Susanne Wiest wünscht sich eine gerechtere Welt um ihren Beitrag dazu zu leisten, hat sie eine Petition zum bedingungslosen Grundeinkommen geschrieben. Aufgrund der hohen Zahl an Unterstützern wird diese Petition der 4fachen Mutter am 8.11.2010 im Bundestag diskutiert. Zu erst erklärt uns Susanne aber das bedingungslose Grundeinkommen ist und erläutert ob es wirklich durchsetzbar ist.
FreiheitsliebeTeam(FL): Hi Susanne Wiest du gehörst zu den Unterstützern des bedingungslosen Grundeinkommens. Worin siehst du dessen Vorteile?
Susanne Wiest: Das bedingungslose Grundeinkommen ist meiner Meinung nach der
Kulturimpuls, der zu unserer heutigen Zeit passt. Unser heutiges
Sozialsystem ist entstanden in einer Zeit, als Arbeitslosigkeit eher
ein vorübergehender Zustand war. Das konnte mal passieren und dazu
passte das soziale Sicherungssystem mit Arbeitslosengeld und
Sozialhilfe. Heute Hartz4. Vollbeschäftigung, in dem Sinne, dass jeder
der möchte einen Erwerbsarbeitsplatz finden kann, werden wir meiner
Meinung nach, nicht wieder erreichen. Wozu auch? Das es weniger harte
Arbeit gibt die wir tun müssen, ist ja eigentlich erfreulich. Das
Problem ist das viele von uns nun mit dem Erwerbsarbeitsplatz auch
ihr Einkommen verloren haben.
Ich finde es einen wirklichen Fortschritt und auch einen Erfolg, dass
es uns gelungen ist den Arbeitsaufwand permanent zu reduzieren.
Das ist eine gesamtgesellschaftliche Leistung an der viele
Generationen und wir Alle beteiligt sind.Es gibt also weniger
Erwerbsarbeitsplätze und das haben wir auch so gewollt. Das ist also
eine ganz andere Situation. Arbeitslosigkeit ist keine Pech oder
Zufall oder persönliches Unglück, Arbeitslosigkeit produzieren wir
weil wir das so wollen. Schwere Arbeit erleichtern. Das war doch schon
immer ein menschliches Ziel. Es erscheint mir nun grundverkehrt und
unlogisch Menschen , die aufgrund dieses Fortschritts keinen
Erwerbsarbeitsplatz finden, der Ihnen ein ausreichendes Einkommen
bietet ,an den Rand der Gesellschaft zu drängen. Wir leiden
eigentlich unter einem unbedachten Aspekt dieses Fortschritts. Es ist
zwar schön immer weniger Arbeit zu haben , immer klüger zu produzieren
und zu wirtschaften, aber trotzdem braucht jeder ein Einkommen.
Insofern finde ich das bedingungslose Grundeinkomen ist die logische
Antwort auf die hier kurz geschilderte gesellschaftliche Realität.
Arbeit ist ja nicht nur Erwerbsarbeit. Arbeit in einem weiteren Sinne
gibt es genug. Familienarneit, Arbeit in Verienen, gesellschaftliches
Engagement, frei Arbeit in der Forschung, Erziehungsarbeit,
Pflege...überall fehlen Menschen. Um tätig sein zu können brauche ich
ein Einkommen.. Ein Einkommen ist die Basis für alles weitere. Das
erlebe ich immer wieder wenn ich mit heute ehrenamtlich tätigen
Menschen spreche. Ehrenamtlich tätig zu sein muss man sich erst mal
auch leisten können. Mit dem Grundeinkommen geben wir uns eine
Basis ,die jeden trägt, die alle mit einbezieht. Wir sind damit freie,
handlungsfähige und mündige Bürger. Und das ist ein enormer und
gewaltiger Vorteil gegenüber unseren heutigen Regelungen.Wie ich dann
aktiv werden möchte, wo ich mich einbringe, wieviel ich arbeite, ist
meinen Entscheidung. Das finde ich zeitgemäß.
.Die hartz4 Bevormundung und Gängelung ist Schnee von gestern. Wer
will das noch?
Für eine bessere Zukunft
FL: Manch einer bezeichnet die Idee vom Grundeinkommen als linke Träumerei, was würdest du dem entgegnen?
