Nach der Einführung des Burka-Verbots in Frankreich und Belgien will nun die Frankfurter CDU Muslima von der Verschleierung befreien und zeigt damit deutlich, dass es ihr um eine Kampagne und nicht um die Frauen geht. Denn das Burka-Verbot hat nichts gemein mit der Emanzipation von Frauen, denn Emanzipation kann nicht aufgezwungen werden.
Die Befreiung der Muslima von ihrem Willen
Eine Antwort
Daniela Dahn veröffentlichte vor wenigen Tagen einen Artikel, in dem sie das Burka-Verbot begrüßte. Das hat allerdings wenig mit Emanzipation zu tun, eine Antwort.
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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat das Burka-Verbot für zulässig erklärt und offenbart damit ein merkwürdiges Verständnis von Religionsfreiheit.
2011 hat Frankreich ein Gesetz erlassen, dass das Tragen von Burkas in der Öffentlichkeit verbietet. Denjenigen Frauen, die auf der Straße oder anderen öffentlichen Plätzen den Ganzkörperschleier Burka oder den Gesichtsschleier Nikab tragen, droht ein Bußgeld von 150 Euro. Zudem können sie zum Besuch eines Kurses in Staatsbürgerkunde verpflichtet werden.
Gegen dieses Gesetz hatte eine französische Muslima geklagt, weil sie darin eine Form der Diskriminierung sieht. Das Gericht hat dem widersprochen und geurteilt, dass die Burka eine Barriere zwischen ihrer Trägerin und der Umwelt errichte und somit das Gefühl des Zusammenlebens in einer Gesellschaft untergrabe, weswegen das Verbot angemessen sei.
Eben diese Meinung unterstützt der Frankfurter CDU-Kreisvorsitzende Uwe Becker, der nun auch ein Burka-Verbot für Deutschland fordert und damit auf den Zugang der antimuslimischen Stimmungsmache aufspringt.
Das Verbot dient nicht den muslimischen Frauen
Begründet wurde das Gesetz sowohl in Frankreich als auch in Belgien mit dem Schutz von muslimischen Frauen vor Unterdrückung und einer besseren Integration in die Gesellschaft. In der Realität hat es wenig damit zu tun, denn eine Gesellschaft, die Frauen zwingt ein bestimmtes Kleidungsstück abzulegen, ist nicht frei.
Den muslimischen Frauen, die die Burka oder den Nikab freiwillig tragen, wird mit einem solchen Verbot nicht geholfen, da sie ihrer Freiheit der Religionsausübung beraubt werden und ihnen gleichzeitig auch gesagt wird, dass sie nicht frei sein können, solange sie diese tragen.
Gleichzeitig stehen diese Frauen vor der Frage, ob sie ihr religiöses Gewand nun ablegen und sich dadurch unwohl und diskriminiert fühlen, ob sie die Gefahr eingehen, eine Strafe zu zahlen, oder nur im äußersten Notfall die Wohnung verlassen. Alle drei Möglichkeiten stellen keine Perspektive dar, die es den Frauen erlaubt ihrem eigenen selbstbestimmten Lebensweg nachzugehen, stattdessen wird es ihnen aufgelegt, wie sie sich zu kleiden haben.
Emanzipation kann nicht aufgezwungen werden
Ähnlich schlecht, wenn nicht noch schlechter, gestaltet sich die Situation für Frauen, die die Burka nicht freiwillig tragen. Diesen wird die letzte Möglichkeit genommen, sich aus eigenem Antrieb gegen die Unterdrückung zu stellen. Gleichzeitig entfällt die Möglichkeit, bei Beratungsstellen Hilfe zu suchen, arbeiten zu gehen oder sich in Schulen und Universitäten weiter zu bilden.
Das Burka-Verbot hat nichts gemein mit der Emanzipation von Frauen, denn Emanzipation kann nicht aufgezwungen werden. Erst recht nicht, wenn sie von Menschen auferlegt wird, die eigentlich der Ansicht sind, dass der Islam das generelle Problem ist, wie es bei der konservativen Partei in Frankreich der Fall war, die das Gesetz erfand.
Unsere Aufgabe ist es, muslimischen Frauen zur Seite zu stehen, wenn sie für Emanzipation kämpfen und das Recht der Frauen auf Selbstbestimmung zu verteidigen. Die Frankfurter CDU möchte ihnen das Recht absprechen, eigene Entscheidungen zu treffen.
Denjenigen, die zum Tragen des Burka gezwungen werden, helfen wir am besten, indem wir für die Errichtung von mehr Frauenhäusern streiten, Bildungsangebote schaffen und ihnen die soziale Unabhängigkeit von Ehemann und Familie absichern. Wenn sie Unterstützung wollen, soll die Gesellschaft ihnen diese geben – aber nicht indem man ihnen die Möglichkeit nimmt, sich selbst zu emanzipieren, oder auch einfach nur, das Haus zu verlassen.
12:47 13.07.2014
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Kommentare 11
Wunderbar danke. Haben Sie das auch schon bei Frau Dahn verlinkt. Sonst mache ich das.
Bin da recht leidenschaftslos,
keinesfalls der Befürworter eines Verbots. Das Thema dürfte hierzulande, und im Gegensatz zu Frankreich vielleicht, eher von marginaler Relevanz sein, primär ein durchsichtiger medialer Aufreger unter erkennbar reaktionär-konservativer Attitüde nebst dem Versuch der Instrumentalisierung. Und damit ist keinesfalls Daniela Dahn gemeint!
