimal in ihrem Leben in einem Comedy-Sketch mitgespielt. Einmal zusammen mit James Bond und einmal mit einer Kreatur des Kinderbuchautors Michael Bond – Paddington Bär. Beide Male bin ich Teil des Autorenteams gewesen. Ich hätte eigentlich der offizielle Hof-Gagschreiber Ihrer Majestät sein sollen.Es war nicht beabsichtigt, dass sie in dem ersten Film mit Daniel Craig als James Bond selbst mitspielt. Die Produzentin Tracey Seaward ging zu einem, wie sie dachte, routinemäßigen Treffen im Palast, um in Erfahrung zu bringen, was die Königin tragen würde, damit unsere Schauspielerin sich wie sie kleiden konnte. Es war dann die Ankleiderin der Königin, Angela Kelly, die sagte: „Oh, sie will dabei sein.“Sie hat sich selbst für diesen Moment zur Verfügung gestellt. Es war ein Moment, der die Leute eine Nacht lang amüsieren sollte. Hätte die Queen nicht selbst mitgespielt, wäre es nichts weiter als das gewesen. Aber die Art und Weise, wie der Regisseur Danny Boyle es getimt hat, dass sie den Kopf wendet – diese großartige Enthüllung, „mein Gott, sie ist es wirklich“ –, hat dazu geführt, dass dieser Moment zehn Jahre später zu ihren prägendsten zählt.Momente wie dieser entfalten sich schrittweise. Ihre Wirkmächtigkeit ist zu einem großen Teil der Überraschung geschuldet. Wenn wir überrascht sind, verflüchtigen sich unsere Vorurteile und festen Meinungen für einen Moment und wir sind kurzzeitig offenherzig. Die Überraschung ist der Erzfeind des Zynismus. Eine der häufigsten Reaktionen auf diesen Moment war: „Ich habe mich noch nie zuvor patriotisch gefühlt.“ Mag sein. Vielleicht haben Sie so etwas wie Patriotismus empfunden – eine gewisse Liebe für das Beste an diesem Ort, ohne dass sie gewusst hätten, wie Sie es ausdrücken sollten, ohne das Schlimmste an diesem Ort dadurch zu billigen. Das mag sein.Es hieß immer, unzählige Menschen träumten des Nachts davon, dass sie mit der Königin Tee tranken. Sogar unsere Träume werden sich ändern müssen. Ihr dabei zuzusehen, wie sie Tee mit Paddington Bär trinkt, wird uns reichen müssen. Es ist leicht zu verstehen, warum diese Szene so eindrucksvoll war. Im Nachhinein betrachtet, war es ein Abschiedsgruß. Eine Frau, die ihren Enkeln und Urenkeln noch einmal zuwinkt.Aber Paddington ist ein Evakuierter, ein Geflüchteter, er hat mal im Gefängnis gesessen, so ziemlich jede Kategorie von Not trifft auf ihn zu, die im Evangelium nach Matthäus, Kapitel 25, erwähnt wird. Hier wird er mit Tee und guten Manieren empfangen. Es ist ein deutliches Bekenntnis zu einer Reihe von Werten, die in den Korridoren der Macht nicht unumstritten sind. Dass sie in einem Moment wie diesem so freudvoll vorgelebt wurden, hatte eine Bedeutung.Einer der Gründe, warum sich der Tod der Queen so gewaltig anfühlt, ist, dass sie eine noch lebende Verbindung zu diesem Nachkriegskonsens war, zu dem Versuch, eine bessere Nation und eine auf Regeln basierende Welt aufzubauen. Eine Vision, die im Begriff ist, zerstört zu werden. Vor zehn Jahren lebten wir in einer Welt der geteilten Meinungen. Jetzt leben wir in einer Welt der geteilten Realität.Es kursierte eine Verschwörungstheorie, der zufolge das Establishment die Produzenten der Paddington-Filme Framestore und Heyday (außerdem mich und die anderen Autoren James Lamont und Jon Foster sowie Ben Wishaw, die Stimme von Paddington Bär) damit beauftragt haben soll, eine Deepfake-Queen zu erschaffen. Die Realität des Bären schien hingegen niemand infrage zu stellen.Ich schreibe diesen Zeilen Freitagabend. Es wird nicht lange dauern, bis die Trauer den wütenden Beschimpfungen weicht, die unseren derzeitigen politischen Diskurs kennzeichnen. Die Seiten in diesen Kulturkämpfen sind wie Pudding. Je härter man sich auf sie stürzt, desto fester werden sie. Keiner ändert seine Meinung. Ich weiß nicht viel, aber ich weiß, dass die Wut im Interesse von irgendjemandem ist, und das ist nicht unser Interesse.Danke – für was?Es gibt diese oft zitierten Zeilen des britischen Schriftstellers und Journalisten G. K. Chesterton: „Die Menschen haben Rom nicht geliebt, weil es groß war. Es war groß, weil sie es geliebt hatten.“ Aber ich liebe seine (hier gekürzt wiedergegebenen) Sätze über London, die jenen Zeilen vorausgehen: „Es genügt nicht, dass ein Mann Pimlico missbilligt; in diesem Fall zieht er einfach nach Chelsea. Es reicht auch nicht aus, dass ein Mann Pimlico gutheißt, denn dann bleibt er Pimlico, und das wäre schrecklich. Der einzige Ausweg scheint zu sein, dass jemand Pimlico liebt ... Wenn die Menschen Pimlico lieben würden, wie Mütter ihr Kind lieben, willkürlich, weil es das ihre ist, dann wäre Pimlico vielleicht schöner als Florenz.“Der emotionalste Moment in dieser Begegnung zwischen Paddington und der Queen ist der, als der Bär sagt: „Danke, Ma’am. Für alles.“ Die Leute fragen sich natürlich: „Was alles?“ Nun, machen Sie Ihre eigene Liste. Ich jedenfalls bin dankbar für die Art und Weise, wie sie ihre archaische Rolle genutzt hat, um uns, wenn auch nur flüchtig, erkennen zu lassen, dass wir etwas Gutes teilen und dass wir es verteidigen sollten.