Susanne Wiest: Das Grundeinkommen ist eine gute Idee für unsere Zukunft. Es löst und
beantwortet einige der Dauerbrennerprobleme unserer Zeit.
Arbeitslosigkeit ist eigentlich ein Erfolg des technischen
Fortschritts. Das Problem für uns ist die damit verbundene
Einkommenslosigkeit vieler Menschen. Arbeit gibt es genug. Nur wird
sie oft nicht bezahlt. Die Entkoppelung von Arbeit und Einkommen
erscheint mir zwingend logisch um unsere gegenwärtigen Probleme lösen
zu können. Natürlich wünsche ich mir eine Welt, ein Leben, eine
Staatsform,die für uns alle eine gute Lebensbasis bietet.Nach dem
eigenen Vorteil zu schielen und das Wohl der Mitmenschen und der
ganzen Gruppe aus den Augen zu verlieren, erscheint mir unzeitgemäß
und auch kurzsichtig. Ich denke linke Träumerei ist ein altes
Totschlagargument, wenn keine anderen Argumente greifen.
Grundeineinkommen ist nicht links , nicht rechts. Ich empfinde die
Idee als zutiefst menschlich. Sie hat in Ihrer Schlichtheit wirklich
Kraft . Von außen ist Sie allerdings kaum zu fassen. Nachdenken,
informieren, überlegen, miteinander sprechen.Ich erfasse das Wesen der
Idee erst wenn ich mich darauf einlasse. Das ist meine Erfahrung. Mit
Träumerei hat das nichts zu tun.
Das Grundeinkommen anstelle von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen
FL: Würde das Grundeinkommen nicht zumindest ersteinmal höhere Ausgaben des Staates erzwingen?
Susanne Wiest:Das kann ich nicht genau überblicken. Ich stelle nur fest, dass unser
heutiges System enorme Kosten verursacht und viele Gelder nicht
sinnvoll eingesetzt erscheinen. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und
dergleichen. Das Wort sagt eigentlich schon alles. Krampfhaft und mit
viel Geld Arbeiten zu erfinden, finde ich geradezu peinlich. Der
Staat sind wir. Wenn wir ein Grundeinkommen wollen, dann werden wir
einen Weg finden es zu realisieren. Wie hoch unser Grundeinkommen sein
wird, hängt davon ab, wieviel wir in den Gemeinschaftstopf
einzuzahlen bereit sind.
FL: In Deutschland gibt es sowohl bei den Grünen als auch bei den Linken Unterstützer dieser Gesellschafts Idee. Gibt es die auch bei anderen Parteien und wo stoßt ihr auf die größte Kritik?
Susanne Wiest: Es gibt in allen Parteien Unterstützer des bedingungslosen
Grundeinkommens. Und Kritik gibt es auch überall. Innerhalb und
außerhalb der Parteien. Parteien spielen bei dieser Bewegung eher eine
Randrolle. Die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens wird von
einem , breiten losen Bündnis vieler Menschen getragen. Eine
Bürgerbewegung Grundeinkommen. Viele sind, wie ich auch, zum erstem
mal politisch aktiv. Es kommt auf uns Bürger an.
FL: Könntest du uns Gesellschaften oder Staaten nennen die näher an der
Verwirklichung eines Grundeinkommens sind und auch Gründe nennen, warum sich diese Idee in unserer Gesellschaft noch nicht durchgesetzt hat?
Susanne Wiest:Es gibt ein erfolgreiches Pilotprojekt in Namibia mit dem Ziel das
Grundeinkommen landesweit einzuführen. Brasilien hat das
Grundeinkommen als Ziel in der Verfassung.
Ich finde die Idee breitet sich rasant aus.
FL:Danke für das Interview
Das Interview wurde exclusiv für die Freiheitsliebe gemacht, viel Spaß damit.
Kommentare 16
Du sollst kein anderes Thema neben mir haben,
Auch hier gilt, wie bei vielen anderen Aktivitäten: Diejenigen, die sagen, das geht nicht, sollen die einfach in Ruhe lassen, die es gerade tun.
Wenn die Angst vor dem Sturz ins soziale und gesellschaftliche Nichts mal weg ist, hat man den Kopf frei für so viele Dinge, die den ganzen sozialen Menschen fordern und die wir so dringend brauchen in unserer Zeit.
