Was ist Extrem und wer ein Extremist??

Was ist Extremismus? Immer wieder liest man in den deutschen Medien vom Linksextremismus.

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Wir lesen von dem linksextremen Programm, das die Linke sich gegeben hat, man ließt von Linksextremen, die die Aufmärsche von Faschisten blockieren und damit verhindern, dass sich rechte Gewalt wie in Rostock wiederholt. Die Frage, was genau “extrem” ist, wird dabei viel zu selten gestellt.

Wir leben in einer Welt, in der die Reichen entscheiden können, wieviel Geld den Armen zur Verfügung steht, um Lebensmittel zu kaufen. In einer Welt, in der das Streben nach Macht, Ruhm und Wohlstand Begriffe wie Freiheit, Frieden und Solidarität abgelöst hat, ist es mehr als fragwürdig, vom Extremismus der Linken zu sprechen.

Armut und Gewalt

In Deutschland lebt fast jedes fünfte Kind unter der Armutsgrenze. Weltweit leiden Millionen Menschen an Hunger. Fakten, die in der deutschen Gesellschaft bekannt sind und die trotzdem nicht die Frage aufwerfen, was denn eigentlich “extrem” ist.

Die Unterschiede zwischen arm und reich nehmen in den meisten Ländern dieser Erde zu. Der Wohlstand der Reichsten wird gefördert durch eine Politik, die ihnen alles gestattet und kein wirkliches Interesse an einer gerechten Gesellschaft hat. Auch in Deutschland wächst der Unterschied zwischen der sogenannten Unterschicht und der Elite. Eine direkte Umverteilung von oben nach unten, von denjenigen, die vom aktuellen System profitieren und den Menschen, die darunter leiden, wird von der Politik als linksextrem oder kommunistisch abgelehnt und die Menschen stimmen zu, ohne es zu hinterfragen.

Nie wieder Krieg?

Seit 1999 hat sich Deutschland von seinem wohl wichtigsten Grundsatz verabschiedet, der Forderung “Von deutschem Boden soll nie wieder Krieg ausgehen.” Ein Grundsatz, der das Bewusstsein verschiedener Generationen geprägt und der dafür gesorgt hatte, dass die Menschen sich Gedanken machten über den (Un-)Sinn von Krieg und Militarismus.

Serit 1999 gilt dieser Grundsatz nicht mehr, denn seit diesem Jahr beteiligt sich auch Deutschland am “Export der Demokratie”. Menschen, die, zumindest nach offiziellen Angaben, befreit werden sollten, sind gestorben, ermordet von Bomben und Schüssen aus deutschen, russischen oder amerikanischen Waffen. In den letzten Jahren scheint es immer unproblematischer geworden zu sein, sich für Krieg, Gewalt und Militarismus auszusprechen, die wohl extremsten Formen eines Systems, in dem Menschenleben nichts mehr zählen.

Linksextremismus und der Sozialismus

Während in Deutschland Militarismus und Krieg anscheinend nicht als extrem gelten, kann eine Strömung, wie die Sozialistische Linke, es für sich in “Anspruch” nehmen als linksextrem bezeichnet zu werden. Die sozialistische Linke schreibt in ihrem Grundsatzprogramm:

Wir melden uns als eine breite Strömung zu Wort, die an linkssozialdemokratische und reformkommunistische Traditionen anknüpft. Wichtige Grundlagen unserer Strömung bilden marxistische Gesellschaftsanalyse und Strategiediskussion sowie linkskeynesianische Positionen alternativer Wirtschaftspolitik.“

Die Strömung orientiert sich dabei an zwei der wohl wichtigsten Wirtschaftstheorien der vergangenen Jahrhunderte, dem Keynsianismus und dem Marxismus. Für ihre Orientierung an diesen beiden Theorien wird die Strömung als extremistisch bezeichnet und wird vom Verfassungsschutz erwähnt. Eine Strömung, die fordert eine Gesellschaft zu bilden, in der nicht mehr das Geld über den Wert eines Menschen entscheidet, gilt als extrem, während mit Menschenleben spekuliert werden darf.

Medien und verschiedene Parteien haben den “Linksextremismus” als Mittel gefunden, mit dem verhindert werden kann, dass die Menschen sich mit ihren eigenen Interessen auseinandersetzen. Immer mehr Menschen in Deutschland lehnen das aktuelle Wirtschaftssystem ab, da dieses für Armut, Ungerechtigkeit und Ausgrenzung sorgt. Sie fordern ein anderes Wirtschaftssystem, wenn auch nicht unbedingt ein marxistisches. Nach der aktuellen Definition würden fast 40% der Menschen in Deutschland als linksextrem gelten, da sie den Kapitalismus ablehnen.

Die Frage, die diese Menschen und wir alle stellen müssen, wurde aber nicht gestellt. Wie kann es sein, dass der Kampf gegen Hunger, Krieg und Militarismus als extrem gilt, während Spekulationen mit Nahrungen, die Produktion von Waffen und die Ausbeutung der Menschen als nicht extrem gelten?
Diese Fragen müssen wir uns stellen, die Sprache und die Medien, die wir heute verwenden, dienen dazu, unsere Gedanken zu lenken, wie die Bezeichnung “Linksextremismus” verdeutlicht. Würde mit diesem Wort nur linke Gewalt bezeichnet, wäre dieser sicher akzeptabel, wenn auch fraglich ist, inwieweit Gewalt “links” sein kann. Da dieser Begriff heute aber für jede Form der Kritik an der Wirtschaftsordnung und Militarisierung verwendet wird, ist es an der Zeit, ihn klar und deutlich zu hinterfragen, denn die eigentlichen Extreme in unserer Gesellschaft werden durch diesen Begriff verschleiert.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
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