Gewerkschaften sollen kämpfen – nicht betteln und kuscheln!

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Die Gewerkschaften sind die Vertretung der Arbeiter und sollen deren Interessen gegen das Kapital vertreten, so zumindest die schöne Theorie. Die deutschen Gewerkschaften, zumindest deren Führung und dabei im besonderen die Führung des DGBs, scheinen diesen Auftrag ihrer Mitglieder vergessen zu haben.

In Zeiten der sinkenden Reallöhne können Gewerkschaften ihre Macht zeigen und Forderungen stellen, die die Arbeiter entlasten und die Reichsten belasten, so sehen es zumindestens die meisten Gewerkschaften weltweit. Die deutschen Gewerkschaften haben sich auch von dieser Aufgabe verabschiedet und gehen lieber auf Kuschelkurs mit der Regierung Merkel und den Unternehmern.

Krisenproteste?

Deutschland profitiert momentan noch von der Krise, da Deutschland von den Ratingagenturen gut bewertet wird und die deutschen Unternehmen ihre Waren immernoch exportieren können und die wichtigsten Absatzmärkte noch nicht unter dem Druck der Finanzindustrie zusammengebrochen sind. So ist das BIP in den vergangenen Jahren gewachsen, wenn auch nur in sehr geringem Maße. Von dieser Entwicklung haben aber nur die Reichsten in dieser Gesellschaft profitiert. Die Ärmsten haben zwar Lohnerhöhungen erhalten, die konnten aber nicht mit dem Anstieg der Infaltion mithalten. So mussten die Arbeiter mit Einkommensverlusten auskommen und hatten real immer weniger Geld zur Verfügung.

Die Arbeitnehmer, ob nun in Gewerkschaften organisiert oder nicht, haben diese Tendenz erkannt und in der Großindustrie und der Regierung die Schuldigen gefunden. Die Gewerkschaftsbosse dagegen unterliegen immernoch dem Irrglauben, dass sie tatsächlich etwas verändern könnten, wenn sie sich mit der Regierung gut stellen.

“Wir stellen unsere Themen in den Vordergrund – und daran messen wir die Parteien und ihre Programme” so Sommer, der Vorsitzende des DGBs. Vor dieser Aussage betont er habe, dass die Linke nicht in der Lage sei die Probleme des Landes zu beheben. Welche Differenz zwischen Sommers Worten liegt, dürften die meisten erkennen. Denn keine Partei in Deutschland hat sich so wehement auf die Seite der Lohnabhängigen gestellt, wie die Linke. Wenn der DGB-Vorsitzende diese nun für nicht regierungsfähig hält, weil deren Programm es nicht zulässt, dann sollte sich Herr Sommer fragen, welche Aufgabe dem DGB in der Gesellschaft zukommt.

Die Linke fordert die Abschaffung der Leih- und Zeitarbeit, sie fordert einen Mindestlohn von 10 Euro und sie fordert ein Gesellschaftssystem in dem nicht die Reichsten sich auf Kosten der Ärmsten bereichern. Diese Forderung würde so ziemlich jedes Gewerkschaftsmitglied unterschreiben, da es aus der Sicht eines Arbeitnehmers nur Verbesserungen geben kann, wenn der Reichtum dieser Gesellschaft besser verteilt ist, als das aktuell der Fall ist. Für den DGB-Vorsitzenden scheinen diese Äußerung allerdings realititätsfern. Diese Aussage hat nicht damit zu tun das er erkannt hat, dass es bei SPD und Grünen Politiker gibt mit denen sich soetwas nicht durchsetzen lässt.

Gewerkschaften und die Regierung

Herr Sommer kritisiert aber nicht nur die Linke für ihr Programm, er lobt auch die Kanzlerin für deren Rolle in Europa und deren Art wie sie mit den Gewerkschaften kommuniziert. “Mit Frau Merkel pflege ich eine gute Arbeitsbeziehung, und ich schätze sie auch als Person”, so der DGB-Vorsitzende. “Politisch finde ich nicht jeden Schritt richtig und gut, den Frau Merkel macht. Aber die Art und Weise, wie sie mit den Gewerkschaften kommuniziert, stimmt.”

Es mag sein das Frau Merkel mit den Gewerkschaften spricht, Einfluss haben die Ideen der Gewerkschaften aber nicht auf die Politiker der Regierung. Sommers Lob für die Kanzlerin ist Gift für jede anständige Gewerkschaftsarbeit. In Zeiten der europäischen Krise kann es sich keine Gewerkschaft erlauben einen Vorsitzenden zu haben, der lieber mit den Herrschenden kuschelt, als deren Politik auf der Straße zu bekämpfen.

Einen Gewerkschafter, der eine “neue Ordnung der Arbeit” schaffen will, die “einerseits Flexibilität und andererseits Sicherheit” vermittelt, kann man sich nicht vorstellen. Flexibilität, die nur Leih- und Zeitarbeit legitimieren soll, und Sicherheit im Beruf lehnen sich gegenseitig ab. Herr Sommer wüsste das, wenn er mehr mit denjenigen sprechen würde, die in Zeit- und Leiharbeitsfirmen für niedrigste Löhne und unter schlechtesten Bedingungen schuften. Sommer betonte gegenüber der Welt: “Wir sind nicht prinzipiell gegen Leiharbeit oder Werkverträge”, die “sinnvolle Flexibilisierungsinstrumente” sein könnten. Eine solche Aussage ist Hohn für diejenigen, die in solchen Bedingungen arbeiten.
Diese Aussage wäre nachvollziehbar, wenn sie von einem Arbeitgeber getätigt worden wäre, ein Gewerkschafter, der diese Position vertritt macht sich überflüssig.

Es ist an der Zeit, dass nicht mehr die Arbeiter in Zeit- und Leiharbeitsfirmen sich um ihre Jobs sorgen, sondern diejenigen, die an der Spitze der Gewerkschaften stehen und den Kampf für wirkliche Veränderung eingetauscht haben gegen “Kuschelpakete”. Wir brauchen keine neuen Gewerkschaften, wir brauchen Gewerkschafter an der Spitze der Gewerkschaften.

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