Aber gerade dies soll durch die gegenwärtige gesellschaftliche Entwicklung gerade verhindert werden, bei dem wir auf dem Weg in eine zweigeteilte Feudalgesellschaft sind, in der die "Working Poor" das Geld für die in gut geschützten Bereichen lebenden Besserverdiener erarbeiten. Eine Gesellschaft, in der Arbeit einen "Wert an sich" darstellt, nicht mehr dass, was man dafür bekommt. Eine moderne Form von selbst auferlegten Sklaverei und Selbstausbeutung.
Wie ist denn das gemeint
Dem stimme ich uneingeschränkt zu.
Wahrscheinlich meint er damit, dass er den Akteuren die für ein bedingungsloses Grundeinkommen einstehen unterstellt, dass sie die "anderen Probleme" ausblenden. Aber damit liegt er falsch, denn was das BGE so interessant macht ist eben die Tatsache, dass er Bedingungen zum positiven für die Idividuen der Gesellschaft verändern würde. Es hätte einen Sogeffekt wenn es richtig gestaltet werden würde. Es bedeutet bedingungslose Solidarität und das Ende der Zwangsarbeit. Ein großer Schritt.
"Diejenigen, die sagen, das geht nicht, sollen die einfach in Ruhe lassen, die es gerade tun."
Das finde ich nicht. Immerhin würde die Idee eines Grundeinkommens ja dann alle Menschen betreffen. Auch die, die es nicht wollen und dies auch begründen Und das wird man doch wohl noch dürfen.
Übrigens, Schwellenländer wie Namibia und Brasilien mit einer Industriennation zu vergleichen ,ist ein Vergleich von Äpfel und Birnen. In Brasilien z.B nehmen 2/3 der Menschen gar nicht am Wirtschaftskreislauf teil und die Partizipation am Wohlstand ist ebenfalls wie in Namibia wesentlich ungleicher als in Industrienationen.
Wir sollten lieber für die Reduktion weltweiter Ungleichverteilung arbeiten und vor allem gegen Strukturen, die diese Ungleichverteilung fördern. Da gehört z.B auch zu, die eigene Geiz ist geil Mentalität zu überwinden.
Zitat aus der Diskussion:
www.freitag.de/community/blogs/angelia/das-bedingungslose-grundeinkommen--oder?searchterm=Angelia
>>Jeder Produktivitätsfortschritt, auf den nicht mit Verteilung der Arbeit reagiert wird, belastet die Arbeitenden mit steigender Erwerbslosigkeit.
Zitat Susanne Wiest:
>>Es gibt also weniger Erwerbsarbeitsplätze und das haben wir auch so gewollt.
>>Arbeitslosigkeit produzieren wir weil wir das so wollen.
Jetzt kann mal untersucht werden, wer dieses geheimnisvolle „wir” ist, das hohe Arbeitslosigkeit will, damit Druck auf die Arbeitsentgelte ausübt und dann sagt: „Jetzt hat das „wir” einen ökonimischen Zwang erzeugt.
Es ist das gleiche virtuelle „wir”, das ständig über unsere Verhältnisse lebt.
Wer hohe Arbeitslosigkeit will, das sind alle, Arbeitskraft kaufen und zur Kapitalakkumulation benützen wollen. Dafür musste die Arbeitskraft billiger werden und dafür braucht man die Arbeitslosigkeit un verhindert die Verteilung der Arbeit.
Sie und ihre Interessenvertretungen BDI/BDA und die von ihnen korrumpierten Regierungen sind in diesem Zusammenhang "wir".
Wer also sagt: „Arbeitslosigkeit produzieren wir weil wir das so wollen", der benützt die Attraktivität des Themas „BGE" für Zwecke, die gegen das Volk gerichtet sind.
Gehen wir ihnen bitte nicht immer wieder auf den Leim und bleiben wir besser bei uns. Wir brauchen keinen Messias, der uns mit dummen Sprüchen vom Selberdenken abhält.
Überlegungen, wie der Kreislauf Produzieren/Konsumieren demokratisch gestaltet werden kann, sind sinnvoll und dringend notwendig.
