Wir ...

brauchen Hilfe Was bringt uns dazu zuzulassen, dass wir von Dummheit, gepaart mit Gier und zynischer Ignoranz, „regiert“ werden?

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Wir …

Wohin schauen wir zuerst? Wo fangen wir an? Was zeigt uns am deutlichsten wer wir sind? Wohin wir gehen? Warum ist diese Welt (also wir), gespickt mit Fails, nur noch in der Lage darauf entweder nicht, oder halt gerade noch schwach (bis erbärmlich) zu reagieren? Was bringt uns dazu zuzulassen, dass wir von Dummheit, gepaart mit Gier und zynischer Ignoranz, „regiert“ werden? Wer hat uns dermaßen verlassen? Was macht uns gemeinsam so dreckig?

Wir.

Wir erlauben. Wir lassen zu. Wir gestatten dem offensichtlichsten Unsinn, der offensichtlichsten Gemeinheit, der offensichtlichsten Lüge - sich zu bewegen. Unter uns. Mit uns. Egal ob gegen uns, gegen andere oder gar alle. Wir erheben die Permissivität des Obszönen zu kultureller Normalität. Wir feiern das Absurde als Option. Wir tanzen den Chaospogo als wär’s ein Wiener Walzer. Wir verzichten auf Verhältnismäßigkeit, auf Klug sein, auf Menschsein. Wir praktizieren primitivsten Nihilismus mit der Attitude des hippen Zeitgeistes, einer in die Zielgerade einbiegenden Laufstrecke des sich, bitteschön, nun selbst Erledigens. Wir feiern das. Wir sind auf Droge. Wir sind die Droge.

Wir.

Wir sind nicht in der Lage uns über die Machenschaften skrupelloser, machtbesessener Anitpolitiker so zu erregen, dass wir sie ernsthaft in ihre Schranken verweisen. Wir gefallen uns in der Rolle sie zu markieren, sie schrecklich zu empfinden - um sie dann zu wählen. Zumindest nicht abzuwählen. Wir wissen, was sie tun. Wir tun nichts dagegen. Wir belassen. Wir suhlen uns in Ohnmacht. Wir sind masochistische Opfer. Wir wollen es anders. Aber wir lassen gewähren. Wir sind klein. Wir sind unschuldig. Wir haben das alles nicht gewollt. Dann. Dann, wenn es wieder einmal … naja. Das kennen wir. Wir können eines dann doch sehr gut. Wir können uns rausreden. Und eigentlich wissen wir ja auch: Wir sind Teil. Teil von denen, die wir delegieren. Und wir wollen auch gar nichts anderes sein.

Wir.

Wir sind verantwortlich. Wir sind die, diesen Planeten ausrauben. Wir sind die, die den entscheidenden touch eines sich nicht mehr aufhalten lassenden Klimawandels verantworten. Wir sind immer noch die, die das Schicksal von Abermillionen Menschen die an Hunger, Krieg und Krankheiten verrecken, ignorierend nichtverantworten. Wir sind die, die in unseren zivilisierten Gemeinschaften schrecklichste Zustände von Ungerechtigkeit gegenüber Minderheiten und Schwachen als gegeben zulassen. Wir sind die, die keine Opfer sind. Wir sind Täter.

Wir.

Wir sind keine Gutmenschen. Niemand von uns. Wir sind Menschen. Und das hilft uns nicht weiter.

Wir … brauchen Hilfe.

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Geschrieben von

Frank Happel

Frank Happel, freier Journalist, Berlin

Frank Happel

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