Allerdings gibt es durchaus Grenzen, wenn ich beispielsweise an Bankgeschäfte oder die Notarpflicht beim Kauf einer Immobilie denke. Der in diesen Kreisen gern verwendete Spruch des "von Person her bekannt" dürfte ansonsten eher Realsatire darstellen.
Und inwieweit Vollverschleierung dem sicheren Führen eines Kraftfahrzeuges dienlich ist, das möge gern der ADAC entscheiden. Da denken die Saudies möglicherweise ganz pragmatisch...
"Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat das Burka-Verbot für zulässig erklärt und offenbart damit ein merkwürdiges Verständnis von Religionsfreiheit."
Ich finde diese Aussage offenbart ein merkwürdiges Verständnis von Rechtsstaatlichkeit.
Außerdem verstehe ich gar nicht die Aufregung hier in Deutschland. Anderes Land, andere Sitten. Man kann zwar das Gesetz kritisieren, aber sollte man nicht gegenüber anderen Kulturen und Traditionen toleranter sein?
°Ich finde diese Aussage offenbart ein merkwürdiges Verständnis von Rechtsstaatlichkeit.°
Sie sollten sich lieber noch ein bißchen informieren, in Deutschland wäre ein "Burka-Verbot" verfassungswidrig:
°Es existiert kein Anspruch im öffentlichen Raum, vor den religiösen Einflüssen der Umwelt abgeschirmt zu werden.“ Auch als Maßnahme zum Schutz der Frauen käme das Verbot nicht in Betracht. Das grundrechtliche Gleichbehandlungsgebot enthalte „keinen Erziehungsauftrag für seine Bürger, der ihn legitimiert, ein Verbot der Vollverschleierung auch gegen den Willen der betroffenen Frauen durchzusetzen“. Ein generelles Burka-Verbot im öffentlichen Raum verstoße gegen das Neutralitätsgebot des Grundgesetzes und lasse sich verfassungsrechtlich nicht rechtfertigen. Nicht einmal mit einer Verfassungsänderung kann der Schleier von Straßen und Plätzen ferngehalten werden, so das Gutachten, weil diese mit der Menschenwürdegarantie in Konflikt käme. Die Freiheit zur Bildung eines Glaubens oder sein grundsätzliches Äußern, also sein Bekennen, gehöre zu deren unantastbarem Kern.°
Ich denke nicht, dass ich mich weiter informieren muss, denn das Gutachten kannte ich bereits. Stellt sich die Frage, ob in Frankreich das deutsche Grundgesetz gilt.
Und wenn in Frankreich eben nicht das deutsche Grundgesetz gilt, stellt sich desweiteren die Frage, wieso sollte denn dann das genannte Gutachten überhaupt eine Rolle spielen?
Eine Antwort würde mich sehr freuen!
In beiden Ländern gilt die AEMR und das Ganze mit Zähnen, die EMRK. Bei Frankreich weiß ich's nicht (da mag die ausdrückliche Säkularität eine Rolle spielen), das Grundgesetz ist der AEMR verpflichtet.
Da das Burka-Verbot in Deutschland erregt diskutiert wird, denke ich schon, daß GG, französisches Burka-Verbot, bestätigt durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte auch hier eine Rolle spielt.
Das Gericht hat zwar die automatische Ausdehnung auf die Gesetzgebung anderer Staaten ausgeschlossen, es ist aber eine reine Zeitfrage, bis sich irgendeiner in seinen Menschenrechten verletzt fühlt, weil eine Frau nicht mit ihm sprechen und sich nicht von ihm beglotzen lassen möchte.
Sicherlich hat das Urteil eine Auswirkung auf die Diskussion hierzulande. Umgekehrt darf aber nicht die Diskussion hierzulande eine Auswirkung auf das Urteil haben.
Das EGMR darf lediglich prüfen, ob das in Frankreich am Ende erlassene Gesetz mit der EMRK in Einklang steht. Alles andere wäre mit dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit nicht vereinbar. Und genau das habe ich oben angemerkt.
Wenn man sich anschaut, dass die CDU es nun auch überlegt, überträgt sich das doch auf Deutschland :)
Noch nicht wäre schön, wenn sie das machen könnten :)
Da wird man auf drüben auf taube Ohren stoßen. Man hat's in den Kommentaren schon gemerkt, mit der Religionsfreiheit, auch dem Begreifen was Glaube ist ist's da nicht weit her.
Das stimmt, es überträgt sich auf die deutsche Diskussion. Wobei hier ja genau das interessante ist, dass sich durch das Urteil die Rechtslage in Deutschland kein Stück verändert hat.
Zwar ist nun klar, dass ein Verschleierungsverbot in Deutschland mit der EMRK vereinbar wäre, allerdings am Grundgesetz mit seinen ausgeprägten religiösen Freiheitsrechten kommt man auch weiterhin (und das ist gut so) nicht vorbei. Daher verstehe ich die Aufregung hier in Deutschland auch nicht so ganz.
Worüber man sich aber unterhalten könnte, wäre die Frage, warum denn die EMRK einen geringeren Schutz der religiösen Freiheiten bietet als das GG. Meine Einschätzung ist, dass das vor Allem daran liegt, dass es in Europa eben auch Staaten gibt, wie z.B. gerade Frankreich, die größere Freiheiten für Religionsgemeinschaften ablehnen und zwar gegenüber allen Religionsgemeinschaften.
Das respektiere oder toleriere ich, auch wenn ich zugleich froh bin, dass wir hier in Deutschland eine andere Güterabwägung in der Verfassung verankert haben.