Dazu ist auch der Gedanke, dass ein allgemeines Einkommen die Teilhabe am Kreislauf Produzieren/Konsumieren verbessern kann, sinnvoll. So könnte Arbeit, die bislang als „Privat” gilt, einbezogen werden, z.B. Erziehungsarbeit.
Ausgehend von dieser Überlegung muss eine Volksverwaltung des GE eingerichtet werden, auf die der Staat keinen Zugriff hat, solange er lobbygesteuert ist. Denn ein Lobbystaat greift grundsätzlich auf vom Volk akkumuliertes Vermögen zu,. ob das nun „soziale Sicherungssysteme” sind oder kommunale Betriebe.
Das´"BGE" im Interesse des Volkes ist also ein fernziel, in das wir noch viel Denkarbeit investieren müssen, wenns was werden soll.
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>>Es ist zwar schön immer weniger Arbeit zu haben , immer klüger zu produzieren und zu wirtschaften,...
Das wäre sogar vernünftig und nicht nur "schön", aber davon sind wir sehr weit entfernt.
Klüger produzieren: Das heisst erst mal zu fragen, welche Produkte haben für uns welchen Gebrauchswert?
Welcher Schaden (okologisch, gesundheitlich, ökonomisch) kann durch welches Produkt und welche Produktionsweise angerichtet werden?
Dann über Produkte und Produktionweise entscheiden.
Dann die gesellschaftlich notwendige Arbeit verteilen, sodass möglichst jede/r nach seinen/ihren Fähigkeiten und Eigenschaften teilhat.
Wir würden staunen, wie wenig Arbeit erforderlich ist: Mehr als 20 Stunden pro Woche und Person werden es nicht sein, eher weniger.
Wenn also Menschen, die nichts haben und nicht von eingekaufter Arbeitskraft leben können, sondern nur von Einsatz der eigenen Fähigkeiten, Überlegungen anstellen: Dann kann das nicht von „oben” angeleitet werden. Und hier sage ich: Wir, denn zu diesen Menschen gehöre ich selber.
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Die Teilhabe am Kreislauf Produzieren/Konsumieren streben wir an, seit unsere Vorfahren Gewerkschaften gegründet haben. Damit wurden nicht nur Arbeitsengelte immer wieder an die gestiegene Produktiuvität angepasst, sondern auch die Arbeitszeiten. Das Kräftegleichgewicht wurde gekippt zugunsten der Alleinherrschaft der Käufer der Arbeitskraft. Die Folgen spüren wir mittlerweile als massive Notlage. Gegen die akute Not müssen wieder die Selbstorganistion der Arbeitskraft stärken. Weitergehend müssen wir auf jeden Fall darüber nachdenken, wie wir eine demokatische Verfügung über die Produktionsmittel erreichen können, die wir mit unserer Arbeitskraft geschaffen haben. Denn wir können nicht lännger hinnehmen, dass sie für die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen eingesetzt werden. Wir brauchen sehr viel mehr als ein fremdbestimmtes BGE, wenn wir mal ein paar Schritte weiter kommen wollen.
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Warten wir nicht auf den BGE-Messias. Werden wir selber aktiv, das bringt uns mehr ein. Ein BGE, das nicht von oben kommt, könnte Bestandteil der Selbstorganistion sein. Aber es wäre nur ein Teil und nicht das Ganze.
PS: außerdem wäre ich im Fall des Grundeinkommens klar für eine Volksbefragung, um die realistische und nicht die von Befürwortern postulierte Akzeptanz zu eruieren.
Und da wir in einer Demokratie leben, werden wir so oder so, den Willen der Mehrheit akzepieren müssen. Nicht wahr.
Und nehmen wir an, es gäbe wirklich eine Volksabstimmung, und eine Mehrheit würde mit "ja" stimmen.
Dann würde die Regierung irgend etwas unter dem Titel "BGE" machen. Und was dabei herauskommt wird garantiert nicht das sein, was die vielen eher emotional gesteuerten Zustimmer sich erträumt haben.
Aber dann gilt: "Mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen"
ja Claudia, dass die Regierung irgend etwas unter dem Titel "BGE" machen würde halte ich z.Z. auch für sehr wahrschenlich. Guido jedenfalls würde sich die Hände reiben und seine Sozialphobie vor Vergnügen Purzelbäume schlagen.
