Terry Eagleton, britischer Literaturtheoretiker und Autor des Buches “Warum Marx recht hat”, widmet sich so seinem Lieblingsthema: Die Auseinandersetzung mit theoretischen Fragen des Marxismus. Der linksgerichtete Katholik Eagleton greift die Stimmen von Marxismuskritikern auf und versucht dabei den Marxismus mit allen rhetorischen Mitteln zu verteidigen, oft klappt es – aber eben nicht immer.
Am Anfang all seiner zehn Kapital kommen Kritiker zu Wort, die dem Marxismus pauschalisierend meist Massenmord oder innere Verkopftheit vorwerfen. Was folgt ist ein immer wider erneutes Aufrollen der Geschichte, um die Gründe für das Scheitern des Kommunismus zu finden. Diese System des verbalen Schlagabtusches zwischen Kritikern und Verteidigern des Marxismus entsteht ein verschriftlicher Dialog, der auf der einen Seite des Wörterverhältnisses zur Einseitigkeit tendiert, auf der anderen Seite für Abwechslung sorgt, sodass die wichtigsten Marxismusthemen zumindest angerissen werden.
Der Idealzustand des Systems
Die allgegenwärte Frage ist, wie das perfekte System aussehen kann. Anstatt sich auf einen Konsens zu einigen, einen Mittelweg zwischen sozialer Marktwirtschaft und Kommunismus zu finden, verteidigt der allseits bekannte Autor mit aller Macht die Sinnhaftigkeit des Marxismus.
Dabei sieht Eagleton ein, dass Karl Marx die krassen Veränderungen der Neuzeit nicht hätte ahnen können und in seinen Schriften berücksichtigen konnte – zu groß war einfach die Vielfalt der Veränderungen. Auch wenn Eagleton keinen Spielraum für einen Systemkonsens sieht, zeigt das immerhin, dass jemand, der sich offenbar lange zeit mit dem Marxismus auseinandergesetzt hat, von diesm System überzeugt ist.
Was ist Geschichte?
Was Egalton um ein vielfaches besser gelingt, ist die Analyse über die Chronologie der Geschichte und ihre Entwicklung. Die grundlegende und oft nicht diskutierte Frage darüber was Geschichte eigentlich ist, wird im Mittelteil des Buches mit rhetorischer Finesse und einer detaillierten Analyse beantwortet.
Spannend gestaltet sich im Anschluss zur Geschichtsanalyse der marxistischen Schlussfolgerung, dass ab einem gewissen Grad der Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse die Arbeiterklasse die Revolution einleiten würde. Zugegen verliert die Arbeiterklasse immer mehr Rechte, entpolitisiert sich aber auch gleichmaßen – sicher eine Entwicklung, die Marx weder prognostizierte, noch für gutgeheißen hätte.
Die Selbstverwirklichung anderer
Eine konsequent realisierte kommunistische Gesellschaft, so der Autor, “organisiert das gesellschaftliche Leben so, dass die Individuen fähig sind, sich in und mittels der Selbstverwirklichung anderer zu verwirklichen” (107). Das klingt in der Tat wie ein durchaus anzustrebender Gesellschaftszustand, doch Eagleton bleibt unklar, wie dieser Zustand erreicht werden kann.
Empfehlung für Unentschlossene und Menschen mit Humor
Wer vom Marxismus noch im Zweifel steht, wird von dem Buch mit der Erkenntnis belohnt, ob man sich in Zukunft weiterhin mit dieser Ideologie auseinandersetzt oder andersweitig seinen Geist füttert. Denn der dialogartige Aufbau erzeugt Kontroversen, die ein klares Bild Formen.
Auch wenn dieses Buch seine trockenen Stellen hat, so kann sich der Leser immer wieder auf intelligent-komische Vergleiche und humorvolle Passagen freuen.
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