20 Gramm Cannabis straffrei: Pläne zur Legalisierung bieten Grund zur Skepsis

Meinung Die ersten Eckpunkte der geplanten Cannabislegalisierung sind bekannt. Besonders absurd erscheint eine Besitzobergrenze, weil Lauterbach gleichzeitig den privaten Eigenanbau erlauben will
So haben sich die Demonstrierenden bei der Hanfparade im August die Legalisierung bestimmt nicht vorgestellt
So haben sich die Demonstrierenden bei der Hanfparade im August die Legalisierung bestimmt nicht vorgestellt

Foto: Carsten Koall/Getty Images

Die beste Nachricht zuerst: Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) plant noch immer, Cannabis zu legalisieren. Mit dem Cannabisverbot – mal wirkungslos, mal schädlich – soll in naher Zukunft Schluss sein.Wie sich Lauterbach die Legalisierung offenbar vorstellt, darf aber doch skeptisch machen. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) liegen die Eckpunkte des lauterbachschen Legalisierungsvorhabens vor, das derzeit zwischen den beteiligten Ministerien abgestimmt wird.

Dem RND zufolge sollen künftig Kauf und Besitz von 20 Gramm Cannabis für alle ab 18 Jahren straffrei sein. Eine Besitzobergrenze soll vermutlich verhindern, dass weiterhin illegal gehandelt wird – wer nur 20 Gramm besitzt, kann kaum im größeren Stil illegal verkaufen. Sinnvoll ist sie trotzdem nicht. Sie könnte dazu führen, dass Konsumenten weiterhin permanente Polizeikontrollen zu befürchten haben. Vielleicht haben die Leute schließlich mehr als die 20 Gramm dabei – vielleicht sogar versteckt, am ganzen Körper verteilt? Die nächste Durchsuchung ist nicht weit.

Besonders absurd erscheint eine Besitzobergrenze, weil Lauterbach gleichzeitig den privaten Eigenanbau erlauben will. Bis zu zwei Pflanzen sollen zulässig sein – nicht viel, aber immerhin. Wer aber zwei Cannabispflanzen anbaut, die sich gut entwickeln, hat am Ende nicht 20 Gramm zu Hause, sondern eher 200. Wenn der Überschuss nicht verkauft und nicht besessen werden darf, soll er dann vernichtet werden?

Auf Karl Lauterbach kommen unangenehme Diskussionen zu

Nicht nur den Besitz will Lauterbach offenbar begrenzen, sondern auch den Anteil des berauschenden Wirkstoffs THC in den Pflanzen. Maximal 15 Prozent sollen erlaubt sein. Vereinfacht gesagt, erhöhen hohe THC-Werte das Risiko für psychische Problem durch den Konsum. Aus medizinischer Sicht klingt eine Höchstmenge THC vielleicht sinnvoll. Tatsächlich dürfte eine solche Regelung aber vor allem das Überleben des Schwarzmarktes, der sich dann auf besonders potente Sorten konzentrieren wird, sicherstellen. Den legalen professionellen Anbau wird eine THC-Höchstmenge vor arge Herausforderungen stellen, weil sich Pflanzen nun mal ungern standardisieren lassen und Wirkstoffmengen natürlicherweise schwanken. Ein professioneller Anbau, gerade im Freiland, mit stark variierenden Umweltbedingungen: Mit einer THC-Grenze nur sehr schwierig umzusetzen.

Mit seinen Vorstellungen fällt Lauterbach tatsächlich hinter Forderungen der Regierungsfraktionen zurück, auch hinter die der SPD. Carmen Wegge, Berichterstatterin der SPD-Fraktion zur Cannabis-Legalisierung, sagt, sie könne eine THC-Obergrenze, „wie sie anscheinend im Papier steht“, nicht unterstützen. Das Parlament habe das letzte Wort und das sei gut so. Kristine Lütke, sucht- und drogenpolitische Sprecherin der FPD-Fraktion, findet das Eckpunktepapier „unnötig restriktiv“. Sieht fast so aus, als könnten für Karl Lauterbach noch einige unangenehme Diskussionen in nächster Zeit anstehen.

Ihm kann man bei aller Kritik immerhin zugutehalten: Mit einem geplanten Werbeverbot für Cannabis, dem Versuch auch Apotheken in die Legalisierung miteinzubeziehen und einer eventuellen Zulassung von „Fachgeschäften mit Konsummöglichkeit“ stehen offenbar auch einige sehr sinnvolle Eckpunkte in seinem Papier. Trotzdem: Ein bisschen weniger Paternalismus würde dem Gesundheitsminister nicht schaden.

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Geschrieben von

Franz Hausmann

Sozialwissenschaftler, Autor, Hobbygärtner. Buch "Koks am Kiosk? Eine Kritik der deutschen Drogenpolitik" gibts beim Schmetterling Verlag.

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