Unter den gegebenen Regierungsbedingungen müssen sich die Einbringer der Petition fragen lassen, ob sie der Gesellschaft tatsächlich was Gutes getan haben, oder ob sie sich selbst ins eigene Knie geschossen haben.
Das Risiko einer Volksabstimmung liegt in einem mangelhaften Diskurs. Wenn man schreibt: " "Diejenigen, die sagen, das geht nicht, sollen die einfach in Ruhe lassen, die es gerade tun." frage ich mich, ob hier die Grundlagen einer Demokratie im Wesentlichen überhaupt verstanden sind.
Eine andere Gesellschaft sollte ja eine bessere sein und ob Zwangsbeglückung nicht diametral zum Wesen einer freiheitlich demokratischen Grundordnung steht, sollte man auf jeden Fall zur Diskussion stellen.
@Claudia
vollkommen einverstanden. Es gibt Fraktionen von Kapitaleignern, denen längst klar ist, dassein "Recht auf Arbeit" ein Anachronismusist und die seit einiger Zeit dafür ein "Recht auf Einkommen" propagieren. Das steht in Einklang mit ökonomischen Positionen wiesie vor 50 Jahren z. B. von K. Galbraith vertreten wurden,einem untadelig konservativen Ökonomen. Die Notwendigkeit einer beständigen "Reservearmee (Marx)" verband er mit ausreichendem Einkommen für deren Angehörige. Immerhin beiben sie Konsumenten. Das BGE lässt sich mühelos in die kapitalistische Wirtschaftsordnung integrieren und mit einer radikalen Steuerreform, bei der fast nur noch die MWSt zurückbleibt, zu einem Wettbewerbsvorteil gestalten. Nichts dagegen, wenn dadurch grössere Freiräume entstehen, die entscheidenden Fragen einer menschlichen Gesellschaft sind damit längst noch nicht beantwortet.
Petitionen und Volksentscheide sind wunderbar hilflose Unternehmungen, beinahe so wie Münchhausens Versuch, sich am eigenen Zopf ausdem Sumpf zu ziehen.
>>...ob hier die Grundlagen einer Demokratie im Wesentlichen überhaupt verstanden sind.
Das frage ich mich allerdings auch:
Die Interviewte sagt:
„Arbeitslosigkeit produzieren wir weil wir das so wollen.”
Und der Interviewer hakt nicht ein mit der Frage: „Können Sie mal kurz erläutern, warum Sie Arbeitslosigkeit wollen?”
Die Antwort wäre doch hochinteressant gewesen.
Wenn diese naheligende Frage nicht gestellt wird, dann stehen doch jedem halbwegs kritischen Geist die Haare zum Plafond.
Hallo Trickster:
Kannst Du mal erläutern, welche ökonomische Funktion die "industrielle Reservearmee" im Kapitalismus hat?
Kannst Du erklären, welche Vor- und Nachteile es für hohe und niedrige Einkommen hätte, wenn die einzige Steuer die Mehrwertsteuer wäre? Wie hoch ungefähr wäre der Mehrwertsteuersatz, wenn zusätzlich zu den heutigen Ausgaben ein BGE durch MWSt finanziert würde?
"Der Staat sind wir."
Und
"Es kommt auf uns Bürger an."
(Zitate: Susanne Wiest, s.o.)
Das rockt! Zumindest mich. Und zunächst auch erst mal abseits aller noch zu klärenden Detailfragen (in denen -notwendigerweise- IMMER der Teufel steckt).
Danke für diesen Beitrag zum BGE!
>>Das rockt! Zumindest mich. Und zunächst auch erst mal abseits aller noch zu klärenden Detailfragen...
...man muss sich nur für die Verpackung entscheiden und niemals fragen, was drin ist. Genau so funktioniert Produktwerbung. Viele schöne Worte ohne konkreten Inhalt.
Dass der Reklamefeldzug so intensiv die Konsumentenmentalität triggert, sollte eigentlich stutzig machen.
Wer sich mit Inhalten befasst, kann drauf kommen, dass ein BGE durchaus seinen Nutzen haben könnte, auch wenn es nicht die Lösung aller Probleme ist.
Aber eben nur dann, wenn die Bürger sich nicht die Gestaltung aus der Hand nehmen lassen.
Zum Beispiel Mehrwertsteuerfinanzierung:
Je nach Höhe läge dann das Real-BGE am oder unter dem Hartz4-Regelsatz, denn die hohe Mehrwertsteuer mindert die Kaufkraft des BGE drastisch. Damit wäre die verarmte ("pauperisierte") industrielle Reservearmee als Lohnminderungsinstrument stärker gefestigt als mit Hartz4, weil Regierungen sich darauf berufen würden, dass die Bürger es ja so wollten.
Hartz4 wollte ja niemand ausser der Bertelsmannstiftung, SPD/Grünpartei/CDU/CSU/FDP und ihren Finanziers.
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Ein anderes Modell sagt: Finanzierung des BGE durch Einkommensteuer. Eine Beispielrechnung sieht dann so aus:
Einkommensteuer 50 %, Progression entfällt, da BGE steuerfrei, BGE 1000 € / Monat
Niedrigrente 800 €:
1000 + 400 € = 1400 € / Monat
Bei Niedrigstarbeitseinkommen 800 € wäre es gleich
hohe Rente 2000 €:
1000 + 1000 = 2000 € / Monat
Bei niedrigem Arbeitseinkommen 2000 € wäre es gleich
Angestellte/r, Arbeitsentgelt 4000 € / Monat
1000 + 2000 = 3000 €
Leiternder Angestellter, 10 000 € / Monat
1000 + 5000 € = 6000 €
Konzernvorstand, 200 000 € / Monat
1000 + 100 000 = 101 000 €
mittleres Hocheinkommen, 1 Mio / Monat:
1000 + 500 000 = 501 000 €
Anders als bei Mehrwertsteuerfinanzierung könnte Armut damit verhindert werden. Hocheinkommen wären bei konsequenter Steuereintreibung etwas gemindert, aber das ist zumutbar, wenn damit Armutsverhinderung betrieben wird.
Die Verhinderung von Armut würde wahrscheinlich dazu führen, dass Arbeiten, die körperlich oder psyichisch stark belasten besser bezahlt werden müssten, damit sie jemand tut. Damit könnte eventuell eine Rente als Ersatz für das Arbeitseinkommen im Alter finanzierbar. Oder das BGE müsste höher angesetzt werden. Auch die Krankenversicherung müsste gesondert diskutiert werden, eventuell könnte eine Steuerfinanzierung des Gesundheitswesens aus der Breduille helfen.
Auch dieses Modell ist nicht der Weisheit letzter Schluss: Die Ersteller sagen selber, dass man darüber diskutieren sollte.
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Damit wäre die uneingeschränkte Hoheit der Produktionsmittelbesitzer über die Verwendung der gekauften Arbeitskraft nicht angetastet. Arbeitsinhalte, Art der Produkte und Produktqualität würden immer noch von Besitzern der Produktionsmittel allein gesteuert.
Zum Beispiel die Diskussion über Produkte der Pharmaindustrie, Umweltfragen oder Gebrauchswert der Produkte würde davon nicht berührt.
Deswegen sehen kapitalismuskritische Konzepte im BGE eine Lösung der akuten Notlagen, nicht aber die Lösung der grundlegenden Probleme, mit denen wir uns auseinander setzen müssen.
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Die aktuellen Reklamefeldzüge zielen darauf ab, von den Grundfragen abzulenken. Man solle sich einfach für ein BGE entscheiden, über dessen Inhalt die Obrigkeit zu entscheiden habe.
Das ist allzu durchsichtig, um glaubhaft zu sein. Inhalte sind nicht schwer zu verstehen, wenn man das hohle Reklamegeschwurbel beiseite lässt.
Wer sagt: "Wir wollten eine hohe Arbeitslosigkeit, und nachdem wir sie erreicht haben, machen wir dem Volk den Mund wässerig nach einem BGE, über dessen Gestaltung es nicht nachzudenken hat", der hat sich als unlauter geoutet.
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@mcmac:
Obs rockt oder funzt, darüber könnte man doch mal nachdenken?
Ergänzung zur Beispielrechnung:
Der Referent hatte als Kinder-BGE 450 € vorgeschlagen. Dies wäre bei den Einkommensbeispielen hinzu zu addieren.
Also:
Niedrigstarbeitseinkommen 800 € mit 2 Kindern:
1000 + 900 + 400 € = 2300 € / Monat
usw.